Trichterbrust OP - Dr.Lützenberg - Ostercappeln Juni 2025

Begonnen von Ü50, 25. Oktober 2025, 16:39:31

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Ü50

Hallo TB-Forum,

auch wenn vieles in anderen Berichten schon ausfühlich erwähnt wurde, möchte ich trotzdem
meine TB-Op Erfahrung mit euch teilen, da ich zu den etwas älteren Semestern gehöre ;)

Eckdaten:

Alter: 57 Jahre (m)

Diagnose: Massive ventrale Brustwanddeformität (Pectus excavatum), Haller-Index 8,6. Dyspnoe, Leistungseinschränkung

Therapie:
Kombinierte Operation nach Nuss und Ravitch unter Verwendung von 2 Pectus Bar.
Part. Sternumquerresektion, Rippenknorpelresektion C3-7 bds., Rippenbogenkorrektur offen bds.


Bzgl. der Frage warum ich mich so spät zu der TB-OP entschieden habe, kann ich nur sagen, dass ich immer grossen Respekt vor der OP und bis Anfang 50 auch keine grösseren gesundheitlichen Probleme mit meiner TB hatte. Natürlich war eine gewisse Leistungseinschränkung bei sportlichen Tätigkeiten immer vorhanden, aber das war man ja schon von kleinauf gewohnt.
Ansonsten hatte ich aber weder größere Atemnotprobleme, noch Herz-rasen/-stolpern, etc. Optisch ist das Loch in der Brust natürlich kein Hingucker, aber das hat mich mehr in meiner Kindheit/Jugend, als im Alter gestört.

Die Situation hat sich dann in meinen frühen 50er Jahren drastisch verändert. Über einen Zeitraum von 4-5 Jahren setzte ein erheblicher Leistungsknick ein.
Laufen oder Radfahren auf leicht bergigen Strecken wurde zur Quälerei und beim Treppensteigen war ich nach 3 Stockwerken ordentlich am pumpen. Ich habe mich dann erstmal beim Lungenarzt und Kardiologen durchchecken lassen (Spiroergometrie, Lungenfunktionstest, etc.). Alles ohne grösseren Befund - bis auf den Hinweis, dass meine TB zu einer generellen Leistungseinschränkung beiträgt. Also keine neuen Erkentnisse. Eine klare Empfehlung zur TB-OP hat keiner der Fachärzte ausgesprochen.

Parallel dazu habe ich mir auch eine Saugglocke zugelegt, die ich mehrere Stunden pro Tag über einen Zeitraum von ca. 5 Jahren trug. Während der
Corona-Zeit im Home-Office ging das auch problemlos. Ansonsten, bedarf das Tragen schon einer gewissen Disziplin.
Bzgl. meines Leistungsniveaus brachte die Saugglocke keine Verbesserung. Rein optisch war eine Verringerung der Trichterbrusttiefe von ca. 2cm messbar (wiederholte Stabmessungen am tiefsten Punkt im ein-/ausgeatmeten Zustand). Diese wurde aber wahrscheinlich durch ein Anschwellen der Haut bzw. des darunterliegenden Bindegewebes durch das lange Tragen der Saugglocke verursacht? In Röntgen/CT-Aufnahmen vor der Saugglockenbehandlung und 5 Jahre später, konnte man aber keine signifikanten Veränderungen am Brustkorb feststellen. Die gravierenden Fehlstellungen des Brustbeins und der Rippenknorpel konnte die Saugglocke nicht verbessern. Im Nachhinein wundert mich das auch nicht.

Ende 2024 habe ich mich dann intensiver mit dem OP Thema beschäftigt und in einer ortsnahen Thoraxklinik nochmal gründlich untersuchen lassen (Konstrasmittel-CT, weitere Lungenfunktionstests, etc.). Dort bekam ich auch erstmalig eine Empfehlung die TB operieren zu lassen. Ohne OP bestand das Risiko weiterer körperlicher Einschränkungen bzw. Lungen- oder Herzfunktionsstörungen im fortschreitenden Alter. Basierend auf der Empfehlung hat meine Krankenkasse die Kostenübernahme für die OP auch bewilligt.

Damit war für mich letztendlich klar, dass ich mit der OP nicht mehr länger warten sollte. Lieber eine geplante OP bei einem Spezialisten, als eine notfallmässige OP in einer x-beliebigen Thoraxklinik, die wenig Erfahrung mit TB OP-Verfahren hat, falls ernsthafte Probleme aufgetreten wären.

Ich habe mich mit den gesammelten Befunden bei Dr. Lützenberg in Ostercappeln vorgestellt und auch von ihm eine klare OP-Empfehlung erhalten.
Wie andere Forumsteilnehmer schon berichtet haben, hat sich Dr. Lützenberg sehr viel Zeit genommen, und mich ausführlich beraten. Ich fühlte mich dort so gut aufgehoben, dass ich direkt einen OP-Termin für Juni 2025 vereinbart habe.

OP/Heilungsverlauf:

Die OP war ein ordentliches Brett (ca. 5 Stunden) und die ersten Tage und Wochen waren dementsprechend anstrengend. Aber das Ergebnis ist unglaublich! Der Bruskorb sieht aus, als ob es nie eine TB gegeben hat.

Hinweis: Vor der OP müssen Brust und Achseln rasiert sein.

Woche 1-4:
Die ersten 3 Tage sind bei allen TB-Patienten extrem hart, das war bei mir auch nicht anders. Das Pflegepersonal und der Physiotherapeut auf Station 5 haben mich aber hervorragend unterstützt, um wieder auf die Beine zu kommen. Nachdem am 4. Tag alle Drainagen gezogen waren, konnte ich auf dem Flur und im Treppenhaus langsam hin- und her laufen.

Nach 10 Tagen wurde ich mit einem leichten, aber stabilen Pleuraerguss bds. entlassen. Ausserdem war der Brustbereich komplett taub.

Die Fahrt nach Hause war anstrengend und es ging manchmal nur halb liegend, um den Druckschmerz in der Brust zu verringern. Die ersten Wochen zu Hause ist man auf Hilfe angewiesen. Alleine kann man den Alltag/Haushalt kaum bzw. nur unter grossen Anstrengungen und mit vielen Pausen bewältigen. Die meiste Zeit verbrachte ich liegend im Bett. Bei jedem tiefen Atemzug knackt und knarrt es in der Brust und Rücken. Das ist etwas unangenehm, legt sich aber nach ca. 5-6 Wochen.

Ich versuchte täglich spazieren zu gehen (2-4km). Es gab Tage, an denen mein Kreislauf zu instabil war und ich nur ein paar Meter laufen konnte. Dann fiel der Spaziergang halt ins Wasser. Generell konnte ich nur im Schneckentempo gehen. Selbständig mit Bus/Bahn von Ostercappeln nach Hause zu fahren, wäre für mich innerhalb der ersten 4 Wochen kaum möglich gewesen.
Atemübungen mit dem Respipro Atemtrainer (3-Kammern mit 3 Kugeln) habe ich mehrfach täglich gemacht. Die 3. Kugel bewegte sich keinen Millimeter und meine Atemleistung war noch weit entfernt vom Vor-Op Zustand.

Medikation:
Celecoxib 200mg 1-0-1
Hydromorphon retard 2mg 1-0-1
Pantropratzol 20mg 1-0-0
Paracetamol 500mg / Hydromorphon 2,6 mg akut (nach Bedarf)

Am 11. Tag habe ich die Hydromorphondosis halbiert, und 2 Tage lang mit gewissen Entzugserscheinungen zu kämpfen (grippeähnliche Symptome mit Schüttelfrost, Kopfschmerz, etc.). Nach 24 Tagen konnte ich das Hydromorphon komplett absetzten und die Schmerzen mit Celecoxib und Paracetamol (bei Bedarf) in Schach halten.

Nach "längerem" Stehen/Sitzen (1-2 Std.) wurde der Druckschmerz in der Brust unerträglich; im Liegen dagegen war er gut auzuhalten. Zum Glück war das Hinlegen/Aufstehen aus der Horizontalen für mich kein Problem, da ich vor der OP regelmässig Krafttraining betrieben habe (inklusive Bauch und Rücken) und somit genug Körperspannung hatte, um den Oberkörper beim hochziehen über das Knie nicht einknicken zu lassen. Man sollte auf jedenfall lange vor der OP seine Muskeln trainieren, sonst ist das Aufstehen/Hinlegen ohne Hilfe problematisch. Man verliert während des anstrengenden Heilungsverlaufes sowieso einiges an Fett und Muskelmasse. Ein bisschen mehr davon schadet also nicht.

Woche 5-8:
Die Spaziergänge wurden länger (4-7km) und das Schritt-Tempo schneller. Die Lungenleistung verbesserte sich auch langsam. Zumindest konnte ich schon etwas tiefer luftholen und die 3. Kugel im Respipro Atemtrainer bewegte sich langsam mit. Lange Steigungen sowie Treppensteigen waren nach wie vor eine Herausforderung. Nach 3 Stockwerken war meistens eine Pause fällig.

Der Druckschmerz in der Brust war immer noch sehr präsent. Ab Woche 7 bin ich wieder Auto gefahren, aber nur kurze Strecken und nur wenn es nicht zu vermeiden war.
Der Gurt drückt ziemlich unangenehm, wenn man ihn nicht abpolstert und man sitzt wie ein steifes Brett hinterm Lenkrad. Alles in allem ist das Autofahren ziemlich unangenehm.

Medikation:
Celecoxib 200mg 1-0-1
Pantropratzol 20mg 1-0-0
Paracetamol 500mg (nach Bedarf)

Ab Tag 49 habe ich die abendliche Dosis Celecoxib weggelassen.

Woche 9-12:

Ab der 9. Woche liess der Druckschmerz in der Brust etwas nach. Längeres Stehen oder Sitzen (3-4 Std. am Stück) war kein Problem mehr. Beim Atmen hatte ich aber noch das Gefühl, als ob die Lunge in einem Käfig eingesperrt ist.

Ab Tag 60 war es möglich die Schmerzmittel komplett abzusetzen.

Zum Kontrolltermin in Woche 10 konnte ich die 300km nach Georgsmarienhütte (Franziskus-Hospital Harderberg) selbst mit dem Auto bewältigen. Die Stäbe lagen noch perfekt und das Brustbein war gut verheilt. Anstrengendere Übungen zum Aufbau der Brustmuskulatur (z.B. Liegestützen), waren aber noch nicht möglich. Joggen als Ausdauertraining war auch noch zu schmerzhaft. Daher nur Dehn- und leichtere Bewegungsübungen.

Ab Woche 11 habe ich wieder angefangen zu arbeiten. Erstmal im Home-Office am Schreibtisch. Das funktionierte einigermassen, wenn auch mit vielen Bewegungspausen zwischendurch. Körperlich anstrengende Arbeiten wären zu diesem Zeitpunkt noch nicht möglich gewesen.

Nach 12 Wochen ist das Taubheitsgefühl im Brustbereich fast vollständig verschwunden. Man muss viel Geduld mit dem Heilungsverlauf haben. Signifikante und dauerhafte Fortschritte konnte ich im 2 Wochen Rhytmus feststellen. Man darf sich auch nicht verrückt machen, dass zwischendurch mal kleinere Beulen an den Rippen (nahe der Bügelbefestigungen) oder Misempfindungen auftreten (z.B. das Gefühl, dass sich die Bügel verschoben haben). Der Brustkorb verändert sich ja auf Grund der Nuss-Zahnspange und Bewegungsübungen laufend. Die Phänomene legen sich mit der Zeit. Ausserdem sind die Bügel nach 2-3 Monaten auch bombenfest eingewachsen. 
Im Zweifelsfall kann man natürlich jederzeit Dr. Lützenberg kontaktieren.
 
Auf der Seite schlafen wäre jetzt auch wieder möglich gewesen. Nur war das für die Schultern ziemlich unbequem und die Bügelenden drückten auch noch deutlich.

Woche 13-16
Nach 3 Monaten ist immer noch ein deutliches Druckgefühl in der Brust zu spüren. Aber zumindest kann ich mittlerweile den ganzen Tag ohne Liegepause durchhalten. Ich mache weiterhin tägliche Spaziergänge, Dehnübungen und leichtes Muskelaufbautraining. Liegestütze funktionieren mittlerweile auch wieder. Nach den Übungen schmerzt die Brust leicht, und der Druck der Bügel ist ordentlich zu spüren. Ab Woche 16. habe ich das Training weiter intensiviert und auch wieder mit dem Joggen als Ausdauertraining angefangen. Das Auf und Ab des Brustkorbs fühlt sich etwas seltsam an, aber man gewöhnt sich daran.

Bis ich die Bügel nicht mehr spüre und der Druck auf der Brust komplett weg ist, muss ich wohl noch etwas länger durchhalten. Nach 4 Monaten war das zumindest noch nicht der Fall. Die Atemleistung hat sich aber schon deutlich gebessert.