Nuss-OP Magdeburg, 24, weiblich

Begonnen von Schilf, 23. Februar 2016, 13:56:08

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Schilf

Hallo ihr Lieben,
ich bin sonst eher stille Mitleserin, da es aber leider kaum Erfahrungsberichte von Frauen mit Trichterbrust gibt, möchte ich ausführlich von meinen Erfahrungen berichten:

Bereits im Alter von ca. 6 Jahren wurde meine Trichterbrust beim Kinderarzt festgestellt. Es hieß jedoch nur, man müsse das beobachten. Meine Mutter schaute in den folgenden Jahren zwar immer wieder, ob sie Veränderungen entdecken konnte, doch bei einem fachkundigen Arzt war ich nie und hatte auch keinerlei Ahnung, dass die Trichterbrust operativ behandelt werden kann. Erst Ende 2013, also im Alter von 21 Jahren, beschloss ich nach intensiver Onlinerecherche, meine Trichterbrust von einem Experten begutachten zu lassen. Denn ich hatte bereits seit meiner Jugend immer wieder starke Rückenschmerzen und Nackenverspannungen in Zusammenhang mit einer Fehlhaltung (gekrümmter Rücken, hängende Schultern…). Hier wurde zwar versucht, mit Physiotherapie und einem Sitzkissen entgegenzuwirken und später besuchte ich auch regelmäßig ein Fitnessstudio und machte dort Kraftübungen. Verbesserungen waren aber leider kaum festzustellen. Meine sportliche Leistungsfähigkeit war jedoch schon immer sehr schlecht gewesen, ich kam schnell aus der Puste und fühlte mein Herz wie wild von innen gegen meinen Brustkorb schlagen. Außerdem schämte ich mich für meinen Oberkörper, besonders die hervorstehenden Rippenbögen. In der Umkleide versuchte ich immer, dass mich niemand von vorne sieht und Schwimmbadbesuche â€" insbesondere mit Altersgenossen â€" mied ich. Außerdem hatte ich in den letzten Jahren immer wieder in unregelmäßigen Abständen â€" oft lagen viele Monate dazwischen â€" einen stechenden Schmerz in der Brust nahe des Trichters, der aber nicht etwa bei Anstrengung sondern ganz unmittelbar und scheinbar grundlos auftrat und nur ein paar Sekunden anhielt. Es war also auf jeden Fall Handlungsbedarf gegeben.

Da ich mich mit dem Gedanken an eine OP nicht anfreunden konnte, hatte ich die Hoffnung, eine Saugglocke könnte vielleicht helfen. Da ich mich aber fragte, wie das bei einer Frau überhaupt klappen soll â€" schließlich ist der Busen im Weg â€", wollte ich eine solche Saugglocke erst mal anprobieren und schrieb den Hersteller an. Dieser gab mir die Kontaktdaten eines Chirurgen an der Universitätsmedizin Mainz, Dr. Turial. Ich vereinbarte also einen Termin mit ihm. Nach der Schilderung meiner Beschwerden schaute er sich meinen Thorax an und tastete ab, wie tief der Trichter ist und wie flexibel mein Skelett noch ist. Außerdem machte er Fotos von meinem Thorax â€" mit einer Handykamera, was ich ziemlich befremdlich fand. Schon nach äußerlicher Begutachtung sagte er mir, die Trichterbrust sei mittelstark ausgeprägt und symmetrisch. Eine Behandlung mit Saugglocke würde bei mir keinen Erfolg versprechen. Die Trichterbrust sei dafür zu tief. Deswegen erklärte er mir auch, wie eine Nuss-OP ablaufen würde. Er meinte, er würde mir nur einen Bügel einsetzen, zwei seien nicht nötig. Welche gesundheitlichen Vorteile mir eine solche OP bringen würde, konnte er mir allerdings nicht vermitteln. Auch wenn ich immer noch gegen eine OP war, wollte ich nun doch genauer wissen, wie ausgeprägt meine Trichterbrust wirklich ist. Also bekam ich einen Termin für ein MRT und eine Spiroergometrie.

Beim MRT, das ca. 20 Minuten dauerte, wurden mir Kopfhörer aufgesetzt, über die ich immer gesagt bekam, was ich tun solle: Einatmen und Luft anhalten oder Ausatmen und Luft anhalten. Die nette Mitarbeiterin zeigte mir am PC sogar noch einen kurzen „Rundgang“ durch meinen Thorax.
Der Befund lautete dann: Trichterförmige symmetrische Einsenkung betont im unteren Sternumdrittel mit konsekutiver Kompression des rechten Herzens sowie geringfügig des linken Leberlappens.
Haller-Index in Inspiration (= Einatmung) von 6,49 bei einem maximalen latero-lateralen (= von der einen Seite zur anderen) Durchmesser von 24 cm und einem kürzesten anterior-posterioren (= von vorn bis hinten) Durchmesser von 3,7 cm.
Haller-Index in Exspiration (= Ausatmung) von 6,76 bei einem maximalen latero-lateralen Durchmesser von 23 cm und einem kürzesten anterior-posterioren Durchmesser von 3,4 cm.

Bei der Spiroergometrie musste ich mit Gesichtsmaske auf ein Laufband. Beendet wurde die Messung laut Bericht bei Erschöpfung bei einer Belastung von 3,47 W/kgKG. Weiter heißt es im Bericht: Erniedrigte Vitalkapazität. Rascher Anstieg der Herzfrequenz und der Atemfrequenz unter Belastung. Das exspir. Tidalvolumen (= Atemzugvolumen) lag bei max. 1,5 Litern. Maximale VO2 (= Sauerstoffaufnahme): 31,5 ml/kgKG/min. (85% vom Soll) und bei der AT-Schwelle (= anaerobe Schwelle) 20 ml/kgKG/min. Maximaler Sauerstoffpuls: 8,8 ml (95% vom Soll). Atemreserve bei maximaler Belastung: 45%. Es besteht eine Einschränkung der kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit.

Nach den beiden Untersuchungen machte ich wieder einen Termin mit Dr. Turial aus, um über die Befunde zu sprechen und mir alles genau erklären zu lassen. Leider lief der Termin überhaupt nicht wie erhofft. Trotz mehrerer Versuche, eine Bewertung meiner Befunde von ihm zu bekommen, sagte er einfach nichts Konkretes. Ich kam mir langsam ziemlich veräppelt vor. Also probierte ich erneut, mögliche gesundheitliche Vorteile durch die OP zu erfahren. Stattdessen Schulterzucken und Lachen.  Außerdem sagte er, die Trichterbrust sei asymmetrisch, was seinen vorherigen Aussagen und den Angaben vom MRT-Befund widersprach. Das einzig Nützliche war dann ein Gespräch mit einem Patienten, der bereits 2 Mal von Dr. Turial operiert worden war. Unter 4 Augen ließ er mich wissen, dass nach seiner ersten OP der Bügel verrutscht war und er sich nur wieder hier operieren ließ, weil er keinen kurzfristigen Termin bei einem anderen Chirurgen bekommen hatte. Er empfahl mir, Kontakt mit Dr. Lützenberg aus Magdeburg aufzunehmen. Da ich die ganze Sache nicht auf sich beruhen lassen wollte, aber eine OP in Mainz nach diesen Erfahrungen unter gar keinen Umständen infrage kam, schrieb ich nach einiger Bedenkzeit also Dr. Lützenberg an â€" trotz 450 km Entfernung.

Als ich Ende 2014 einen Termin bei Dr. Lützenberg hatte, buchten mein Freund und ich ein Hotelzimmer für eine Nacht. Am Tag vor dem Termin reisten wir an, um am nächsten Mittag ausgeruht in die Sprechstunde zu kommen. Herr Lützenberg empfing uns sehr freundlich und endlich wurden mir meine ganzen Befunde richtig erklärt und meine MRT-Bilder genauestens begutachtet. Mein Herz sei insoweit komprimiert, dass es „flach wie eine Flunder“ sei, weil es mittig zwischen Brustbein und Wirbelsäule liege. Die Trichterbrust sei eher stark ausgeprägt und symmetrisch, wobei aber das Brustbein etwas zur Seite gekippt sei. Der Trichter sei sehr flächig und laufe, anders als bei den meisten Fällen, nicht von den Seiten her sondern  von oben und unten zu (ich hoffe man versteht was ich meine). Für eine Saugglocken-Therapie sah auch er keine Chancen. Endlich ging es dann auch mal um gesundheitliche Vorteile: Eine Erhöhung des Lungenvolumens sei zwar nur geringfügig zu erwarten, dafür aber eine Ã,,nderung der Atemtechnik, das heißt weg von der Zwerchfellatmung. Außerdem sei eine Steigerung der Leistungsfähigkeit von bis zu 20 Prozent möglich. Dr. Lützenberg würde bei einer Nuss-OP zwei Bügel einsetzen und erklärte mir auch warum. Beim Einsetzen von nur einem Bügel sei die Kraft, die auf den Brustkorb ausgeübt werde, zu stark und ein Verrutschen des Bügels möglich. Um diese Kraft also zu verteilen, seien zwei Bügel nötig. Das schien mir logisch zu sein (und ich musste direkt an den Patienten denken, den ich in Mainz getroffen hatte). Nachuntersuchungen seien nach 8 Wochen, 10 Monaten und dann jährlich nötig. Eine Schwangerschaft während der Zeit des Bügeltragens sei kein Problem. Um nicht irgendeine Ausrede zu finden (Angst!), vereinbarte ich direkt einen Termin für die OP.
Anschließend ging es auf die Station, um dort Fotos von meinem Thorax machen zu lassen. Das machte jemand, der extra dafür zuständig war, und mich mit einer professionellen Kamera vor einer einfarbigen Leinwand in verschiedenen Winkeln fotografierte.

Zurück Zuhause ging es an die Beantragung der Kostenübernahme durch meine Krankenkasse. Da ich eher selten zum Arzt gehe und wenn dann schon gar nicht wegen Rückenschmerzen (weil ich immer denke, da kann mir eh keiner helfen und Spritzen will ich nicht), hatte ich natürlich keinen Stapel an Befunden daheim rumliegen, die meine Beschwerden belegten. (Im Nachhinein muss ich ganz klar sagen, dass es ein Fehler war, wegen meiner Rückenschmerzen fast nie zum Arzt zu gehen. Dann wäre diese ganze Beantragung vielleicht einfacher gewesen.) Folgende Unterlagen hatte ich dann: Befund von Dr. Lützenberg, Befund vom MRT, MRT-Bilder auf CD, Befund der Spiroergometrie, Fotoaufnahmen von meinem Thorax (in Magdeburg aufgenommen) und natürlich die Verordnung von Krankenhausbehandlung.

Um möglichst schnell und unkompliziert an einen Stempel auf besagter Verordnung, auf gut Deutsch Krankenhauseinweisung, zu bekommen, fuhr ich direkt in eine Geschäftsstelle meiner Krankenkasse. Leider erwischte ich aber keinen Mitarbeiter, der mir mal eben die Krankenhauseinweisung abstempelte. Er telefonierte mit einem Kollegen, der für solche Angelegenheiten zuständig ist und ließ mich danach wissen, dass meine mitgebrachten Unterlagen nach dessen Einschätzung zu wenig seien. Es würde noch eine Art Motivationsschreiben von mir fehlen und weitere Befunde oder Atteste sollte ich auch noch einholen. Das Schreiben von Dr. Lützenberg sei wenig wert, da er als operierender Chirurg ein Interesse an der Durchführung der OP haben könne.
Meine ganzen Unterlagen nahm ich wieder mit nach Hause und vereinbarte direkt Termine bei meiner alten Hausärztin und (ich war zwischenzeitlich umgezogen) meiner neuen Hausärztin, denn schließlich war es nicht mehr lange bis zum OP-Termin. Beide schrieben mir Befunde, die sowohl auf physische als auch psychische Beschwerden eingingen. Dann verfasste ich noch ein circa zweiseitiges Schreiben, in dem ich meine Beschwerden schilderte. Alles zusammen packte ich in einen Umschlag und schickte es per Einschreiben an meine Krankenkasse.

Kurz darauf kam ein Brief mit einem Termin beim MDK zur sozialmedizinischen Beurteilung. Vorstellig wurde ich dann bei einer jungen Ã,,rztin, die von mir all meine Beschwerden hören wollte, mich wog und meine Körpergröße maß, mit einem Lineal (!) versuchte, die Tiefe meines Trichters zu messen und nach zig Versuchen mit einer kleinen Digitalkamera einsehen musste, dass man ohne professionelle Kamera kaum Tiefe erkennen kann. Für den Fall, dass ich eine Ablehnung bekommen und noch mal beantragen sollte, empfahl sie mir, besser wieder meine Fotos aus Magdeburg beizulegen.

Ein paar Tage später erhielt ich dann einen Anruf von meiner Krankenkasse, dass der Antrag abgelehnt worden sei. Ich informierte direkt Dr. Lützenberg, dass der OP-Termin sich somit erledigt hatte. Kurz danach kam es dann schriftlich und in der Beurteilung des MDK hieß es, mein Hallerindex sei zwar deutlich erhöht, jedoch gebe es keine wesentlichen funktionellen Einschränkungen. Die Einschränkung meiner kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit sei eher ein Trainingsmangel. Zur Kompression meines Herzens lägen keine kardiologischen Untersuchungen wie EKG oder Echokardiographie vor. Hier sei Ausdauertraining empfehlenswert. Im bekleideten Zustand seien keine optischen Auffälligkeiten zu sehen. Bezüglich der Rückenbeschwerden seien die ambulanten Maßnahmen nicht ausgeschöpft. Diese seien vordringlich vor einem operativen Eingriff. Im Widerspruchsfall solle ich einen kardiologischen Befund beilegen. Nach Dr. Lützenbergs Einschätzung sind solche Ablehnungen wohl ganz typisch und er empfahl mir, unbedingt Widerspruch einzulegen, was ich dann auch tat.

Da im Ablehnungsbescheid ein kardiologischer Befund gewünscht wurde, machte ich also einen Termin beim Kardiologen. Außerdem wollte ich meine Rücken- und Nackenbeschwerden von einem Orthopäden begutachten lassen. Für beide Termine musste ich eine längere Wartezeit in Kauf nehmen, sodass einige Zeit verging.

Beim Kardiologen berichtete ich von dem stechenden Schmerz in der Brust, den ich schon öfter scheinbar grundlos hatte, von meinem MRT-Befund über die Kompression meines rechten Herzens sowie über meine OP-Pläne. Es wurden ein Ruhe-EKG und eine Echokardiographie vorgenommen. Letztere war eine wirkliche Herausforderung für die Ã,,rztin aufgrund der Trichterbrust und meiner anders geformten Rippen, die sozusagen „im Weg“ waren.  Im Befund hieß es dann: Echokardiographisch zeigt sich (trotz eingeschränkter Beschallbarkeit von apikal bei Thoraxdeformität) eine regelrechte systolische und diastolische LV-Funktion. Es ließ sich ein Mitralklappenprolaps mit leichter Mitralklappeninsuffizienz nachweisen. Dieses Vitium kann mit einer Thoraxdeformität assoziiert sein.

Dann ging’s noch zum Orthopäden: Ich erzählte ihm, dass meine Trichterbrust schon als Kind festgestellt wurde, ich schon seit Jahren häufig mit Rückenschmerzen und einem verspannten Nacken zu kämpfen hatte und auch gezieltes Training keine größeren Erfolge brachte. Meine ganzen Befunde hatte ich auch dabei und er schaute sie sich ganz genau. Danach schaute er sich meinen Oberkörper an. Er konnte meinen OP-Wunsch verstehen und sagte, er wolle mich darin unterstützen. Er diagnostizierte dann eine erhebliche Trichterbrust mit Einziehung der unteren Rippen, eine BWS-Kyphose, eine Asymmetrie des Thorax, die Einschränkung meiner kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit und schrieb außerdem, dass die Beschwerdeproblematik mit Asymmetrie der Wirbelsäule auf die Trichterbrust zurückzuführen sei. Aufgrund meiner eingeschränkten kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit und der reduzierten Atemreserve sei ein operativer Eingriff auch aus orthopädischer Sicht sinnvoll, notwendig und gerechtfertigt.

An meine Krankenkasse schickte ich nun wieder mein Motivationsschreiben sowie alle gesammelten Befunde. Eine Verordnung von Krankenhausbehandlung legte ich diesmal nicht bei, da schließlich noch kein OP-Termin feststand. Eine Woche später schrieb die Krankenkasse, dass sie die Unterlagen an den MDK weitergeleitet hatte. Ich dachte nun, ich müsste nochmal dort vorstellig werden, doch es kam kurz darauf ganz anders: Der zuständige Mitarbeiter der Krankenkasse rief mich an und überbrachte die gute Nachricht â€" Meine Befunde seinen eindeutig und die Operation sei bewilligt! Einen Tag später lag es dann auch schriftlich im Briefkasten.

Über die OP berichte ich im nächsten Thread :)
Weiblich, 26 Jahre
Haller-Index in Inspiration 6,49
Haller-Index in Exspiration 6,76
Nuss-OP am 9. Februar 2016 bei Dr. Lützenberg, Magdeburg
Bügelentnahme und Korrektur der Rippenbögen am 30. Oktober 2018 bei Dr. Lützenberg, Magdeburg

Schilf

Und nun zur OP...

Erstmal musste ich das Ende der Vorlesungszeit an der Uni abwarten, dann stand die OP an. Sonntags reisten mein Freund und ich an, montags wurde ich ins Uniklinikum aufgenommen. An der stationären Patientenaufnahme checkte ich mit Krankenkarte, Bewilligungsschreiben der Krankenkasse und Einweisungsschreiben vom Hausarzt ein. Auf der Station wurden weitere Formalitäten geklärt und es wurde Blut abgenommen. Danach musste ich weiter zum EKG, zum Lungenfunktionstest, zum Aufklärungsgespräch mit dem Anästhesisten und zum Schluss zum Röntgen. Alles ging schnell und die Wartezeiten hielten sich in Grenzen. Zurück auf der Station war man nicht auf ein vegetarisches/veganes Mittagessen vorbereitet, sodass mein Freund und ich schnell ins Restaurant auf dem Klinikgelände gegangen sind. Kaum zurück, erfolgte ein Gespräch mit Herrn Lützenberg. Meine OP ist für den nächsten Morgen gegen 10 Uhr geplant.

OP-Tag
Am nächsten Morgen wollte ich gerade unter die Dusche, als eine Schwester kam mit der Nachricht, dass meine OP vorgezogen wurde, weil der erste Patient aufgrund von Fieber entfällt. So durfte ich nur noch schnell meine Haare waschen, musste dann OP-Hemd, OP-Höschen und Thrombosestrümpfe anziehen und eine Beruhigungstablette einnehmen. Danach durfte ich nicht mehr aus dem Bett aufstehen.  Um 9:15 Uhr wurde ich dann abgeholt und in den OP-Bereich gebracht. Dort wurde ich für die OP vorbereitet: Umbetten, Flexüle in die linke Hand, OP-Mütze usw. Man setzte mir eine Sauerstoffmaske auf, leitete das Narkosemittel ein und schon war ich eingeschlafen.
Gegen 14 Uhr wachte ich auf der Kinderintensivstation wieder auf. (Dr. Lützenberg reserviert dort manchmal ein Bett, um die Nuss-OPs auch wirklich durchführen zu können, auch wenn die normale Intensivstation voll belegt sein sollte.) Mein Freund wartete schon seit 12 Uhr an meinem Bett. Ich war noch am Beatmungsgerät, bekam eine Kochsalzlösung sowie Schlafmittel, das langsam heruntergefahren wurde, und ein Blasenkatheter lag. Ein Röntgen war auch schon durchgeführt worden. Als ich immer mehr zu mir kam, wollte ich den Beatmungsschlauch loswerden, sodass er dann entfernt wurde. Ab und zu drückte ich die Schmerzpumpe, die auf meinem Bauch lag  â€" hautsächlich wegen Rückenschmerzen, die angeblich vom Narkosemittel ausgelöst werden. Dr. Lützenberg kam nachmittags vorbei und zeigte mir das überaus zufriedenstellende OP-Ergebnis und das Röntgenbild. Mein Freund durfte bis zum Abend bei mir bleiben.
Nachts musste ich mich übergeben und meine Fersen brannten trotz der ‚beweglichen‘ Matratze. Die Kinderkrankenschwestern waren aber sehr nett und kümmerten sich um mich.

1. Tag nach der OP
Am Vormittag wurde ich auf der Kinderintensivstation umgebettet auf mein Stationsbett. Dazu wurde ich von vier Schwestern auf dem Bettlaken hochgehoben. Dabei hatte ich zum ersten Mal richtig starke Schmerzen, die noch stundenlang anhielten. Zurück auf der Normalstation durfte ich eigentlich etwas essen, bekam aber nichts runter. Es fühlte sich an als hätte ich einen heißen Stein im Magen und die Schmerzen im Brustkorb machten es auch nicht besser. Herr Lützenberg schaute vorbei und meinte, ich hätte extrem viel Luft im Magen. Insgesamt war ich sehr müde und schlapp. Abends versuchte ich doch noch etwas Apfelmus zu essen, musste aber sofort brechen.

2. Tag nach der OP
Vom Schmerzmitteltropf wurde ich auf Schmerztabletten umgestellt. Die Schmerzen waren auch schon wesentlich geringer, vom langen Liegen schmerzten aber Rücken und Fersen. Mittags kam dann die Physiotherapeutin vorbei, mit der ich zum ersten Mal aufstehen durfte. Im Laufe des Tages bin ich mit Hilfe meines Freundes noch zwei weitere Male aufgestanden und sogar bis ins Bad gelaufen (…verdammt, wer ist diese fahle und verstrubbelte Person im Spiegel?!). Vom optischen Ergebnis war ich erneut total begeistert. Dr. Lützenberg kam selbstverständlich auch vorbei und schaute nach dem Rechten. Essen klappte auch so langsam. Abends wurde der Blasenkatheter entfernt.

3. Tag nach der OP
Morgens wechselte Dr. Lützenberg meine Pflaster. Außerdem bekam ich einen Geradehalter (Brustwirbelsäulenorthese), den ich ab sofort 6 Wochen lang täglich mindestens 6 Stunden tragen sollte. Mit Hilfe stand ich mehrfach am Tag auf und ging ein bisschen im Zimmer umher. Mit Post-OP-Pflastern durfte ich auch endlich duschen gehen, was mit der Unterstützung meines Freunds ganz gut klappte. Die Schmerzen waren phasenweise ganz weg.

4. Tag nach der OP
Das Aufstehen klappte immer besser und mittags machte ich einen Spaziergang draußen an der frischen Luft. Um dem Klinikessen zu entgehen, schaffte ich es abends zusammen mit meinem Freund und meiner Mutter, die extra angereist war, bis ins Restaurant auf dem Campus.

5. Tag nach der OP
Da die Entlassung für den nächsten Tag angesetzt war, wurden ein Bluttest und ein erneutes Röntgen vorgenommen.

6. Tag nach der OP
Morgens kam Dr. Lützenberg, um sich nach meinem Befinden zu erkundigen und mir die Entlassungsmedikation zu erläutern. Meine Röntgenbilder hatte er auch dabei. Es sei alles in Ordnung. Lediglich eine leichte Wundwasserbildung auf einer Seite, die von selbst verschwinden sollte. Mein Herz habe jetzt Platz und mein Magen ebenso. Ich kümmerte mich um die Ausstellung einer Liegebescheinigung und meines Implantatpasses, ließ mir die Medikamente für 2 Tage mitgeben und durfte dann mitsamt Arztbrief das Klinikum verlassen.

Mittlerweile ist es der 14. Tag nach der OP und ich habe es keine Sekunde bereut :) Ich muss zwar noch Schmerzmittel nehmen, aber wesentlich weniger als bei der Entlassung vorgesehen war.

Schilf  :D
Weiblich, 26 Jahre
Haller-Index in Inspiration 6,49
Haller-Index in Exspiration 6,76
Nuss-OP am 9. Februar 2016 bei Dr. Lützenberg, Magdeburg
Bügelentnahme und Korrektur der Rippenbögen am 30. Oktober 2018 bei Dr. Lützenberg, Magdeburg

annaj

schön das es mit dem op so gut geklappt hat, gute Genesung wünsche ich dir! Es ist ein jammer mit der KK, echt ein Unverschämtheit. Es wird nichts gemeckert bei den Diabetespatienten, obwohl man da selbst sehr viel tun kann, um die Krankheit zu meiden oder gar zu heilen. Wir "trichterbrüstler" haben kein lobbyorganisation halt... ;)
Weiblich.
1989-2011/01 Silikonimplantat. (16 J)
2011/03 Nuss-OP (modifiziert), dr. Lützenberg, Berlin Charité. (fast 39 J)
2013/08 Stabentfernung, dr. Lützenberg, Uniklinik Magdeburg. Zusätzlich würde grossflächig Muskeln versetzt (versuch Brustrekonstruktion, Knorpel wurde abgeschliffen usw)
2014/04 Brustrekonstruktion, Silikon in beide Brüste. Kleine Korrektur 2014/09 bei dr. Lützenberg.

Trichter8

Vielen Dank für deinen Erfahrungsbericht aus Magdeburg. Hilft uns für den Sommer ungemein und bestätigt uns bei der Wahl. Alles Gute und weiterhin gute Besserung!
47Jahre
06/15 Untersuchung Berlin Buch  OP Entscheidung
08/15 Untersuchung Magdeburg  OP abgesagt(nicht notwendig)

Tochter 12  Jahre
2016  massiver Befund OP Dr. Lützenberg
2021  Stabwechsel  Dr.Lützenberg

martin_30

Hallo,

vielen Dank für Deinen sehr ausführlichen und detaillierten Bericht. Sehr strukturiert geschrieben, klasse!

Viel wichtiger aber: gute Besserung, hoffe, dass es rasch bergauf geht bei Dir! Und Du nicht die oft genannten "Begleiterscheinungen" und Nachwirkungen mitnehmen must.

Interessant die so unterschiedliche Herangehensweise zweier Ã,,rzte - und deren Beurteilung sowie die Beratung. Magdeburg past hervorragend zu den übrigen Berichten, als Mainzer mache mir jedoch Dein Bericht über die dortige Uniklinik Sorge :-(

Viele Grüße & Kopf hoch!

Martin
54 Jahre / Trichterbrust 4 cm nach Linealmethode, großflächig symmetrisch / keine OP

Schilf

Vielen Dank für eure Genesungswünsche!

@ annaj: Der Ã,,rger mit der Krankenkasse war wirklich nicht schön. Ich vermute stark, dass wirklich eine Arte Taktik dahintersteckt: Die erste Beantragung wird aus Prinzip abgelehnt. Nur wer Widerspruch einlegt, hat dann Chancen auf die OP-Bewilligung. Denn vermutlich geben viele nach der ersten Ablehnung auf, weil sie weitere Mühe scheuen, sich nicht trauen Widerspruch einzulegen oder doch nicht zu 100% hinter ihrer Entscheidung für die OP stehen. Und schon hat die Krankenkasse Geld gespart. (Das ist natürlich nur eine Theorie von mir.)

@ Trichter8: Ich wünsche euch und besonders eurer Tochter alles Gute! Bei Fragen könnt ihr mich gerne anschreiben.

@ martin_30: Die Erfahrungen in Mainz waren wirklich sehr ernüchternd. Zur medizinischen Abklärung (MRT, Ergospirometrie) kann man den Weg über Dr. Turial durchaus gehen, zur Beurteilung und zur OP ist man in Magdeburg meiner Meinung nach aber besser aufgehoben.
Weiblich, 26 Jahre
Haller-Index in Inspiration 6,49
Haller-Index in Exspiration 6,76
Nuss-OP am 9. Februar 2016 bei Dr. Lützenberg, Magdeburg
Bügelentnahme und Korrektur der Rippenbögen am 30. Oktober 2018 bei Dr. Lützenberg, Magdeburg

martin_30

Hallo,

danke für Deine Einschätzung. Das ist ein plausibler Weg - Untersuchung in Mainz, Gespräch aber besser inin Magdeburg.
Aber das gilt ja nicht nur für Mainz, sondern generell, wenn die Verhältnisse vor Ort nicht so vielversprechend erscheinen...

Gruß Martin
54 Jahre / Trichterbrust 4 cm nach Linealmethode, großflächig symmetrisch / keine OP

Schilf

Hallo,

da meine OP mittlerweile etwas mehr als einen Monat her ist, möchte ich mal ein kurzes Update geben.

Seit fast einer Woche nehme ich keine Schmerzmittel mehr und fühle mich insgesamt gut. Wirklich fit bzw. belastbar bin ich aber noch längst nicht. Sobald ich etwas länger stehe oder sitze, bekomme ich starke Rückenschmerzen. Laut Dr. Lützenberg liegt es daran, dass sich mein ganzer Brustkorb zurzeit umformt. Das ist optisch auch erkennbar. Meine Wirbelsäule ist irgendwie gerader, sodass mich Freunde schon gefragt haben, ob ich seit der OP gewachsen bin  ;D

Nicht ganz so gut klappt diese Umformung mit meiner rechten Schulter. Sie hängt stärker nach vorne als vor der OP und das Schulterblatt ragt heraus. Vermutlich habe ich meine rechte Seite zu lange geschont, weil ich dort noch recht lange mit Schmerzen im Bereich der Wunde zu kämpfen hatte. Ich habe Dr. Lützenberg Fotos davon geschickt und er meinte, dass sich das noch normalisieren wird. Auf jeden Fall habe ich mir vorgenommen auch meinen rechten Arm wieder vermehrt zu benutzen.

Gibt es vielleicht leichte Übungen, die man zur Mobilisation der Schulter durchführen kann? Einfache Yogaübungen oder ähnliches?

Die Wundheilung verläuft auch gut. Nur leider steht aus einer der Wunden ein Rest Faden heraus, der sich aber wohl noch auflösen wird. Das ist die einzige Stelle, an der etwas Schorf ist. Es ist nur ein kleiner dunkler Punkt. Meine Hausärztin dachte erst es sei ein kleines Muttermal.

Ab und zu habe ich einen starken, plötzlichen Schmerz im Brustkorb. Fühlt sich fast an als würden zwei Knochen ruckartig übereinanderreiben. Es tritt ganz unvermittelt auf, also es scheint nicht an einer bestimmten Bewegung zu liegen. Das Knacksen, das hier im Forum oft beschrieben wird, habe ich auch manchmal und es fühlt sich ziemlich ähnlich an, nur wesentlich harmloser.
Habt ihr eine Idee, was das sein könnte?

Liebe Grüße
Schilf
Weiblich, 26 Jahre
Haller-Index in Inspiration 6,49
Haller-Index in Exspiration 6,76
Nuss-OP am 9. Februar 2016 bei Dr. Lützenberg, Magdeburg
Bügelentnahme und Korrektur der Rippenbögen am 30. Oktober 2018 bei Dr. Lützenberg, Magdeburg

annaj

Zitat von: Schilf am 14. März 2016, 12:54:08
Seit fast einer Woche nehme ich keine Schmerzmittel mehr und fühle mich insgesamt gut. Wirklich fit bzw. belastbar bin ich aber noch längst nicht. Sobald ich etwas länger stehe oder sitze, bekomme ich starke Rückenschmerzen.

Ist sehr normal, es dauert noch einbisschen bevor du gut belastbar bist.

Zitat von: Schilf am 14. März 2016, 12:54:08
Gibt es vielleicht leichte Übungen, die man zur Mobilisation der Schulter durchführen kann? Einfache Yogaübungen oder ähnliches?

Ich empfele dir einen Osteopat oder guten Physiotherapeut aufzusuchen, weil der/die individuell beurteilen kann, welche leichte übungen du brauchst. Mein Schulter fühlte sich auch nach der op anders an, irgendwie nicht ganz am platz wo es hingehörte. Es wurde viel besser mit übungen, die meinen Osteopath gezeigt hat.

Zitat von: Schilf am 14. März 2016, 12:54:08
Ab und zu habe ich einen starken, plötzlichen Schmerz im Brustkorb.
Habt ihr eine Idee, was das sein könnte?
Ich kann mich nur erinnern, dass es häufig vorkam  ::) Und irgendwann war diese plötzlich aufgetretene schmerzen auch weg. Deine nächste Kontrolle wird zeigen, ob da alles ist wie es sein soll. Aber wenn es einen schmerz der kommt und geht ist, würde ich es als normal bezeichnen. Du hast deine rippen ausgebeult bekommen, und ein-zwei metallstangen die dein körper irgendwie akzeptieren muss... Gute genesung!  :)
Weiblich.
1989-2011/01 Silikonimplantat. (16 J)
2011/03 Nuss-OP (modifiziert), dr. Lützenberg, Berlin Charité. (fast 39 J)
2013/08 Stabentfernung, dr. Lützenberg, Uniklinik Magdeburg. Zusätzlich würde grossflächig Muskeln versetzt (versuch Brustrekonstruktion, Knorpel wurde abgeschliffen usw)
2014/04 Brustrekonstruktion, Silikon in beide Brüste. Kleine Korrektur 2014/09 bei dr. Lützenberg.

Tamara

Vielen Dank für diesen Bericht! Ich wünsche dir auch alles Gute ;)
Links asymmetrische TB, Einsenkung 7,5 cm
03.12.2008 TB Korrektur nach Nuss/MIC Helios BB, 2 Bügel (Alter fast 16 Jahre)
03.12.2009 Entfernung 1. Bügel wegen Dislokation
03.08.2010 Entfernung 2. Bügel
12.08.2010 Einsetzung VAC Pumpe wegen      Wundinfektion
16.08.2010 Entfernung VAC Pumpe