Tag 1Am morgen machte mein Blasenkatheter Probleme, weil der Beutel anscheinend nicht voll genug ear. Also haben die Pfleger ihn nochmal neu angelegt. Nach dem Schichtwechsel wurde ich im Bett ein bisschen gewaschen. Da habe ich auch das erste Mal meinen Brustkorb gesehen. Er wirkte sehr fremd durch das andere Aussehen, die Farbe und die Taubheit. Ein Urteil habe ich mir da noch nicht bilden wollen.
Mir fiel auf, dass beim Atmen an der Brust eine Stelle regelmäßig knackte. Es war supernervig, auch weil das vorher nicht da war. Zum Glück ist das in den kommenten Monaten aber verschwunden.
Im Laufe des Tages kam die Physiotherapeutin. Eine andere als die Erste. Ich sollte mich aufsetzen. Da ist mir das erste Mal aufgefallen, dass ich an den Seiten ja noch insgesamt 4 Schläuche drin hatte. Ja, da erst. Man spürt und sieht sie halt nicht. Nach dem Aufsetzen wurde mir sofort schwindelig und ich legte mich wieder hin.
An diesem Tag müssten auch mehrere Ärzte inklusive der Netten mal da gewesen sein.
In dieser Nacht habe ich mich wegen den Medikamenten auch übergeben. Zum Glück blieb es bei dem einen Mal.
Tag 2Am Freitag bin ich eine kleine Runde im Flur gelaufen. Mit Rollator natürlich. Eventuell war ich auch nochmal ein zweites Mal für 5 Minuten. Ich war auch zum ersten Mal im Bad zum Waschen. Wobei so richtig waschen nicht ging. Ich hatte zu viel Angst meinen Brustkorb auch nur zu berühren und an den Seiten waren die Schläuche.
Ich weiß nicht, ob das an dem Tag war, aber es kam über die Woche hinweg immer mal wieder eine Ärztin vorbei, die mir sagte, dass ich die Atemübungen machen sollte. Diese machte ich zwar, allerdings mangels Ausdauer und Kraft bei weitem nicht so oft und stark wie gewollt. Ich erreichte meine Bestleistungen eigentlich immer nur, wenn mich dabei jemand beobachtet hat. "Alle 3 müssen oben sein! Noch 5 mal!" Ich habe sie nicht gemocht und hier im Forum wurde sich schonmal negativ über eine Ärztin auf der Intensiv geäußert. Kann mir gut vorstellen, wer das ist

An die Schmerzen erinnere ich mich mehr im Detail. Irgendwann hatte ich mal ein starkes Kribbeln in der Brust. Mit den Schmerzen hat es sich aber immer gleich verhalten: Sie tauchen auf und man denkt, dass man stirbt. Doch dann nehmen sie ab und irgendwann sind sie komplett weg. Dann taucht ein neuer Schmerz auf und immer so weiter.
Am Freitag meinte auch die Frau, die immer das Essen brachte, dass sie erst am Montag wiederkommt und wir uns nicht mehr sehen werden. Ich dachte mir, wer ist diese Frau. Klingt hart, aber ich wusste es wirklich nicht. Man sieht so viele Gesichter und kann sich kaum welche merken. Aber im Nachhinein war die Essensfrau immer sehr nett gewesen und super glücklich, wenn ich ein bisschen gegessen hatte. Ich hatte allgemein keinen Hunger. 7 Uhr Frühstück und wenn ich gerade so fertig war, kam schon das Mittagessen. Und dann das Abendessen. Essen war anstrengend und zeitintensiv, weswegen ich wenig Atemübungen machte. Auch musste ich mal zum Röntgen, wo mich die Pflegerin sogar persönlich im Rollstuhl hinbrachte. Sehr nett. Am Abend kam der Arzt und stellte an den Geräten den Druck neu ein. Da waren die Schmerzen gerade erträglich und dann lässt er meinen Brustkorb zusammenziehen und es fängt wieder von vorne an.
Tag 3An diesem Tag müsste eine neue Physiotherapeutin gekommen sein, die erstmal fassungslos annahm, dass ich am Tag zuvor operiert wurde und SCHON auf den Beinen war. Aber sie war nett. Kräftig Atemübungen und das war's.
Ich war 30 Minuten auf dem Gang, während die Pfleger über Ariane Grande diskutierten. "Das sind die überforderten Pflegekräfte" dachte ich mir. Auch wurde ich an dem Tag noch einmal geröntgt. Dieses Mal wurde ich per Schiebe-Express dorthin gebracht und lag dann locker 45 Minuten im Gang herum, während auch Besucher an mir vorbeiliefen.
Das Aufstehen war übrigens immer noch sehr schlimm, weil ich in der Mitte zwischen Bauchnaben und Brust auf der linken einen sehr ziehenden Schmerz hatte, der sich dann immer meldete. Dass ich also nochmal röntgen und meinen Brustkorb an das Gerät pressen muss, fand ich nicht gut.
Ich glaube, dass an diesem Tag eines der beiden Geräte entfernt wurde. Ein Schlauch weniger.
Tag 4Im Vorfeld hieß es, dass ich am Sonntag auf die Kinderstation wechseln würde. Das wäre nun soweit. Das letzte Gerät wurde entfernt sowie der Schmerzkatheter. Das hat sich sofort bemerkbar gemacht, denn innerhalb von 15 Minuten wurden die Schmerzen unerträglich, sodass ich doch nochmal etwas vom warmen Wohlfühl-Scherzmittel bekam. Kurz vor der Verlegung bemerkte die Pflegerin, die super nett war (bisschen breiter, kaum Haare), dass der Schlauch nicht richtig offen war, wodurch das Schmerzmittel nicht richtig floss. Naja, es trotzdem gut geholfen. Der Blasenkatheter wurde auch entfernt und ab dann war ich abholbereit. Weil Sonntag war und offenbar nur eine Rumschieberin gerade arbeitete, hat es aber länger gedauert als gedacht.
Auf der Kinderstation hatte ich erstmal Angst, weil man erwartete, dass ich nun selbstständig aufstehe und mobil bin, aber das ja immer noch sehr weh tat. Auch ist es eine große Umgewöhnung, nachdem alles für einen gemacht wurde.
Es kam noch eine von den Physiotherapeutinnen vorbei (nicht die, die mir die Geräte brachte, sondern eine jüngere) und sagte, dass ich ab morgen Gruppensitzungen mit den anderen beiden haben werden. Cool. Ich freute mich.
Auch stellte sich ein sehr engagierte Pfleger vor, der zwar merkwürdig war beim ersten Kennenlernen, aber ich war immer froh, wenn er Schicht hatte.
Der Rest der KinderstationDen Rest fasse ich mal zusammen, weil nicht mehr allzu viel passierte und ich es nicht genau den Tagen zuordnen kann.
Die Physio war cool. Es fing an mit Arme heben, irgendwann auf den Bauch legen und Arme dabei anheben. Atemübungen natürlich auch. Radfahren ebenso. Es war sehr schön, noch andere kennenzulernen, die in der gleichen Situation waren. Man konnte sich einfach sehr gut verstehen, wenn man im Schneckentempo über den Flur lief oder Aufstehen ein Ding der Unmöglichkeit ist.
In mein Zimmer kamen im Laufe der Woche noch zwei weitere. Einer bekam den Bügel rein, der andere ihn raus.
Am Montag wurden mir die letzten Drainagen entfernt. Endlich schlauchfrei!
Auf der Kinderstation habe ich auch zum ersten Mal meinen Körper betrachtet. Nun. Ich war entsetzt. Mein Brustkorb war gefühlt sehr weit hinten, sodass die Rippenbögen hevorstanden. Es sah aus als hätte ich eine Trichterbrust. Die Narben waren größer als ich annahm. Dazu die Taubheit, die auch bis heute nicht vollständig weg ist. Sehr negativ, aber der Eindruck wurde besser. Womöglich ist die ganze Muskulatur quasi zusammengeschrumpft gewesen und durch die Kurzatmigkeit verstärkt das Gefühl natürlich noch, weil man den Brustkorb nicht ausdehnt.
Irgendwann wurden die Fäden gezogen.
Ab und zu musste ich zum Ultraschall, um mein Pleura zu prüfen. Leider ging er auf einer Seite einfach nicht weg, sodass punktiert wurde.
Das wurde von der netten Ärztin vom Anfang durchgeführt. Da die Punktion eine OP ist, musste ich auch hier wieder aufgeklärt und in OP-Kleidung abgeführt werden. Eine Nakose gab es aber nicht. Die Ärztin unterhielt sich freundlich, während sie gerade das Zeug raussaugte. Es stellte sich heraus, dass sie mal in der Vergangenheit im meinen Ort gewesen ist (zur Erinnerung: Ich wohne 6 Stunden mit den Zug entfernt eher ländlich). Die Punktion an sich war sehr unangenehm, aber wie schon bei der OP-Vorbereitung bin ich gut im Ertragen. Zum Glück hat sie auch die gewünschten Ergebnisse gebracht.
Schmerzen waren dann auch überraschend gering. Bei der täglichen 1 bis 10 Frage war ich immer bei 2 oder 3.
An sich lief also alles gut und ich konnte am Freitag (Tag 9) wieder heim. Ich sollte zu Hause aber unbedingt zu einer Nachbehandlung gehen, um den Pleura zu prüfen.
Krankenahaus bis jetztAm Wochenende nach der Entlassung wurden die Schmerzen wieder stärker, vermutlich weil ich mich insgesamt viel mehr bewegte als im Krankenhaus, wo ich die meiste Zeit im Bett lag.
Ich habe früh versucht mich zu bewegen. Zunächst noch eben im Haus, danach um das Grundstück herum. Zwei(?) Wochen danach fing ich mit spazieren an. Ich wohne an einem Berg und nach 10 Sekunden bergauf laufen wäre ich fast kollabiert. Der ganze Körper dreht bzw. reibt sich. Extrem anstrengend, aber es hat super geholfen. Ich war alle zwei Tage für ein paar Minuten am Berg spazieren und habe jedes Mal die Fortschritte gemerkt. Hätte ich das nicht gemacht, wäre es niemals besser geworden.
Die Nachbehandlung hat auch kein weiteres Pleura gezeigt, dafür Eisen-Mangel. Habe also ein paar Monate Eisentabletten genommen.
Bezüglich der Schmerzmittel habe ich früh beschlossen, wie ich sie konstant absetzen will. Pro Tag wurden mir 3x Ibu, 3x Nova und 1x Panto verschrieben, wobei letzteres für den Magen ist. Alle zwei Tage habe ich eine der 6 Tabletten um die Hälfte reduziert, sodass ich Anfang/Mittel April keine Schmerzmittel mehr nahm.
Im Sommer darauf war ich ab und zu schwimmen. Im Herbst fing ich wieder mit leichtem Sport an. Die Aussage der Physiotherapeutin, dass ich nach 8 Wochen im Prinzip wieder alles machen kann, ist also maßlos übertrieben gewesen.
Die Bandage trug ich nach 8 Wochen nicht mehr. Das war sehr ungewohnt. Man fühlt sich nackt und die Schmerzen werden einem stärker bewusst, wodurch man erstmal einen Rückschlag hat, aber auch das legt sich wie immer nach wenigen Tagen wieder.
Die Atemübungen habe ich so gut wie gar nicht mehr gemacht. 1 Jahr nach der OP habe ich mal geguckt und erreichte die gleichen Werte wie vorher. Anscheinend hat das (zügige) Spazieren ausgereicht.
Husten ging ein paar Monaten später wieder schmerzfrei, Niesen ist manchmal heute noch unangenehm.
Ich hatte ja von dem Schmerz zwischen Bauchnabel und Brust geredet. 1 Jahr nach der OP hatte ich random den gleichen Schmerz auf der anderen Seite. Bin mitten in der Nacht aufgewacht, weil ich plötzlich Schmerzen hatte. Es hat sich definitiv an der Stelle etwas verändert, weil sie sich anders anfühlte danach. Nach 2 Monaten merkte ich davon aber nichts mehr, hat also etwa gleich lange wie beim ersten Schmerz gedauert.
Im Sommer darauf hatte ich etwas Schmerzen an der Stelle, wo der Bügel endet und vermutlich festgemacht ist. Also mehr oder weniger unter den Armen. Auch das legte sich wieder.
Seitdem hatte ich keine Beschwerden mehr. Insgesamt würde ich das wieder machen. Zwar ist eine Stelle vom Kiel immer noch gut sichtbar - zumindest aus der Vogelperspektive - das müsste aber mit etwas Sport gehen.
Allgemein wäre noch zu sagen, dass sich die Muskulatur nach der OP an der Brust und dem Bauch etwas verändert hat, was sich leider beim Sport bemerkbar macht. Sit-Ups oder Crunches sind für mich quasi unmöglich momentan. Ich hoffe, dass sie das bei der 2. OP wieder korrigieren können.
Auch möchte ich noch etwas zu Corona schreiben. Mein Krankenhausaufenthalt war ziemlich genau dann, als es mit Corona richtig Fahrt aufnahm. Eine Woche später und die OP wäre vermutlich verschoben worden. Wir haben die Maskenknappheit gespürt (die Intensiv-Ärztin beklagte, dass sie ihr Leben mit uns Patienten riskieren würde) und es wurde Desinfektionsmittel aus dem Krankenhaus gestohlen, sodass es auf den Stationen entweder keins mehr gab oder festgeklebt wurde. Außerdem waren keine Bandagen mehr da, sodass ich keine an hatte, während die andere gewaschen wurde. Keine Ahnung, ob das was damit zu tun hatte. Bezogen auf die Erholung war es natürlich einerseits ideal, dass Lockdown war, andererseits hat die OP mit Corona mich sehr aus dem Alltag herausgerissen, sodass mir eine gewisse Alltagsroutine fehlte nach der Entlassung.