Erfahrungsbericht 9.6.2010 Berlin Nuss op

Begonnen von Arne, 07. August 2010, 13:13:37

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Arne

Hallo!

Zuerst einmal ein paar Daten über mich.


Name: Arne
Alter: 17
Größe: 1,94 m bei ca. 68 kg. ( ich weiß, dass ich wenig wiege, kann aber essen wie ein Scheunendrescher )
Wohnort: Hessen nähe Frankfurt
Und falls Fragen bestehen, stellt sie! ich werde versuchen häufiger hier reinzuschauen und sie zu beantworten.

Ich bin leider erst nach meiner Op auf dieses Forum gestoßen ( ich weiß auch nicht wie ich das übersehen konnte … ) möchte nun jedoch auch von meiner Erfahrung mit einer Trichterbrust berichten. Ich wurde vor knapp 5 Wochen am 9.6.2010 im Berliner Charité in der Thorax-Chirurgie operiert worden. Aber fangen wir am Anfang an.

Zu aller erst die Vorgeschichte. Meine Trichterbrust prägte sich erst während der Pubertät richtig aus. Sie war zwar schon vorher zu sehen, jedoch nicht sehr auffällig. Als ich anschließend auch beim Sport unter Kurzatmigkeit litt, meine falsche Haltung bemerkt wurde und ich zeitweise Schmerzen im Brustbeinbereich bekam gingen wir zum Arzt. Und welch Wunder. Er diagnostizierte eine Trichterbrust. Anfangs wurde gesagt, dass sie nicht sehr ausgeprägt sei, jedoch lag das daran, dass in meinem Fall kein direkter "Trichter" vorlag, sondern eine Abflachung des ganzen unteren Brustkorbes. Man sprach also von einer Art "Flachbrust". Bei späteren Tests stellte sich heraus, dass ich lediglich ein Lungenvolumen von knapp 63% besaß, jedoch zum Glück nur eine minimale Einschränkung des Herzens. Die Schmerzen am Brustbein kamen daher, dass die dort vorhandene Knorpelstruktur durch die Fehlbildung des Thorax durch Sport oder andere Anstrengung in Bewegung kam und sich verschob. Hört sich schmerzhaft an und ist es auch.
Schließlich bin ich mit meinen Eltern zur Vorladung nach Berlin gefahren.
Dort angekommen ging ich dann auch bald zur Sprechstunde. Es ging alles sehr schnell, der Arzt machte sich ein Bild und kurz darauf stand auch schon der Termin für die Op. Das ganze haben wir dann zum Glück noch mit einem Urlaub verknüpft, da 6 Stunden Fahrt sich nicht für eine Stunde Sprechstunde lohnen.

Ein knappes halbes Jahr später wurde ich schließlich am 9.6.2019 operiert. Der Tag davor war ziemlich stressig, da man nun die ganze Zeit im Krankenhaus sitzt und von der Chirurgie, Anästhesie, Physiotherapeuten und Krankenschwestern erzählt bekommt, was auf einen zu kommt und welche Risiken es gibt.
Eine Frage die ihr wahrscheinlich auch gestellt bekommen werdet, ist die Schmerzmittelversorgung . Zur Auswahl steht eine normale Infusion durch die Hand oder ein Rückenmarkskatheter. Ich habe mich für den Rückenmarkskatheter entschieden, da dieser eine Schmerzbehandlung des Brustbereiches verspricht und sich nicht auf den ganzen Körper auswirkt. Man ist also bei vollem Bewusstsein und hat keine Nebeneffekte wie z.B. high durch die Drogen zu werden, die einem verabreicht werden. Das Problem ist jedoch, dass einem vor der Op eine kleine Betäubung in den Rücken gejagt wird und in meinem Fall die Ã,,rztin versucht in die Fettschicht des Rückenmarks einzudringen. Die wissen schließlich was sie tun, aber als sie wegen eines ungünstig stehenden Rückenwirbels nach dem 5 Versuch immer noch nicht drinne war, haben sie zum Glück aufgehört und mir eine normale Infusion gelegt. Ich hatte schon beinahe Panik, denn es ist verdammt be******* wenn man bei Bewusstsein merkt wie einer mit einer Nadel in der Nähe deines Rückenmarks herumstochert!

Naja aber der direkte Nachteil war, dass ich den ersten Tag nach der Op nur schemenhaft mitbekommen habe und mir eine riesige Menge von Opiaten in den Kreislauf geschüttet wurde. In den folgenden Tagen wurde ich immer wacher, und spürte dadurch jedoch auch leider die Nebenwirkung die das Opiat bei mir auslöste. Mir ging es richtig schlecht, ich habe gebrochen beinahe, so gut wie nichts gegessen und mich unruhig im Bett gewälzt.
Nach dem 4. Tag konnte ich endlich auf normale Medikamente umgestellt werden, also in meinem Fall auf MST und Novalgin. Jedoch wurde ich auch gewarnt, dass dieser Tag der schlimmste sein würde. Zu den Nebenwirkungen gesellten sich nun auch leichte Depression wegen des Entzuges und zeitweise starke Schmerzen, als die einen Schmerzmittel aufhörten zu wirken und die anderen noch nicht anfingen.
Während der Anfangszeit waren glücklicherweise meine Eltern anwesend und haben mir beigestanden. Ansonsten wäre ich wahrscheinlich verrückt geworden, da mein einziger Zimmernachbar ein alter Ukraine war der es schaffte derartig eklige Geräusche mit seinem Mund zu produzieren, dass einem schon vom Hinhören schlecht wurde. Das verrückteste war jedoch, dass er das auch Nachts machte…
Jedoch muss man sagen, dass ich einen 13 Jährigen Jungen getroffen habe, der unter diesen Nebeneffekten in keiner Weise litt und auch so gut wie keine Schmerzen hatte. Es ist also bei jedem vollkommen anders.
Ab dem 4. Tag wurde es dann zunehmend besser. Ich konnte schon aufstehen und herumlaufen, lediglich das Hungergefühl blieb zunehmend weg. Also musste ich mich selbst zwingen zu essen, was sich als erstaunlich unangenehm herausstellte. Fühlt sich ungefähr so an als müsstest du noch weiter essen, obwohl man schon beinahe platzt.
Das Resultat der Operation war derweil jedoch recht gut. Man hat sofort eine Veränderung gesehen, aber es fehlt bei mir noch die typische Rundung des Brustkorbes, die sich erst innerhalb eines längeren Zeitraumes ausbilden wird.
Was das Lungenvolumen angeht, hatte ich vor der Operation erstaunlicherweise knapp 4 Liter. Am 2. Tag nach der Op schaffte ich gerade einmal 1,5 Liter und heute nach 5 Wochen bin ich bei Topform bei 3,75 Liter. Jedoch muss ich gestehen, dass es mir schwer fällt jeden Tag 2-3 mal spazieren zu gehen und immer Übungen an dem Lungenvolumen Gerät zu machen. Ich bin dafür einfach zu faul…

Nach 9 Tagen konnte ich schließlich entlassen werden und wir machten uns auf die Heimreise. Und nun ein wichtiger Tip an alle die eine weite Strecke zu fahren haben:
Wartet lieber noch ein paar Tage länger. Die Heimreise war der Horror. Das dauerhaft halb liegende Sitzen ging unglaublich auf Rücken und Brustkorb und in den letzten 2 Stunden hätte ich bei jedem Hubbel vor Schmerzen heulen können. Durch die viele Bewegung ist etwas passiert, wovor ich schon vorher gewarnt wurde. Einer der Stäbe ist auf der linken Seite zwischen den Rippen hervorgekommen… Das kann bei jedem passieren, da die Stäbe für die optimale Dehnung des Brustkorbs vorgesehen sind, die Anfangs jedoch nicht erreicht wird. Also ist ein Stück überflüssig, dass manchmal im Brustkorb bleibt, manchmal jedoch rausguckt.
Die ersten 3-4 Tage hat es weh getan sich zu Bücken, da bei jeder Bewegung die Stange auf die Rippen drückte. Inzwischen jedoch ist es ganz normal und es stört nicht einmal mehr.
Von den Bewegungen her war ich die ersten paar Tage zu hause fast ans Bett gefesselt. Ich konnte keine langen Spaziergänge machen und es fiel mir auch noch schwer lange Zeit aufrecht zu sitzen. Doch es Verbesserte sich zusehend. Anfangs fiel es mir nicht auf und ich war deprimiert, da ich zwar zuhause war, mich jedoch nicht  verhalten konnte als wäre ich zuhause. Ich fühlte mich ähnlich einem Langstreckenläufer, der mit gebrochenem Bein neben dem Marathon steht und mitmachen will.
Inzwischen bin ich jedoch schon wieder in der Lage Sachen zu tragen, ich kann schon wieder joggen, aber bei Marmeladegläsern habe ich immer noch meine Schwierigkeiten ;).

Da ich zwei Stangen eingelegt bekommen habe, habe ich 5 kleine Schnitte zwischen 1-4 cm, die jedoch recht gut verheilt sind und auch von Aussehen nicht sehr stören. Lediglich bei einer habe ich momentan das Problem, dass sich ein, wie mein Vater es genannt hat, Serom gebildet hat. Es tritt durchgehend Flüssigkeit aus. Ein Verband, der diese aufsaugt, reicht in dem Fall nicht aus, denn es muss auch Desinfektionsmittel auf den Verband gegeben werden, damit sich das Serom nicht entzündet. Ansonsten könnte es anfangen zu eitern und müsste im schlimmsten Fall entfernt werden. Auch davor wurde ich gewarnt, habe jedoch keinerlei Erfahrungsberichte gefunden und bin etwas verunsichert.
Falls also einer von euch darüber bescheid weiß, wäre es nett mich kurz aufzuklären, woran das liegen könnte und wie lange das dauern kann ( hält jetzt schon beinahe eine Woche an )

Das sind meine bisherigen Erfahrungen und ich werde auch weiterhin schreiben, wie ich mit der Postoperativen Zeit klar komme. 
Und wie schon oben gesagt: Fragen sind erwünscht und werden so gut wie möglich beantwortet.

cooltrash

ZitatFalls also einer von euch darüber bescheid weiß, wäre es nett mich kurz aufzuklären, woran das liegen könnte und wie lange das dauern kann ( hält jetzt schon beinahe eine Woche an )

Ich würde dir vorschlagen mal zu deinem Hausarzt zu gehen, wenn das schon seit einer Woche nicht am verheilen ist.

Darf ich fragen, wie du auf die Charite gekommen bist? Wenn man doch schon bis nach Berlin fährt von hier aus, wieso dann nicht in die Helios zu den Top-Experten für TB nach Nuss?
Aber schön, das soweit alles gut geklappt hat!!