Rezidiv-OP inkl. plastischer Brust-Korrektur, Dr. Lützenberg, w, 35J.

Begonnen von Ina, 12. Januar 2020, 15:36:46

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Ina

Hallo ihr Lieben

Nach jahrelangem Abwägen und stillem Mitlesen hier im Forum hat für mich das erste Gespräch mit Dr. Lützenberg vor ca. anderthalb Jahren den Stein wieder ins Rollen gebracht: ich entschied mich für den finalen Schlussstrich unter die von mir verfluchte Trichterbrust. Meine OP fand am 26.09.2019 in Ostercappeln statt.

Vorgeschichte/erste Korrektur nach Ravitch (Münster)
Ich bin weiblich, 35 Jahre, mit einem (ehemaligen) Haller-Index von 3,7. 1995 wurde ich mit 11 Jahren erstmals von Prof. Dr. Willithal gemäss Ravitch/offener Methode in Münster operiert. Zwei Jahre später wurden die Bügel entfernt, und schon nach etwa einem Jahr begann sich meine Brust wieder sanft nach innen zu wölben. Der für Ravitch typische Querschnitt wurde zudem damals viel zu nahe an den Brustwarzen angesetzt, was Wachstum und Entwicklung von Drüsenkörpern und Muskulatur negativ beeinflusste. Und gratis zur neuen Trichterbrust gabs auchnoch eine ordentliche Portion Ã,,ngste und Vorbelastung aus der ganzen Krankenhauszeit mit ins Gepäck, für die nächsten Jahre.

Der Weg zur zweiten Korrektur nach Nuss (Magdeburg/Ostercappeln)
2016, ich lebe mittlerweile in der Schweiz, wagte ich nach langer Zeit ein erstes Gespräch im Spital Bern. Die Trichterbrust stresste mich regelmässig sehr stark in verschiedenen typischen Situationen, und ich konnte sie nie recht akzeptieren... ob das nun mit viel Kopfsache zusammenhing oder nicht: ich gefiel mir wirklich so garnicht. Abgesehen von den verkümmerten Brüsten wölbten sich die Rippenbögen, einige kennen es, schaufelartig nach vorn: rein optisch eine eher schwierige Kombination zum baden, in der Sportumkleide oder einfach in der Kleiderwahl. Ich habs echt gehasst.

Dass Gespräch in Bern gab mir erst Hoffnung, im Nachinein herrschte hier jedoch noch zu wenig Erfahrung mit komplizierteren Rezidiven wie mich, und auf ein „Mal aufmachen und reinschauen, und dann abschätzen, was möglich ist“ wollte ich mich auf garkeinen Fall bei einem zweiten Korrektur-Anlauf einlassen. Auch die Krankenkasse hatte sich leider als unkooperativ herausgestellt, wegen fehlendener gesundheitlicher Einschränkung. Ich hatte vielleicht nicht die Killer-Ausdauer und das normale Lungenvolumen, aber es stimmte: abgesehen vom psychischen Anteil hatte ich keine Probleme oder Schmerzen. Die Sache war erstmal wieder vom Tisch, auch weil wieder viel Angst mit dem Gedanken an eine OP einher ging.

2018 lernte ich Dr. Lützenberg kennen. Ich hatte viel über ihn hier im Forum gelesen, gerade im Hinblick auf seine Erfahrung mit Rezidiven, und wagte ein weiteres Gespräch in Magdeburg.
Ich kann mich immernoch sehr lebhaft an den Moment erinnern, an dem ich mit meinem Partner die Klinik nach dem Gespräch verliess und wusste, dass es ab jetzt konkret werden würde. Das war wahnsinnig emotional für mich, denn ich fühlte mich zum ersten Mal wirklich abgeholt. Es ist nicht so, dass Dr. Lützenberg meinen Fall als sonderlich „blumig“ einschätzte, im Gegenteil, aber da sprach so wahnsinnig viel Erfahrung auf menschlicher Ebene. Dass ich dank Münster Rezidiv-Patientin war verwunderte ihn nicht sonderlich, ich war schlicht bei Weitem kein Einzelfall für ihn. Er wusste um die Vor- und Nachteile, die aus der schlampigen ersten OP in Münster resultierten. Er sprach von einem Versetzen der Muskulatur, und einem Rekonstruieren der Brüste mit Silikon in einem Schritt... ganz ehrlich, ich hatte vorher nie an Silikon gedacht. Aber diese Option für mich in Betracht zu ziehen, eröffnete mir neue Perspektiven und Hoffnung, auch wenn mir klar war, dass das Ganze kein Spaziergang werden würde. Und trotzdem: zum ersten Mal überwiegte dank des Gefühls gut aufgehoben zu sein die Vorfreude auf ein Leben ohne Trichterbrust gegen die Angst vor der erneuten Prozedur.

Die Tatsache, den Eingriff im Ausland beim Spezialisten machen zu lassen, war für die Krankenkasse übrigens das K.O.-Kriterium (denn machbar wäre der Eingriff ja auch in Bern), und so lehnte sie auch diesmal eine Kostengutsprache ab.

Wegen einer geplanten Weiterbildung hatte ich die OP zeitlich etwa ein Jahr später angesetzt. Und das war auch gut so, denn im Nachhinein brauchte ich die Zeit, um mich mental auf diese „Reise“ vorbereiten zu können. Ich stelle es mir bildhaft wie eine Burgfestung vor, an der ich in dieser Zeit intensiv gearbeitet hatte, trainierte verstärkt meine Oberkörper-Muskulatur (Freeletics), um eine gute Ausgangslage gewährleisten zu können und reduzierte noch intensiver möglicherweise entzündungsfördernden Zucker-Konsum. Klingt schräg, aber das war wichtig für mich und sorgte für weitere mentale Sicherheit im Hinblick die anstehende OP.

Bis dahin hatte ich regen Mail-Kontakt und telefonische Rücksprache mit Dr. Lützenberg. Auf die letzten paar Wochen hin wurde es tatsächlich fast noch stressig, weil er sich so nebenbei noch nach meiner Nickel-Verträglichkeit wegen der Bügel bei mir erkundigte und ich ihm darauf keine wirklich klare Antwort geben konnte, weil ich grundsätzlich keinen Schmuck trage... also machte ich, im Nachhinein eh viel zu spät, noch einen Verträglichkeitstest, der zum Glück negativ ausfiel. Es ging darum, bei evtl. positivem Ergebnis, spezielle Stahl-Bügel anfertigen lassen zu müssen, was einige Wochen Vorlaufzeit beansprucht hätte. Das wäre dann saftig mit meinem geplanten OP-Termin kollidiert, um den ich auch auf der Arbeit schon alles im Voraus geplant hatte. Dort hatte ich eine zweimonatige Auszeit platziert, die mit Krankschreibung einherging.

Auch das Thema Körbchengrösse wurde auf den Termin hin konkreter thematisiert... was ich mir denn so vorstellen würde, und ob ich mir auch hier über die Risiken im Klaren sei. Okay, ich muss gestehen, darüber hatte ich mir vorab wirklich wenig Gedanken gemacht... wie erklärt man auch, was einem gefallen würde? Ich bin schlank und wollte einfach eine normale Optik, also reicht A oder doch lieber B, für etwas mehr Form? Und dann lieber rund oder in Tropfenform? Mit texturierter oder glatter Oberfläche? Wo liegen hier die Vor- und Nachteile? Ich wollte auf keinen Fall, dass es irgendwie unnatürlich aufgesetzt aussieht. Manchmal war das Ganze schräg aber immer irgendwie auch mit Vorfreude verbunden, obwohl ich vorher zu den Frauen gehörte, die das Thema Silikon gern ein wenig abwertend behandelten.

Hier im Forum inhalierte ich förmlich jeden Erfahrungsbericht, um mir vom Ablauf vor und nach der OP ein möglichst lückenloses Bild machen zu können (vielen Dank u.a. an Starfox und annaj). Auch das war echter „Mörtel“ für einen mentalen Schutzwall, die Angst in Schach zu halten, weil ich ja wusste, wie es abläuft. Ausserdem begleitete mich mein Partner von Beginn an auch in die Klinik, worüber ich extrem froh und dankbar war. Operiert wurde im Nachhinein in Ostercappeln anstelle von Magdeburg, weil Dr. Lützenberg im geplanten OP-Zeitraum dort vor Ort stationiert war... er pendelt scheinbar regelmässig.

Aufnahme
Am 25.09. war es also soweit: Check In in Ostercappeln. Ich stand schon recht unter Strom, aber Krankenschwestern und Ã,,rzte waren wirklich sehr nett und entspannt. Sympathisch fand ich auch, dass es sich bei der Klinik um einen recht kleinen, übersichtlichen Komplex handelte.
Nach dem CheckIn folgten also zuerst sämtliche Routine-Voruntersuchungen: Blutentnahme, EKG, Röntgen, Lungenfunktion, alles „ratz fatz“ noch vor dem Mittag.
Übrigens: für Angehörige gibt es in Ostercappeln die Möglichkeit, ein Zimmer zu beziehen. Das war perfekt für uns, weil die Hotels in und um Ostercappeln recht rar sind. Und der Preis für EUR 50/Nacht inkl. Frühstück, Mittag- und Abendessen ist auch mehr als fair. Aber Achtung, die Sache hat einen Haken, dazu komme ich noch.

Das abschliessende Gespräch mit dem Anästhesisten war dann noch speziell, denn in meiner „Planung“ und gemäss Dr. Lützenberg war eine PDA nie Thema, wofür ich auch dankbar war. Der Gedanke einer Nadel im Rücken war echt gruselig und ein weiteres Komplikationsrisiko für mich, auf das ich gern verzichten wollte. In Ostercappeln seien PDAs jedoch Standard. Natürlich, der Anästhesist liess mir die Wahl, beteuerte und empfahl sie mir jedoch eindringlich. Sie seien echte Spezialisten darin, und es sei keine grosse Sache.
Okay. Eingewilligt. Aber mit einem riesen Kloß im Hals.

Danach konnte ich mein Zimmer beziehen und lernte meine Bettnachbarin kennen. Ein 15-jähriges, sympathisches Mädel, ebenfalls Trichterbrust-Patientin, turnte noch unbefangen und gelangweilt auf ihrem Bett herum. Wir haben uns recht gut verstanden. Sie hatte am gleichen Tag mit ihrer Mutter „eingecheckt“ und ihren OP-Termin wie ich am Folgetag. Für uns hiess es es dann warten bis zum Abend, auf das letzte Gespräch mit Dr. Lützenberg vor der OP.

Naja, und das hatte dann doch irgendwie für eine kleine „Erschütterung der Macht“, einen kurzen Nervous Breakdown bei mir gesorgt. Resultierend aus der Tatsache heraus, dass es jetzt dann wirklich losging. So richtig. Dr. Lützenberg zeichnete schon seine Schnitt-Markierungen auf meine Brust. So sehr gings los.
Mein Freund und ich, wir drehten spätabends noch Runde um Runde um das Klinik-Gebäude, zum Runterkommen und Akklimatisieren, und um wieder auf Kurs zu kommen. Das tat wahnsinnig gut und half sehr... ein Rückzieher lag eh nie drin. Im Endeffekt konnte ich darauffolgend in der Nacht sogar etwas schlafen.


Ina


Tag der OP/Intensiv-Station

Am Morgen wurde dann zuerst meine Bettnachbarin in den OP geholt. Ich nutzte, mit einem gemischten Gefühl aus Nervosität und Vorfreude auf das schon baldige „Danach“, die Zeit zum waschen und ankleiden, ein schickes OP-Hemd, ein paar sexy Thrombosestrümpfe und den Schlüpfer in Einheitsgrösse mit Riesen-Einlage. Mhm, schick. Dazu noch einen speziellen Beutel mit dem nötigen Hab und Gut für den Tag auf der Intensiv-Station gefüllt.

Und dann ging es los: mit dem Aufzug ab in den OP. Dort gab es zuerst einen Zugang an die Hand und darüber den ersten Beruhigungs-Cocktail zum Runterfahren und Entspannen. Um mich herum bereitete man sich rege auf das Setzen der PDA vor. Es waren bestimmt drei Ã,,rzte involviert: einer brachte mich in Position und bemühte sich um Smalltalk, dabei friemelte ein anderer an der Kanüle an meiner Hand herum und noch ein anderer tastete meinen Rücken ab. Wie gesagt, ich war schon recht in Watte gehüllt und nahm alles nurnoch durch einen Nebel wahr, grundsätzlich aber war das Setzen der PDA wirklich halb so wild. Und ich war auch dankbar, dass alle um mich herum so beruhigend auf mich eingeredet haben. Ich kann mich an keine Maske oder dergleichen mehr erinnern, als die PDA sass durfte ich mich hinlegen und für den Rest war ich schon zu weggetreten.

Auf der Intensivstation bin ich aufgewacht. Geschafft. Schon jetzt. Die Zeit kurz nach der OP war natürlich noch sehr schwammig, aber ich kann mich an das ungemein erleichterte Gefühl erinnern. Mein Partner hat ein Foto von mir, auf dem ich mit erhobenem Daumen und Sauerstoffbrille müde in die Kamera grinse: ich kann mich beim besten Willen nicht daran erinnern, wann er das gemacht hat.
Insgesamt verbrachte ich 6 Stunden im OP, komplikationslos. Und dank der PDA haben mich die Schmerzen auch nicht aufgefressen: ich war im Nachhinein wirklich super dankbar für das Teil.

Ich hatte also neu: zwei Bügel in der Brust, zwei Stabilisatoren, Muskelversatz und zwei Silikon-Implantate. Meine zwei „neuen Freundinnen“, die noch ordentlich unter Spannung standen, geschwollen und auch partiell noch taub waren. Ladies, falls ihr euch an dieses Projekt wagt, erschreckt nicht: anfangs sieht es wirklich mehr nach übermässigem Steroidkonsum als nach Brüsten aus, die Brustwarzen hängen „irgendwo“, weil die Implantate sich in den nächsten Monaten erst noch setzen müssen und es fühlt sich auch wahnsinnig seltsam an. Trotzdem mochte ich die beiden auf Anhieb. ; - ) Und natürlich: endlich ein Brustkorb ohne Trichter und ohne abstehende Rippenbögen. Auf vorsichtige Handgriffe an die unteren Rippenbögen folgte anfangs immer ein Wahnsinns-Wow-Effekt. Zwar wurde die alte Ravitch-Narbe quer über dem Brustkorb fast vollständig wieder geöffnet, aber das war mir relativ egal.

Vier Drainagen gab es zudem, drei kleine und eine grosse Thorax-Drainage, einen Blasenkatheter, die PDA und einen Zugang an der Hand: recht verkabelt also fürs Erste.

Tag 2
Wie gesagt, vom Tag auf der Intensivstation hab ich kaum noch etwas präsent: ich erinnere mich noch an die unangenehme Geräuschkulisse um mich herum, ständig hat in der Nacht irgendwas getönt, und dann kam wieder jemand und hats ausgestellt, nur damit es dann nach einer Weile wieder von Neuem anfing zu lärmen. Schmerztechnisch gings mir recht gut: logisch, die PDA tat ihren Dienst, ich konnte mir per Knopfdruck selbständig Dosen an Schmerzmittel verpassen und ich bekam auch nicht zu knapp noch Schmerzmittel in Tablettenform. Das Ganze war für mich also absolut aushaltbar.

Am zweiten Tag kam ich dann wieder auf die normale Station, inkl. erster Visite mit Dr. Lützenberg. Er war sehr zufrieden mit Operationsverlauf und Ergebnis, zog mir die Thoraxdrainage und eine der kleinen Drainagen. Alles war verklebt und verpflastert... viel zu sehen gabs so noch nicht. Dafür gabs morgens und abends einen Cocktail aus Antibiotika, der scheinbar einen Abwehrmechanismus gegen das Fremdmaterial in meinem Körper in Schach halten sollte, etwas zum Inhalieren und einen CliniFLO, also so ein Teil zum Reinpusten, fürs Lungenvolumen. Das war nach der OP nämlich auch so richtig Baustelle: Ich war extrem kurzatmig. Teilweise fiel es mir schwer ganze Sätze vollständig, ohne einen Zwischenatemzug, auszusprechen. Das war schon recht krass. Aufstehen lag noch nicht drin, Aufrichten und an der Bettkante sitzen war kreislauftechnisch vorerst das absolut Höchste der Gefühle. Die Schmerzen lagen nach wie vor im Bereich des Aushaltbaren. Allgemein war der Prozess des Aufsetzens noch schwierig, weil ich Drehbewegungen vermeiden sollte... das brauchte kurz ein wenig Übung und die Hilfe der Schwestern.

Essen ging, aber so richtigen Appetit hatte ich nicht... selbst die heiss begehrten Mandel-Schokoladen-Kekse von Alnatura, die mein Freund mitgeschmuggelt hatte, konnte ich vorerst nicht recht essen.

Tag 3
Kennt ihr diese Szene aus einem der Werner-Filme, in der er im Krankenhaus liegt, einfach nur schlafen will... und ständig latscht ihm eine Schwester ins Zimmer? Genau so. Am Morgen um 6:30 Uhr gehts los. Tablettenrunde 1, Blutdruck und Temperatur, Visite, Frühstück, Verbandswechsel, Thrombosespritze, PDA-Check, Wasserflaschen-Check, Tablettenrunde 2 & Mittagessen, hin und wieder Kaffee und Kuchen, Boden feucht aufnehmen, Befindlichkeit checken, Tablettenrunde 3, Abendbrot, Begrüssung Nacht-Schwester. Der Tag ist durchgetaktet und manchmal mühsam, wenn man einfach nur in Ruhe vor sich hin vegetieren oder einfach nur schlafen möchte. Eine weitere kleine Drainage verabschiedete sich heute. Aufstehen war aber immernoch schwierig, denn der Countdown für meinen Kreislauf-Reboot startete mit jedem Anlauf aufs Neue. Sitzen ging, also beschränkte ich mich auch heute noch auf die Bettkante.

Tag 4
Heute verabschiedet sich der Blasenkatheter. Keine grosse Sache, beim Tragen kaum spürbar und das Ziehen wirklich nicht der Rede wert. Der Gang ins Bad ist allerdings kreislaufbedingt noch immer ein wenig tricky: das Waschen musste deshalb zügig ablaufen. Der Brustkorb fühlte sich extrem starr und unflexibel an, und beim Aufrichten machten sich auch partiell stechende Schmerzen verstärkt bemerkbar. Beim Lachen und Husten explodierte förmlich der Brustkorb, ein Schmerz gemischt mit einem inneren, reissenden Gefühl, aber wenn du lachen musst riskierst du halt die Sauerei. Just kidding. ;-P
Eine Freundin hatte mir das Buch eines Comedians für den Krankenhausaufenthalt geschenkt, grossartige Idee.

Tag 5
6:30 Uhr, Licht an,„Guten Morgen, wie haben Sie geschlafen?“ während mir das Thermometer schon halb im Ohr steckte. Das machte mich langsam echt fertig. Aufstehen und laufen klappt aber immer besser, ich wage mich mit meinem Partner raus auf den Flur und wir drehen dort ein paar Runden. Die letzte Drainage bleibt mir leider noch hartnäckig erhalten. Zwischendurch schaut ein schräger aber sympathischer Physiotherapeut vorbei, zeigt Atemübungen und bearbeitet meinen Rücken mit einer heissen Rolle... eine Wohltat.
Leider verabschiedet sich schon heute meine Zimmergenossin von mir, die die OP um einiges besser wegsteckte (es war vom Umfang her bei mir auch der komplexere Eingriff) und bei der der Genesungsprozess wesentlich schneller voran ging. Was zwanzig Jahre Altersunterschied so ausmachen...
Die Dosis der PDA wurde reduziert und zum Auffangen gab es mehr Schmerzmittel in Tablettenform.

Übrigens, nochmals zum Zimmer für Angehörige auf dem Gelände: mein Freund konnte hier leider keine einzige Nacht seit Ankunft richtig schlafen. Es ist ein altes Gebäude, und irgendwann mitten in der Nacht machte die Heizung dort einen riesen Lärm. Dass das irgendwann an die Substanz geht ist nachvollziehbar... die letzten zwei Nächte verbrachte er in einem Hotel ein wenig ausserhalb Ostercappelns. Empfehlenswert ist hier das Hotel Knostmann.

Tag 6
Endlich wurde ich von der letzten Drainage befreit, und auch die PDA verschwand im Laufe des Nachmittags. Bis auf die Antibiotika-Infusion morgens und abends war ich nun endlich frei von Schläuchen. Ein wunderbares Gefühl! Mein Freund und ich, wir drehen unsere gewohnte Runde um das Klinik-Gebäude, kleine Steigungen jagen meinen Puls aber schon rasch in die Höhe, kleine Pausen auf der nächsten Bank in Reichweite waren hilfreich. Den Schmerz hab ich weiterhin, bis auf das partielle Stechen, mit den Tabletten gut unter Kontrolle.

Tag 7 & 8 (Heimfahrt)
Eigentlich war der 7. Tag nurnoch zum Abschätzen der Schmerzbewältigung ohne PDA, und wir hätten auch feiertagbedingt die Klinik eh nicht verlassen können. Dies war dann am Vormittag des Folgetages möglich und wurde auch von der Ã,,rzteschaft der Visite so für okay befunden. Und wir konnten es beide kaum erwarten.
Da mein Partner und ich die Länge des Aufenthalts nicht abschätzen konnten, entschieden wir uns für eine Anreise mit dem Auto aus der Schweiz, so waren wir flexibel. Wie wir mich die knapp 800 km wieder zurück chauffieren hatten wir in der Theorie mit einem Haufen Kissen und in halb liegender Position auf dem Beifahrersitz geplant, und das hat auch mit Hilfe der einen oder anderen Schmerztablette über den Tag recht gut funktioniert.

Die Zeit danach
Den gesamten Oktober war ich zu 100% krankgeschrieben, was auch absolut nötig war. Ich habe noch viel rumgelegen, bin spazieren gegangen und hatte Mühe mich mit meiner Schwächlichkeit zu arrangieren. In den ersten paar Wochen gings auch leider mit den obligatorischen Rückenschmerzen los... oft bin ich schon nachts/früh morgens dank ihnen wach worden. Super eklig. Vier Wochen gemäss Dr. Lützenberg zwingend auf dem Rücken liegend zu schlafen, das war zum Ende hin eine echte Tortur für mich. Nach dieser Frist wagte ich mich darum schon recht schnell wieder an die Seitenlage, die zu Beginn nur in den ersten paar Minuten wirklich angenehm war, aber immerhin. Aus der Klinik erhielt ich zudem noch für die erste Zeit Medikamente auf Opioid-Basis, damit ich schlafen konnte. Hat auch ziemlich gut funktioniert, bis die Rückenschmerzen wieder auf dem Vormarsch waren.
Intensiv ist auchnoch das beengende Gefühl der Bügel in der Anfangszeit, aber das legt sich. Und die Schmerzen... die kommen und gehen, insbesondere in den ersten paar Monaten. Ein hartnäckig stechender Schmerz kann nach ein paar Tagen so schnell wieder gehen wie er gekommen ist. Gebt euch und eurem Körper einfach genügend Zeit: das Ganze ist auch nach der Krankenhauszeit ein stetiger Prozess. Geduld ist das A und O.

Im November startete ich bereits wieder mit einem gemütlichen 40%-Pensum, also vier Halbtagen, in meinem Bürojob, und das hat auch recht gut funktioniert. Anfang November war ich schmerzmittelfrei.

Mitte November gab es einen kleinen Rückfall mit extremer Appetitlosigkeit (das war ohnehin nach der OP noch ein Problem, ich hatte ziemlich an Gewicht verloren) und Schwächegefühl, ich sah aus wie vom „The walking dead“-Set, d.h. ich hatte zwar keine Schmerzen, war aber wirklich zu nix zu gebrauchen. Glücklicherweise hatte ich kurz darauf bereits meinen ersten Nachkontrolltermin, Dr. Lützenberg verschrieb mir Cortison und einen Entzündungshemmer. Das hat gut geholfen und ich war bald wieder einigermassen fit. Und ab jetzt konnte ich quasi auch wieder alles tun, was mein Körper zuliess.

Heute
Die Muskulatur ist gefühlt immernoch im Winterschlaf. Sie war zu den Armen hin extrem stark verkürzt, sodass Gegenstände in Kopfhöhe und darüber hinaus ohne Hilfsmittel quasi nicht erreichbar waren. Das liess sich mit dehnen, z.B. vor dem TV, recht schnell wieder in den Griff kriegen, aber ich fühle mich auch jetzt noch wie ein Pudding und erlebe jedes bewältigte Krafttraining kurz darauf mit fiesen Schmerzen, gerade am oberen Rücken.
Die winterliche Kälte erzeugt manchmal so ein Gefühl des Zusammenschnürens bei mir, und dann knackt es in meinem Brustkorb, manchmal bei jedem Atemzug.
Und auch jetzt noch habe ich mehrmals täglich solche „Schnaufer“, d.h. ich atme unkontrolliert kurz tiefer ein... so als wenn man grad weinen würde, so kurze Einatmer oder Schluchzer. Wisst ihr, wie ich meine?

Achja, und niesen funktioniert irgendwie auch nichtmehr... jeder Ansatz endet als „Rohr-Krepierer“, und die Nieser wollen einfach nicht raus.

Die OP ist jetzt dreieinhalb Monate her, und gerade letzte Woche hatte ich wieder intensiver mit Schmerzen auf Höhe der Stabilisatoren zu kämpfen, inkl. Schmerzmittelgebrauch für die Nacht. Der Schlaf ist in dieser Zeit nicht sehr erholsam und manchmal fühlt man sich nach dem Aufstehen geräderter als beim Hinlegen. Doch von heute auf morgen verändert und bessert sich die Situation dann meist wieder, die Bügel arbeiten halt noch immer sehr intensiv.

Fazit
Zusammenfassend kann ich sagen, dass die Zeit in Ostercappeln wirklich sehr gut verlaufen ist. Ich bin wahnsinnig glücklich mit dem Resultat und fühle mich befreiter und entspannter mit der neuen Brust. Letztens war ich zum ersten Mal schwimmen, das war wunderbar. Ein neues Körpergefühl, an das ich mich auch bis jetzt noch gewöhnen muss, viele alte Muster und Körperhaltungen sind tief in einem verstrickt.
Neue, korrekt sitzende Unterwäsche zu kaufen war übrigens auch so ein Highlight. Bei meinen „zwei Freundinnen“ ist in den letzten Monaten noch viel passiert, sie bekommen mehr Form, das Gewebe passt sich zunehmend an die neue Ausgangslage an und wird weicher. Gemäss Dr. Lützenberg ist es auch hier noch bis zu ein halbes Jahr lang ein stetiger Prozess.

Das Ganze ist nun ein sehr persönlicher Einblick in meinen Werdegang geworden, und ich hoffe, er hilft dem einen oder anderen bei der eigenen Einschätzung, gerade wenn man sich für einen zweiten operativen Anlauf entscheidet. Es ist, wie erwartet, kein Spaziergang, aber für mich persönlich war das ein sehr wichtiger, guter Schritt. Für Fragen bin ich gern offen, einfach melden!

sidewinda323

Hi, wie steht es mit deinen Rippenbögen? Stehen die weit hervor?

Ina

Hi,

Vor der OP, ja, da standen die Rippenbögen weit hervor... jetzt zum Glück nichtmehr. Es ist nicht ganz perfekt, einen Tick wölbt es sich noch nach innen zur Körpermitte, aber das ist wirklich kaum der Rede wert. Ich bin trotzdem sehr glücklich mit dem Ergebnis :)

Ella

Hallo Ina,

Wie war das bei dir mit der Bewegung des Oberkörpers und der Arme nach der op? Ich weis das man die Arme nach einer normalen Brust Vergrößerung nicht heben darf und frage mich wie du zB. aus dem Bett gekommen bist?

Ina

Hallo Ella

Ehrlich gesagt, die Arme konnte ich nach der OP eh nicht grossartig heben, da die Muskulatur, bedingt durch den Muskelversatz, sehr stark verkürzt war. Aus dem Bett geklettert bin ich anfangs mit einer halben, sehr unbeholfenen «Drehung» auf die Seite, um mich dann irgendwie mit den Füssen, am Bettgestell eingehakt, aus dem Bett zu hebeln. :-D Ich glaube, da hat jeder seine eigene Technik... dein Körper interveniert recht schnell, wenn ihm eine Position oder Bewegung nicht passt.

Ich habe noch so einen herrlichen «Oma»-Spitzen-Kompressions-BH getragen nach der OP, sonst musste ich eigentlich nichts Spezielles beachten.

Stromba

Hallo Ina
vielen Dank für Deinen Erfahrungsbericht. Nächste Woche gehts bei mir los die 5 OP und hoffentlich die letzte.

Grüße an alle Leidensgenossinnen und Genossen.
Stromba
1. OP 29 Jahre Ravitch
2. OP 37 Jahre Ravitch mit Netzimlantat
3. OP 43 Jahre MEK n.Hümmer (alte Erlangener Methode)
4. OP 44 Jahre Stabentfernung
5. OP 49 Brustwandkorrektur Ostercappeln

Ina


Stromba

Stromba
1. OP 29 Jahre Ravitch
2. OP 37 Jahre Ravitch mit Netzimlantat
3. OP 43 Jahre MEK n.Hümmer (alte Erlangener Methode)
4. OP 44 Jahre Stabentfernung
5. OP 49 Brustwandkorrektur Ostercappeln

Guts

Hallo Ina,
ich kann es aus deinem Erfahrungsbricht nicht rauslesen.......vlt habe ich es auch überlesen:
Wurden die Kosten ohne weiteren Anstand von deiner KK übernommen?
Was musstest du denen alles auf den Tisch legen, damit die einer OP zugestimmt haben?

Weiterhin gute Genesung und Glückwunsch zur erfolgreichen OP =)

Mfg Guts

Ina

Zitat von: Guts am 27. Februar 2020, 20:40:14
Hallo Ina,
ich kann es aus deinem Erfahrungsbricht nicht rauslesen.......vlt habe ich es auch überlesen:
Wurden die Kosten ohne weiteren Anstand von deiner KK übernommen?
Was musstest du denen alles auf den Tisch legen, damit die einer OP zugestimmt haben?

Weiterhin gute Genesung und Glückwunsch zur erfolgreichen OP =)

Mfg Guts

Hallo Guts

Von «anstandslos» kann keine Rede sein, ich habe es zweimal erfolglos bei der Kasse versucht. Es war halt das Problem, dass ich nur bei Dr. Lützenberg, also im Ausland operieren wollte, da stellt sich hier in der Schweiz halt jede Krankenkasse quer (der Eingriff wäre ja auch «daheim» möglich). Du kämpfst noch? ;-)

Glueck

Hallo,

bei mir steht auch eine Trichterbrust Operation an, streite mich jedoch noch mit der Krankenkasse.
Angenommen man setzt die Brustvergrößerung noch dazu.. ist da eine aufsplittung der Kosten möglich? Also das die Krankenkasse die Trichterbrust zahlt und ich selbst privat die Brust Operation? Was für Kosten kommen da auf einen zu? :-)

Ina

Hallo Kea1990

Ob eine Aufsplittung möglich wäre kann ich dir leider nicht sagen. Von Dr. Lützenberg weiss ich, dass es sich bei den Implantaten um ca. EUR 2'000 beläuft (also EUR 1'000 pro Implantat), das sind reine Materialkosten. Ganz sicher halten sich die zusätzlichen Aufwandskosten niedriger, wenn du das Einsetzen der Implantate mit der Trichterbrust-Korrektur kombinierst. Aber wie gesagt: zum Kosten splitten kann dir ggf. Arzt oder KK näher Feedback geben.

Alles Gute für deine Operation! Und viel Glück mit der Kasse ;)


sidewinda323

@ina

Dein Bereicht lässt mich hoffen das Dr Lützenberg auch bei Rezidivpatienten, wie ich auch einer bin in deinem Alter, ganze Arbeit leistet. Ich habe irgendwie auch Bammel dass das Ergebnis mich nicht zufriedenstellen könnte. Denke aber bin bei ihm in guten Händen.

Ina

Hallo sidewinda323

Ich würde sogar behaupten GERADE als Rezidiv-Patient bist du bei ihm richtig. Das kommt gut, da bin ich sicher! :) Wann geht es los?