Trichterbrust und wachsende Beschwerden

Begonnen von zapo, 05. Dezember 2014, 17:47:29

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

zapo

Hallo zusammen,

Ich bin 25 Jahre alt und habe eine Trichterbrust. Sie ist deutlich ausgeprägt, allerdings war ich bis vor einigen Jahren frei Beschwerden.

In meiner Jugend (15-18 Jahre) wurde ich mit der Saugglocke therapiert. Eine anfängliche Asymmetrie konnte erfolgreich damit ausgeglichen werden, weitere dauerhafte Erfolge stellten sich jedoch nicht ein. Auch Aufgrund der noch weichen Knochenstrukturen blieb das Anheben des Brustbeines nicht von dauer. Ich habe dann die Behandlung auch aufgrund der Schmerzen beim längeren Tragen der Glocke beendet.

Bis vor ca. 2 Jahren habe ich dann mit dem Thema Trichterbrustbehandlung abgeschlossen gehabt. Einen operativen Eingriff habe ich auch aufgrund der Angst vor Komplikationen und folge Einschränkungen ausgeschlossen. Ich bin sehr aktiv, gehe klettern und habe Angst nach einer OP eingeschränkter zu sein als vorher.

Zur psychischen Belastung muss ich gestehen, dass ich meine Trichterbrust schon gewollt verstecke. Durch Kleidung und Verzicht auf Badeausflüge wissen selbst die meisten meiner Freunde nicht bescheid. Für mich ist diese Einschränkung aber ok, und wäre auch weiterhin kein Grund über eine OP nachzudenken.

In den letzten 2 Jahren habe ich zunehmend Beschwerden. Wahrscheinlich hat sich mein Brustkorb verfestigt. Abhängig von der Tagesform fällt es mir schwer mich ohne schmerzen zu Bewegen, tiefes Einatmen ist dann an solchen Tagen nicht möglich.
Ich habe festgestellt, dass mir Sport hilft. Vor allem Kraftübungen mit denen ich meinen Oberkörper strecken kann.

Nun die Frage an euch, habt ihr ähnlich Erfahrungen gesammelt und welche behandelnden Ã,,rzte könnt ihr Empfehlen?

Viele Grüße 

annaj

Dr. Lützenberg ist einer der nicht drängt, nimmt aber die aufgabe ernst und würde dir untersuchen. Dann kannst du immer noch in ruhe entscheiden was du möchtest, ohne stress. Sein art kann bestimmt mehrere hier bestätigen.

Wenn ein tb ausgeprägt ist, kann schon gesundheitliche Probleme früher od. später auftauchen, muss aber nicht sein. Ich würde in deiner stelle wenigstens eine richtige untersuchung von ihm oder ein anderer arzt deiner vertrauens machen lassen.

Schade ist nur das du dein leben begrenzt, das ist doch so schön wenn man frei ist...

Weiblich.
1989-2011/01 Silikonimplantat. (16 J)
2011/03 Nuss-OP (modifiziert), dr. Lützenberg, Berlin Charité. (fast 39 J)
2013/08 Stabentfernung, dr. Lützenberg, Uniklinik Magdeburg. Zusätzlich würde grossflächig Muskeln versetzt (versuch Brustrekonstruktion, Knorpel wurde abgeschliffen usw)
2014/04 Brustrekonstruktion, Silikon in beide Brüste. Kleine Korrektur 2014/09 bei dr. Lützenberg.

Tamara

Ich würde dir auch raten, dich bei einem Spezialisten zumindest vorzustellen. Ob OP ja oder nein, kannst du dann am besten entscheiden.

Geh nicht zu Prof. Schaarschmidt nach Berlin-Buch. Würde dir auch Dr. Lützenberg in Magdeburg empfehlen. Wurde zwar noch nicht von ihm operiert, aber er hört zu, erklärt gut und ist wirklich am Menschen interessiert (mein Eindruck).

Liebe Grüße =)

Links asymmetrische TB, Einsenkung 7,5 cm
03.12.2008 TB Korrektur nach Nuss/MIC Helios BB, 2 Bügel (Alter fast 16 Jahre)
03.12.2009 Entfernung 1. Bügel wegen Dislokation
03.08.2010 Entfernung 2. Bügel
12.08.2010 Einsetzung VAC Pumpe wegen      Wundinfektion
16.08.2010 Entfernung VAC Pumpe

Traumleben

Hallo Zapo,

falls Du hier noch liest:

a) Unbedingt empfehlenswert: Dr. Lützenberg in Magdeburg (Uniklinikum) - meinen ausführlichen Erfahrungsbericht zu meiner OP bei ihm findest Du in diesem Forum.

b) OP-Risiken und anschließende Einschränkungen: ich bin seitdem fitter denn je. Ich treibe jede erdenkliche Art von Sport (Reiten, Inline Skaten, Laufen, Fitneß [inkl. Burpees, Kettlebell & Co] ...), ich bin stärker und belastbarer geworden, und mein Lungenvolumen ist nochmal um anderthalb Liter gestiegen (und ich lag vorher mit 3+ Litern als Frau nicht schlecht).

c) Ã,,sthetische Ãœberlegungen: ja, auch das lohnt sich.

Fazit: Ich habe die OP keinen Tag bereut und würde mich jederzeit wieder dafür entscheiden.

Frohe Weihnachten!

Traumleben

ex.pectus

#4
Hallo Traumleben,

toll, dass es dir so gut geht nach der OP. Das will ich auch überhaupt nicht in Frage stellen, aber das mit der Steigerung des Lungenvolumens um 1,5 Liter würde mich genauer interessieren. Ehrlich gesagt, kann ich mir das überhaupt nicht vorstellen bzw. gehe von einem Fehler oder einem Missverständnis aus.

Ich würde dich so verstehen, dass durch die OP für die Lunge mehr Platz geschaffen wurde und das Lungenvolumen nun 1,5 Liter größer ist. Das kann eigentlich nicht sein. Oder?

Ich habe mir mal deinen Erfahrungsbericht angeschaut und wenn ich das richtig vertanden habe, hattest du die TB zwar eigentlich schon ewig, aber erst vor relativ kurzer Zeit massive Beschwerden. Und es waren mehrere/viele mögliche Ursachen im Raum, u.a. beginnendes Asthma ...

Beim Asthma wäre es so, dass das eigentliche Lungenvolumen nicht verkleinert ist, sondern die Luftwege sind "nur" verengt, so dass (zeitweise) viel weniger Luft als normal da durchpasst. Als Messwert nimmt man da die Einsekungenkapazität (FEV1), also das Lungenvolumen, dass man in einer Sekunde schafft auszuatmen. Bei der Beschreibung dieses Messwerts taucht zwar das Wort Lungenvolumen auf, aber ein verringertes FEV1 hat eben nicht unbedingt etwas mit einem kleineren Lungenvolumen zu tun. Bzw. wenn sich dieser Messwert bessert, bedeutet das nicht, dass das eigentliche Lungenvolumen gestiegen wäre.

Wäre also schön, wenn du das mit dem gestiegenen Lungenvolumen etwas genauer erklären könntest.
Trichter-/Kielbrust Nuss-OP 22.10.2010 (43 J, m, 185 cm, 71,5 kg, Berlin-Buch Prof. Schaarschmidt)
2. OP=Bügelentfernung 20.11.2013 (Magdeburg, Dr. Lützenberg)
meine Trichterbrust-OP-Seite

Traumleben

Hallo Expectus!

Ich versuche, einigermaßen differenziert zu antworten:

Ganz generell: soweit ich weiß, bedeutet Trichterbrust: weniger Platz im Brustkorb für Herz und Lunge und bei vielen ein verringertes Atemvolumen. Das erscheint mir durchaus logisch. Wo weniger Platz ist, kann sich weniger aufpumpen und entfalten.

Was mich betrifft: Vor der OP fing die Trichterbrust möglicherweise an, Beschwerden auch bei der Atmung zu verursachen. Ich kann es schlicht nicht sicher sagen. Ich war eigentlich immer sportlich und ziemlich fit, nicht kurzatmig. Nur kurz vor der OP mit vorher langer Erkältung und allem, dazu war ich Gelegenheitsraucherin zu der Zeit... Kurz: ich weiß es nicht. Die Allergie (vorwiegend Hausstaub, und das heftig) habe ich schon seit meiner Kindheit, die wurde schlimmer. Das hängt sicher nicht mit der TB zusammen. Das latente Asthma halte ich bei mir schlicht für Blödsinn, stand aber als Diagnose im Raum.

So habe ich mich vor zwei Jahren bei Dr. Lützenberg vorgestellt, und er sagte: Die Trichterbrust KANN all diese Beschwerden verursachen, auch das Verschleppen/Nicht-Loswerden von Erkältungen, weil weniger Platz im Brustkorb/evtl. "Knick"/Enge in den Luft-Zugangswegen, dadurch kann sich eben was einnisten... Ich krieg's nicht mehr zusammen, so in der Art.

Auch konnte ich nie sonderlich gut in den Brustkorb atmen. Das tut weh mit der Stange drin, Gesangsunterricht ist manchmal schmerzhafte Arbeit, aber es geht, und ich habe beim Singen deutlich mehr Luft.

Befund damals war im CT: die Trichterbrust quetscht beim Ausatmen das Herz zusammen, es war nicht (wie häufig) nach links verschoben.

Nach der OP und nach der äußerst nervigen Sportpause habe ich beim Training noch mal eine Schippe draufgepackt. Außerdem bin ich regelmäßig beim Lungenfacharzt wegen Hyposensibilisierung und hatte mittlerweile noch ein paar Lungenvolumentests. Spitzenergebnis vor kurzem mal 4,7 Liter, meine ich, letzte Woche (war nochmal zur Rippenbögenkorrektur bei Dr. Lützenberg) in Magdeburg bei den Voruntersuchungen 4,3 L - und das komplett übermüdet und so mittelprächtig drauf.

Das Lungenvolumen steigt natürlich auch durch den Sport, ebenso wie der Ruhepuls sinkt und das Herz wächst.

Eigentlich wollte ich nur Zapo Mut machen: ich bin nach der OP fitter, beweglicher, stärker denn je. OK, Seitdrehungen im Oberkörper gingen mal besser, da zwickt der Bügel gelegentlich, aber die Einschränkung ist minimal.

Meine positive Entwicklung ist sicherlich nicht nur auf die TB-OP zu schieben, aber auch, denke ich. Meine ganze Rückenmuskulatur hat sich auch gut aufgebaut, auch meine früheren Schwachstellen sind keine mehr. Und: die Skoliose ist fast weg. Ich bin insgesamt gerader.

Fazit: Gerade, wenn schon Beschwerden durch die TB da sind, würde ich auf jeden Fall zur OP raten! (Bei einem guten Arzt, versteht sich, und nach eingehender Beratung.)

Viele Grüße

Traumleben

ex.pectus

#6
Zitat von: Traumleben am 22. Dezember 2014, 18:31:46
Ganz generell: soweit ich weiß, bedeutet Trichterbrust: weniger Platz im Brustkorb für Herz und Lunge [...] Das erscheint mir durchaus logisch. Wo weniger Platz ist, kann sich weniger aufpumpen und entfalten.

Absolut richtig. Aber:
1. Die Größenordnungen sind ganz anders als manche sich das vorstellen. Bei einer normal stark ausgeprägten TB sind 100 ml Trichtervolumen schon eher viel. Das sind 0,1 Liter. Einen Trichter mit 50 ml sieht man auch schon deutlich. Das wären dann 0,05 Liter. Das hängt natürlich auch davon ab, ob der Trichter nur punktuell oder eher großflächig ist.
2. Eine vorhandene Einschränkung/Deformierung ist das eine, die Ausbeulung und anschließende Entfaltung etwas anderes. Zum einen ist erstmal fraglich in wieweit man bei großflächigen, abgeflachten Brustkörben eine generelle Anhebung erreichen könnte (nur einen punktuellen Trichter auszubeulen, ist dagegen einfach). Und zum anderen ist fraglich, in wieweit der hinzugewonnene Platz tatsächlich von der Lunge für mehr Lungenvolumen genutzt wird.

Damit die Lunge nach einer OP 1,5 Liter mehr Volumen hat, müssten im Brustkorb mindestens 1,5 Liter mehr Platz geschaffen worden sein.

Als ich 2011 mit Dr. Lützenberg darüber sprach, nannte er eine mögliche Zunahme lt. einer Studie in Höhe von 2 bis 8%. Später habe ich dann realisiert, dass sich die Angabe wohl noch nicht mal auf die Erhöhung des Lungenvolumen direkt bezieht, sondern nur auf die Erhöhung des gesamten Brustkorbvolumens. s. http://www.trichterbrustforum.de/index.php/topic,1152.msg9965.html#msg9965

Zitat von: Traumleben am 22. Dezember 2014, 18:31:46
Außerdem bin ich regelmäßig beim Lungenfacharzt wegen Hyposensibilisierung und hatte mittlerweile noch ein paar Lungenvolumentests.

Hyposensibilisierung läuft bei mir auch (seit 2011).
Meine Lungenfunktionswerte: http://www.trichterbrustforum.de/index.php/topic,1288.msg10581.html#msg10581 und http://www.trichterbrustforum.de/index.php/topic,1152.msg9801.html#msg9801

Zitat von: Traumleben am 22. Dezember 2014, 18:31:46
Spitzenergebnis vor kurzem mal 4,7 Liter, meine ich, letzte Woche (war nochmal zur Rippenbögenkorrektur bei Dr. Lützenberg) in Magdeburg bei den Voruntersuchungen 4,3 L - und das komplett übermüdet und so mittelprächtig drauf.

Poste doch mal bei Gelegenheit deine Werte (VC, FEV, TLC) in dem Thread: "Lugenvolumen Post-OP hat sich nicht verbessert" http://www.trichterbrustforum.de/index.php/topic,1152.msg9965.html#msg9965 falls es diese Werte sind, die sich bei dir erhöht haben, dann wärst du dort das erste belegte positive Gegenbeispiel.

Zitat von: Traumleben am 22. Dezember 2014, 18:31:46
Das Lungenvolumen steigt natürlich auch durch den Sport, ebenso wie der Ruhepuls sinkt und das Herz wächst.

Um eine Erhöhung/Normalisierung der statischen Lungenvolumina (VC, TLC) um 1,5 L bzw. 50% zu erreichen, müsste aber eigentlich schon ein Wunder geschehen bzw. jahrelanges Apnoe-Taucher- oder Saxophon-Training o.ä. Normales Lauftraining ist eher im Bereich den normalen Alterungsprozess aufzuhalten. Bei den dynamischen Lungenvolumina (FEV1, PEF) sieht das ganz anders aus, die können ja auch sehr stark schwanken. Die dienen ja u.a. auch dazu bei obstruktiven Lungenerkrankungen, den Verlauf bzw. Behandlungserfolg zu überwachen. Da ändert sich wie gesagt, nicht das eigentliche Volumen der Lunge, sondern die Atemwege sind mal mehr, mal weniger "verkrampft" und es passt dann in einer bestimmten Zeit mehr bzw. weniger Volumen durch (Bronchien). Natürlich kann es auch oberhalb zu Verengungen kommen, bis hoch zur Luftröhre. So einen Knick müsste bzw. würde man ja dann gesehen haben.

Zitat von: Traumleben am 22. Dezember 2014, 18:31:46
Eigentlich wollte ich nur Zapo Mut machen: ich bin nach der OP fitter, beweglicher, stärker denn je.

Das ist ja auch schön und positiv. Aber wie sich das genau mit dem Lungenvolumen verhält, ist auch interessant.

Zitat von: Traumleben am 22. Dezember 2014, 18:31:46
Meine positive Entwicklung ist sicherlich nicht nur auf die TB-OP zu schieben, aber auch, denke ich.

Das denke ich auch: so eine TB-OP kann nur ein Teil von mehreren sein, um gesunder, fitter, zufriedener oder glücklicher zu werden bzw. zu bleiben. Gerade deshalb ist es ja auch eigentlich wichtig welchen konkreten Beitrag so eine TB-OP leisten kann und welchen nicht.
Trichter-/Kielbrust Nuss-OP 22.10.2010 (43 J, m, 185 cm, 71,5 kg, Berlin-Buch Prof. Schaarschmidt)
2. OP=Bügelentfernung 20.11.2013 (Magdeburg, Dr. Lützenberg)
meine Trichterbrust-OP-Seite