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Allgemeines => Erfahrungsberichte => Thema gestartet von: albatros am 13. Oktober 2020, 14:46:40

Titel: Erfahrungsbericht, August 2020, OP nach Nuss, Helios Klinikum Buch
Beitrag von: albatros am 13. Oktober 2020, 14:46:40
Ich habe mich für diesen Bericht an keinem Bericht hier orientiert, sondern frei Schnauze geschrieben, was ich Freunden hierzu schreiben wollte. Daher ist es auch etwas persönlicher.

Fakten zu mir: 28, männlich

"03. August. Aufnahme in das Helios Klinikum Buch. Aufgrund der vielen Befunde, welche ich für die Krankenkasse einreichen musste, um die Kostenzusage zu erhalten, waren nur wenige Befunde notwendig. Darunter eine Echokardiographie, die tatsächlich weh tat und eine Stunde dauerte und natürlich eine Blutentnahme. Ob weitere Untersuchungen notwendig waren, weiß ich nicht mehr. Es erfolgte das Anästhesiegespräch, bei welchem ich erfuhr, dass ich eine Periduralanästhesie erhalte und mir ein Schmerzkatheter gelegt wird, mit welchem ich mir Schmerzmittel zuführen kann und welcher regelmäßig dieses pumpt. Ich erfuhr, dass mich nicht der Arzt operieren würde, zu welchem ich in die Sprechstunde ging und aufgrund dessen ich überhaupt in dieser Klinik war (Prof. Schaarschmidt), sondern eine Ã,,rztin, welche annahm, dass 2 oder mehr Metallbügel eingesetzt werden müssten. Später (am nächsten Morgen?) kamen beide, diskutierten kurz, wie sie die Metallbügel einsetzen würden (höher und tiefer, als üblich) und dass es an der Zahl wohl zwei werden würden. Ich erfuhr, dass ich gar nicht auf der Kinderstation verbleiben würde, sondern circa 2-3 Tage auf der Intensivstation postoperativ betreut werden würde. Eine unangenehme Schwester gab mir einen Beutel und wies mich an, eine Inventarliste zu erstellen mit den Dingen, welche ich mit runter nehmen würde. Von den vielen eingepackten Dingen war das einzige, was ich in den darauf folgenden Tagen auf der Intensivstation nutzen konnte und wollte meine Waschtasche.

Am 04. August war die OP. Ich erhielt vor dem Runterfahren eine Beruhigungstablette, glaube ich. Ein Anästhesist stach mir eine Flexüle in die Hand. Es klappte nicht, es musste nochmal gestochen werden. Die zweite Flexüle wurde mir in den Hals gestochen, als ich bereits bewusstlos war. An die Gespräche, das Einleiten der Narkose, das Aufsetzen der Atemmaske kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich wachte nach 18 Uhr in einem Raum auf der Intensivstation auf. Die folgenden Ausführungen werden sicher lückenhaft, weil ich mich aufgrund meiner Kondition oder der Schmerzmittel nicht gut erinnern kann. Zwischen meinen Rippen steckten auf beiden Seiten fingerbreite Schläuche. Pro Seite zwei. Durch sie floss eine blutige Flüssigkeit in Kanister. Außerdem hatte ich einen Blasenkatheter. Natürlich hatte ich Schmerzen. Ich erhielt starke Schmerzmittel, Opiate, und der Katheter in meinem Rücken gab alle paar Minuten Flüssigkeit ab, die in meinen anatomisch fragwürdig Wirbelkanal(?) floss. Das konnte ich spüren. Nachts lag ich mitunter stundenlang wach und hatte immense Schmerzen und Atemprobleme. Nicht immer halfen die Schmerzmittel ausreichend. In einer Nacht wurden mir drei Schmerzmittel, inklusive Morphium, gespritzt und es wurde kaum besser. Es dauerte vier Tage und zwei Untersuchungen durch zwei Ã,,rztinnen, das festgestellt wurde, dass, aufgrund der Position der Bügel (wie ich sagte, wurden sie höher und tiefer eingesetzt, als üblich), der Bereich dazwischen zwar betäubt war, aber eben auch betroffene Stellen nicht betäubt waren. Bei der OP wurde übrigens der Brustmuskel abgetrennt und mit dem Bügelende vernäht und wieder angenäht, so, wie ich das verstanden habe. Aufgrund der umfassenden Schmerzen, auch im Schulterbereich, nahm ich an, es wurden mehr Muskeln aufgetrennt und neu vernäht. Die Drainage rechts lag wohl so ungünstig, dass ich mit jeder Einatmung einen stechenden Schmerz unter der Schulter hatte.

Ich wurde angehalten, so schnell wie möglich wieder auf die Beine zu kommen. Schon am zweiten Tag der OP. Ich probierte, auf der Bettkante zu sitzen für die Waschung. Es endete in Ãœbelkeit. Der Pfleger war nicht schnell genug darin, mir etwas dagegen zu holen. Ich erbrach mich eine Tüte. Danach ging es mir besser. Generell waren alle nächsten Tage von Ãœbelkeit begleitet, was sicher an meinen Kreislauf/Blutdruckproblemen und den Schmerzmitteln lag. In der nächsten Zeit gewann ich den Eindruck, nie wieder das Bett verlassen zu können. Ich weiß nicht wann, aber irgendwann konnte ich das Bett verlassen und habe erstmal geweint vor Freude. Das war vielleicht am übernächsten Tag. Insgesamt lag ich 6 Tage auf dieser Station. Eine Physiotherapeutin kam täglich und beschäftigte sich mit mir eine halbe Stunde. Ich fand sie sehr sympathisch und konnte mit ihr gut über die Situation (vor allem aber auch eine sehr unfreundliche Stationsärztin) reden. Sie brachte auch mal die Logopädin vor Ort mit, mit der ich mich etwas austauschte. Sowohl der Physiotherapeutin, als auch dem Pfleger, bereitete mein Zustand, als ich mich das erste Mal aufrichtete, Sorgen. Mein Puls schoss sofort auf 170(?), ich wurde kreidebleich, sie legten mich sofort wieder hin und lagerten die Beine hoch. Ich war desorientiert und panisch. Mein Blutdruck? Sollte den Ã,,rzten vor Ort noch etwas Probleme bereiten, und ein paar Kaliumzugaben und Infusionen später war ich gut zu Fuß. Ich sollte stündlich mit drei Atemtrainern trainieren, was übrigens das Programm der nächsten 6 â€" 8 Wochen wurde. Ich war hoch motiviert, übte beständig, machte meine Bewegungsübungen. Ich lief auf der Station viel herum, damit das Wundsekret aus meinem Brustkorb gelangte. Keinen einzigen dieser Tage trug ich Wäsche; nur regelmäßig gewechselte OP Hemden. Und so schritt ich, mit Rollator, Blasenkatheterbeutel und Drainagebatterien durch den maximal 100 Gang, hin und her. Der Katheter im Rücken machte dabei ständig piepende Töne, was der leichtesten Behinderung seiner Arbeit geschuldet war. An diesem Ding verzweifelten regelmäßig Pflegefachkräfte, was mich doch sehr verwunderte bei einer Routine-OP für diese Klinik. Ich schweige mich mal zur Verpflegung, zur Situation auf der Station, dem Schlafmangel, dem Umgang und weiteren Strapazen und Schmerzen aus und gehe weiter im Geschehen.

Auf der Kinderstation... was war da eigtl. Ich weiß es schon gar nicht mehr. Zumindest besseres Essensangebot. Nach meiner Entlassung folgten wöchentliche Kontrollen. Die Fahrten dahin unternahm ich per uber, cambio und Taxi. Da kommt was zusammen und ich weiß immernoch nicht, wieviel die Krankenkasse mir noch erstatten wird (zuletzt war es eben nur ein Teil). Es waren sicher 6-8 Untersuchungstermine. Jedes Mal warten, Ultraschall, Pleuraergüsse. Vier Mal wurde ich punktiert. Das heißt, vier Mal saß ich mit dem Rücken über eine Stange gelengt vor einem Arzt, einer Ã,,rztin und einer assistierenden Person. Pro Körperseite erhielt ich per Nadel eine oberflächliche und eine zweite tiefere Betäubung zwischen die Rippen. Anschließend wurde eine dicke Nadel in meinen Brustkorb in den Pleuraraum geschoben, der Erguss abgelassen oder durch Unterdruck (gegen Ende) heraus gezogen. Das erste Mal war ein Spaziergang, auch, wenn sich die Stellen nachher wie richtig fiese Wespenstiche anfühlten. Zweimal wurden beide Seiten punktiert, zweimal nur rechts. Die letzte Punktion war höchst traumatisch. Der Arzt erwischte die Knochenhaut und bewegte die Nadel auf dieser hin und her. So eine Punktion dauert pro Seite 10-15 Minuten. Es war extrem schmerzhaft. Ich bekam Schweißausbrüche, stöhnte, gegen Ende hin versuchte ich noch mit einem flehenden, verhauchten „Bitte...“ ein Ende einzuleiten. Die Punktion wurde beendet und dabei fast der gesamte Erguss raus geholt. Allerdings auch sicher die Lunge verletzt â€" eine permanente Gefahr â€" da ich hörte, dass Luftblasen im Punktat seien. In Reaktion auf die Behandlung brach ich auf der Liege zusammen, dissoziierte, hatte schwer zu kontrollierende Zuckungen und weinte 1-1 ½ Stunden unkontrollierbar.

Erwähnenswert bleiben sollte auch, dass nicht absehbar war, wie oft und wie lange ich Pleuraergüsse haben werden würde und dementsprechend wie oft und wie lange punktiert werden müsste. Um diese zu behandeln, half eigentlich nur Atemtherapie und Bewegung. Man kann sich also denken, dass ich jeden Tag mindestens einmal spazieren ging und stündlich mein Atemtraining machen. Und dennoch wuchsen die Ergüsse und es musste punktiert werden. Es war wie ein Kampf gegen Windmühlen ohne Aussicht auf Besserung. Zudem wurde ab einer Stelle vermutet, dass die Ergüsse in einer Bakterienbesiedelung verortet werden kann, durch ein Bakterium, dass entweder durch die Bügeleinsetzung oder durch die Punktionen selbst in meinen Körper gelang. Zuerst wurden im Kontext der Ergüsse eine Pleurodese im Kontext einer Thoraskopie diskutiert (wer wissen will, was das ist, und vor allem, wie schmerzhaft das auch noch geworden wäre, kann dazu im Internet viel lesen). Also einer chemisch-induzierten Verklebung der Pleurablätter durch eine hervorgerufene Entzündungsreaktion. Später wurde eine einwöchige Antibiose Dauerthema. Mein Leben bestand in diesem Zeitraum nur noch aus Schmerz (ich nahm mindestens 6 Wochen lang täglich 6 Schmerztabletten), Sorge und Angst, Recherchen zu weiteren Behandlungsansätzen für Pleuraergüsse und deren Ursachen und womöglicher Behandlungen bakterieller Besiedelungen. Mittlerweile ist der Pleuraerguss rechts fast verschwunden (letzte Woche wurde er nochmal größer, nach einem Abend mit Wein?). Die Fluktuationen in Anbetracht seiner Menge waren teilweise unberechenbar und es waren die seltsamsten Dinge, die ich unternahm, die zu dem gefühlten Eindruck führten, dass er endlich abnahm, was er sonographisch gesichert auch tat. So schlief ich bspw. Sicher ein paar Wochen mit hochgelagerten Beinen. Viel Schlaf hatte ich die ersten Wochen nicht. Im Kontext des Pleuraergussses musste ich jede Nacht mehrmals aufs Klo. Maximal 11mal musste ich pinkeln. Außerdem bin ich Seitenschläfer und durch die vernähten Bügel auf jeder Seite, die man auch sehen und fühlen kann, war dies weitesgehend undenkbar. Ich trug 7 ½ Wochen lang ein Korsett, das meine Brust stabilisieren sollte und auch etwas mit dem Schmerzmanagement half, aber weiterhin die Atmung einschränkte.

Aktuell hat sich meine Brust sehr leicht wieder deformiert. Es ist bei Weitem nicht so schlimm wie vorher, aber die Ernüchterung â€" nach all dem Leid â€" ist schon gegeben. Ich denke nicht, dass ich diese OP nochmal machen würde. Weiterhin habe ich viele Schmerzen. Ich spüre die Bügel bei jeder Bewegung von Armen und Brust und jeder Atembewegung. Ich spüre, wie sich Kräfteverhältnisse als Spannung und Druck über verschiedene Stellen in der Brust tagsüber verteilen. Ich weiß nicht, wie ich hiermit singen oder längere Phrasen sprechen soll und hoffe, die Schmerzen und die Atmung werden sich verbessern. Ich denke, das dauert noch ein paar Monate. Rechts ragt ein kleines Stück Bügel sogar zwischen den Rippen als sehr leichte Erhebung hervor. Da hab ich etwas Angst, dass das Metall die Zwischenrippenmuskulatur noch mehr beschädigen könnte.

Das war jetzt meine Kurzfassung. Ich bin diese Themen leid. Sie dominieren mein Leben seit August. Da war auch noch einiges mehr. Glücklicherweise habe ich auch sicher viel durch die Schmerzmittel vergessen oder einfach verdrängt."

Zusatz: Ich habe mir am 22. Oktober einen weiteren Termin für die Sprechstunde geben lassen. Die operierende Ã,,rztin sah ich nach der OP genau einmal. Ansonsten kam ich mir wirklich vor, wie bei einer Massenabfertigung. Viele Pflegekräfte und Ã,,rzte waren dennoch weitesgehend nett, bis auf ein paar schwarze Schafe. Nur fühlte ich mich mit vielem allein gelassen.

Eventuell poste ich später mehr, vllt. auch Bilder. Da ich gerade auch noch krank im Bett liege und das Niederschreiben schon so viel Zeit und Energie gekostet hat, werde ich den Threadpost erstmal beenden.

Bilder - vor der OP, nach der OP, aktuell
Titel: Re: Erfahrungsbericht, August 2020, OP nach Nuss, Helios Klinikum Buch
Beitrag von: albatros am 13. Oktober 2020, 15:14:11
Ergänzung zum Beratungsgespräch bei Prof. Schaarschmidt: Er war zwar nett, wirkte aber auch eher so, als ginge es ihm eher darum, mich schnell unters Messer zu kriegen. Er holte einen Kollegen hinzu, mit dem er über mich redete. Ich fühlte mich eher vorgeführt, war aber aufgrund des medial-vermittelten Eindrucks von Expertise und guter Arbeit und aufgrund einer Empfehlung durch eine Krankenschwester ins Helios Klinikum Buch gekommen. Edit: Ganz vergessen. Auf die Frage hin, wie lange ich nach der OP Ausfalle: Eine Woche. Als Bauarbeiter zwei. Danach wäre alles wieder tutti. Wie man ja vllt. oben herauslesen kann, ist es das nicht.

Ich hänge jetzt noch ein Bild meiner aktuellen Brust bei. Die mediale linke Brustseite steht mittlerweile etwas ab (erinnert ewas an eine Kielbrust), und rechts und links hiervon sind kleine Kuhlen/Abflachungen entstanden. Vor der OP war meine Brust bereits asymmetrisch, aber ich habe den Eindruck, die rechte Seite steht nun noch stärker raus. Vllt. ja auch, weil die linke Seite unflexibler war und das Kräfteverhältnis zwischen Knochen und Metall dieses Ergebnis hervorbrachte. Außerdem gab es auch eine kleine Einsenkung links in der unteren Brust.

Das kommt jetzt auf dem Bild wirklich nicht gut herüber (vermutlich nicht nur wegen der Lichtverhältnisse und der Bildqualität, sondern auch, weil ich den Arm hebe und dies natürlich einen Effekt auf den Brustkorb ausübt). Aber ich habe mir diese Beobachtungen schon bestätigen lassen durch einen Außenstehenden, der meine Brust nach der OP und kürzlich sah.

Natürlich ist das Ergebnis sehr viel besser, als der Ausgangszustand, aber die konstante Angst vor weiteren Veränderungen und der Wunsch, einfach nur normal zu sein in dieser Angelegenheit, bringen mir da wenig geistigen Frieden.

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Titel: Re: Erfahrungsbericht, August 2020, OP nach Nuss, Helios Klinikum Buch
Beitrag von: joo am 14. Oktober 2020, 19:09:20
Zwei Wochen nach der Op konnte ich gerade mal so alleine aufstehen ;D. Das Ergebnis finde ich gut (besser als bei mir), die beschriebene Asymetrie sieht man leicht, die Kuhlen sehe ich aber nicht. Den Wunsch nach Normalität kann ich verstehen, würde aber sagen dein Körper sieht normal aus.
Titel: Re: Erfahrungsbericht, August 2020, OP nach Nuss, Helios Klinikum Buch
Beitrag von: albatros am 14. Oktober 2020, 19:33:49
Du konntest erst zwei Wochen nach der OP aufstehen? Hattest du die OP nach Nuss? Bei mir kamen sie am ersten Tag nach der OP ans Bett und wollten mich auf jeden Fall auf die Beine bringen, ganz egal, wie es mir geht. Die Stationsärztin hat mich richtig angepampt, als ich am ersten Tag nach der OP total fertig war, nachdem ich allein vom Sitzversuch an der Bettkante kotzen musste und komplett erschöpft im Bett lag.^^

Ich habe hier schon einige Beiträge gesehen und Bilder, bei denen Menschen meinten, sie seien nicht 100%ig zufrieden prä- oder postoperativ und ich dies überhaupt nicht nachvollziehen konnte, weil ich entweder nichts sah oder es für mich überhaupt nicht schlimm aussah. Also glaube mir bitte, ich rede mir das nicht ein, wenn ich die Veränderungen der Brust beobachte und mir dies auch von außen gefeedbackt werde - und ich habe mir meine eigenen Fotos nach dem Aufnehmen auch angesehen und die spiegeln das einfach nicht wieder. Ich will auch gar nicht auf hohem Niveau jammern, ich bin ein genügsamer Mensch. Es geht nur auch um Relation von Leid zu Optik (auch, wenn Chirurgen nicht Bestellungen auf Wunsch anfertigen können^^) und die große Angst, dass es schlimmer wird (optisch und atemnottechnisch).

Liebe Grüße!
Titel: Re: Erfahrungsbericht, August 2020, OP nach Nuss, Helios Klinikum Buch
Beitrag von: peca am 10. November 2020, 18:44:29
Hallo Albatros,
nach dieser ausgeprägten Trichterbrust sieht das Korrekturergebnis doch sehr gut aus. Wie geht es dir mittlerweile, klappt es wieder mit der Atmung und dem Singen? Wünsche dir weiterhin gute Genesung.

Viele Grüße
Titel: Re: Erfahrungsbericht, August 2020, OP nach Nuss, Helios Klinikum Buch
Beitrag von: albatros am 11. November 2020, 17:56:59
Hallo peca,
das ist lieb, dass du fragst!

Ich war vor 2 Wochen etwas über einen Monat erkältet (2 Corona-Abstriche negativ). Komme ständig an meine körperliche Grenzen; habe immer wieder Atemnot. In den letzten Wochen habe ich immer wieder Momente der Reizüberflutung erlebt, die ich früher deutlich seltener und nicht so oft in kurzer Zeit hatte. Ich glaube, das hat noch mit den vielen Ereignissen und Emotionen der Monate zu tun. Der Schlaf ist für meine Verhältnisse okay, wobei ich immer mal aufwache vor Schmerzen. Ich spüre noch Druck und Kraftverteilungen in der Brust und die untere Kuhle/Delle hat an stärke zugenommen. Auch der Brustkorb wirkt etwas mehr nach rechts eingedreht und die Rippen abgeflachter. Mal schauen, ob man es auf den Bildern sieht. Es ist allerdings schon mit einer leichten Trichterbrust vergleichbar, für die manche überhaupt eine OP machen. Die Asymmetrie ist schon störend. Aber nach wie vor ist das belastenste die Kombo aus Schmerzen (die sich mit jeder neuen Ã,,nderung reaktualisieren) und Atemnot, die sich auch stimmlich bemerkbar macht und Erschöpfung. Seltener habe ich mal ein kleines bisschen Erguss (lt. Ã,,rztin kann das bis zu einem halben Jahr dauern, bis es normal ist - ich habe dafür mittlerweile ein Gespür), der sich aber mittlerweile relativ schnell auflöst (1-2 Tage).

Zur Stimmgebung und zum Gesang: Ich habe bereits beim Sprechen je nach Vitalität Atemnot und muss Sätze zwischendrin beenden. Ich habe mein früheres schnelles Arbeitstempo aufgrund der Erschöpfung herunter gedrosselt; befinde mich in einer Eingliederung (reduzierte Arbeitszeiten zu Beginn), was ich sehr begrüße. Singen ist machbar, aber nicht qualitativ in dem Maße, wie früher. Von klassischer Stimmbildung verabschiede ich mich mental gerade ein wenig (ohne Atemraum reduzierte Kehlkopfsenkung und dementsprechend kein reduzierter Raum oberhalb der Stimmlippen für die Ã,,sthetik der Klassik), aber da ich ohnehin ständig Beklemmung beim Einatmen empfinde (Brustkorb starr wie ein Korsett, Schmerzen), werde ich wohl dieses Jahr keinen Gesangsunterricht mehr nehmen. Auch Sport in Form von Workouts kann ich noch nicht so gut machen (alles was Rücken, Bauch, Brust, Arme anbelangt) und taste mich langsam ran.

Aktuelle Bilder hänge ich an. Irgendwie sieht es auf den Bildern immer besser aus, als live - ich schiebe es auf die Beleuchtung.

PS: Husten und Niesen nach wie vor eine Katastrophe bzw. funktioniert das Niesen nach wie vor nicht mehr, wie früher (das Aufblähen der Brust kommt immer wieder zum Erstarren und das Niesen passiert immer stimmhaft, schmerzhaft, mit Druck; aber nicht so stark wie früher). Ich habe auch das Gefühl, seit der OP immer wieder Magensäure aufzustoßen; allein beim Rülpsen passiert das immer mal wieder.
Titel: Re: Erfahrungsbericht, August 2020, OP nach Nuss, Helios Klinikum Buch
Beitrag von: peca am 13. November 2020, 18:46:56
Hallo albatros,

das war aber auch eine sehr große Veränderung, die bei dir statt gefunden hat, da kann ich mir vorstellen, dass es lange schmerzhaft ist. Die Delle die du beschreibst kann ich so nicht sehen, nur die Rippen sind leicht sichtbar (aber nicht schlimm und mit ein paar Kilo mehr bestimmt dann auch verschwunden). Zu dem Ergebnis kann man, finde ich, nur gratulieren. Erstaunlich, dass das mit 2 Bügeln funktioniert hat. Du schreibst, dass die Bügel bei dir an den Muskeln befestigt wurden. Das finde ich interessant und würde gern wissen wie, und ob sie noch anderweitig befestigt sind. Bei mir ist es nur 1 Bügel, und der ist an den Rippen befestigt.
Und ja das Niesen.....
Ich wünsche dir, dass es besser wird.
LG
Titel: Re: Erfahrungsbericht, August 2020, OP nach Nuss, Helios Klinikum Buch
Beitrag von: albatros am 14. November 2020, 09:27:45
Hallo peca,

die Gewichtszunahme wäre erwünscht, aber das hat noch nie geklappt^^
Ich denke auch, dass die Bügelenden an den Rippen vernäht wurden, erinnere mich auch dunkel, dass etwas vom Vernähen der Muskelansätze geredet wurde. Ich denke aber mittlerweile, sie meinten, dass sie den Brustmuskel abheben, die Metallstäbe darunter entlang führen und den Ansatz des Brustmuskels erneut vernähen würden.
Letzte Nacht und diese Nacht musste ich seit Langem wieder stärkere Schmerzmittel nehmen, um schlafen zu können und spürte auch gestern sehr stark die Beklemmung und den Schmerz und die Kraft, die sich vom Knochen ausgehend nach innen arbeiten will (wo der Trichter am Tiefsten war). Aber gerade geht es mir nach einer relativ erholsamen Nacht doch mal gut =)
Und das mit der Kuhlenbildung, tja, die operierende Ã,,rztin hatte es gesehen und auch gesagt, dass es noch stärker zunehmen kann. Dass meine Kamera das nicht einfängt, ist für mich nur insofern ärgerlich, als dass damit andere Vergleichswerte haben könnten. Ich finde auch nicht, dass es sehr drastisch oder schlimm aussieht und das jetzige Ergebnis ziemlich gut ist. Nur dass das so ein Dauerthema ist (nachdem Prof. Schaarschmidt mir sagte, ich müsse nur eine Woche zuhause sein und dann sei alles normal) und mich so aus dem Leben gerissen hatte, das ist das Belastende.
Ich bin jedenfalls noch nicht an dem Punkt, an dem ich mir denke: Das hätte ich jederzeit wieder gemacht, und ich hoffe, da komme ich noch hin. Denn nun nimmt mich das ja schon seit August so in Anspruch (inkl. verminderter Belastbarkeit).^^ LG
Titel: Re: Erfahrungsbericht, August 2020, OP nach Nuss, Helios Klinikum Buch
Beitrag von: TBistweg am 20. November 2020, 09:44:09
Bei einer so ausgeprägten TB finde ich das Ergebnis nahezu perfekt.
Ich sehe was du meinst: dein Brustbein und der linke hemithorax stehen etwas vor. Du wirst dafür aber möglicherweise nach der bügelentfernung dankbar sein, denn die brust wird dann wieder ein kleines bisschen einsinken. dieses hervorstehen wird dann höchstwahrscheinlich nicht mehr sichtbar sein.

Ziel der leichten Ãœberkorrektur wird gewesen sein, dein brustbein in eine stabile Domstellung zu bringen. Die ist stabiler als bei einer tendentiellen Unterkorrektur.

Ich glaube du wirst nach Bügelentfernung ein sehr gutes Ergebnis haben, dass noch besser aussieht als jetzt.

Wenn dir Schaarschmidt wirklich gesagt hat, du wärst nach 1-2 wochen wieder fit, dann ist das natürlich schon etwas seltsam. Er weiß das sicherlich besser.

Aber jetzt hast du einen großen teil des weges bereits hinter dir. Den Rest schaffst du auch noch. Ich kenne diese Gedanken nach der OP, dass man sich fragt, ob es die ganzen Strapazen und Schmerzen wirklich wert war. Ich glaube in einem Jahr wirst du anders darüber denken und froh sein, diesen Weg gegangen zu sein.
Titel: Re: Erfahrungsbericht, August 2020, OP nach Nuss, Helios Klinikum Buch
Beitrag von: albatros am 20. November 2020, 13:28:44
Vielen lieben Dank für die Nachricht. Prof. Schaarschmidt meinte damals, eine Woche zuhause bleiben würde in meinem Berufszweig reichen, jemand mit etwas körperlicherer Arbeit bräuchte zwei. Vllt. wurde die Zeit der Einnahme der Schmerzmittel dabei bedacht, denn die habe ich ja, wie geschrieben, 6 Wochen locker in der Höchstmenge nehmen müssen.

Im Augenblick halten sich die Schmerzen in Grenzen, auch, wenn ich kein Sit Up machen kann und jedes Aufrichten, Drehen etc. Probleme bereitet oder ich davon aufwache. Eher der ständige Metall vs. Bügel Kampf und die Druckempfindungen und v.a. die Atemnot sind problematisch. Und jetzt hat mein Mitbewohner auch noch Corona :D aber ich bleibe guter Dinge.

Ich dachte auch, dass es sicher einen Grund hat, warum der linke Brustkorb weiter nach oben steht und dass das mit dem Wiedereinsinken zusammen hängt. Auf der rechten Seite bilden sich ja um die Bügel drumherum wieder leichte Einsenkungen, die aber nicht wirklich schlimm sind, dem Auge aber sicher auffallen. In der kalten Jahreszeit habe ich aber eh wenig Anlass mich auszuziehen und da sind die Narben vllt. schon augenfälliger.

Ich grüße dich und wünsche dir einen schönen Tag.
Titel: Re: Erfahrungsbericht, August 2020, OP nach Nuss, Helios Klinikum Buch
Beitrag von: Trichter8 am 23. Januar 2021, 11:45:35
Junge Junge..der Befund war aber schon ordentlich...muss ich TBISTWEG recht geben, dafür wirklich ein sehr gutes Ergebnis, wir waren auch bei Schaarschmid mit unserer Tochter ... ich kann das bestätigen..der will Patienten! Umsatz! Grundsätzlich bin ich aber auch der Meinung, dass er von der Praxisseite mit Sicherheit einer der besten auf der Welt ist, alleine durch die Anzahl der durchgeführten Operationen. Aber..und das habe ich persönlich erfahren, ist die Vor-und Nachbehandlung und Begleitung bei Ihm ein ALPTRAUM.
Titel: Re: Erfahrungsbericht, August 2020, OP nach Nuss, Helios Klinikum Buch
Beitrag von: albatros am 23. Januar 2021, 12:17:36
Hallo Trichter8,

du hast sehr klare Worte gefunden, für etwas, dass ich ebenso empfunden habe. Ich wollte noch gerne ein Update hier schreiben bzgl. meiner weiteren Entwicklungen (Schmerzen, Brustkorbentwicklung, Atemnot und Gesang). Ich werde mich aufgrund meiner begrenzten Zeit heute kurz halten:

@Nachsorge: In der Klinik hatte ich einen erneuten Termin für die Trichterbrustsprechstunde mit der operierenden Ã,,rztin im letzten Jahr gemacht. Grund: Ich hatte noch einige Fragen, da, wie du sagtest, es keine wirkliche Nachsorge gab und die Pleuraergüsse stagnierten und abnahmen (links war der Erguss zuerst verschwunden, rechts zum Zeitpunkt der erneuten Vorstellung ebenso). Hierfür besorgte ich mir eine Ãœberweisung und einen Termin. Das Gespräch war super. Die Ã,,rztin nahm sich genügend Zeit und ich konnte meine Anliegen klären. Sie sagte auch, für weitere Fragen könnte ich einfach eine Mail schreiben (was ich später auch tat), was mir nicht selbstverständlich vorkam, da es sicher keine Abrechnungsleistung ist.

@Haarausfall: In den Wochen der Komplikationen mit den Pleuraergüssen nach der OP hatte ich einen stärkeren, diffusen Haarausfall entwickelt. Diesen führte sie auf meine Frage eher auf Stress zurück (ich habe gelesen, bei größeren OPs oder längerem intravenösen Heparineinsatz kann das passieren).
Sie erklärte mir auch, was an der Operationstechnik "modifiziert" sei - dass der Bügel unter dem freigelegten Brustmuskel platziert werde und bei der Original-OP-Methode über den Muskel, was zu dessen Unterversorgung führen könnte (klingt auch echt schmerzhaft) und dass sie außerdem überhaupt Endoskopien im Inneren des Körpers machten und die OP in anderen Krankenhäusern gänzlich ohne Endoskopie des Inneren stattfänden, was ich extrem gruselig fand. Jedenfalls habe ich seit der OP auch noch einen Fleck auf dem Kopf, wo kein Haar mehr wächst. Darüber sah ich mal ein youtube Video, weiß aber nicht mehr, ob das eine autoimmune Angelegenheit war oder eine Stressreaktion.

@Entnahme: In 3 Jahren, wenn die Bügel wieder entnommen werden sollen, soll ich mich auf 5-7 Tage Aufenthalt einstellen. Ich hoffe, ich umgehe da die Intensivstation - das war ja der blanke Horror. Vllt. kann mir jemand sagen, warum ich so verhältnismäßig lange noch bleiben muss, wenn die Entnahme doch so unkompliziert sei(?). Etwas beunruhigt bin ich da schon. Bzw. fühle ich einfach blankes Grauen beim Gedanken ans Krankenhaus - ich hab das noch nicht überwunden. Man sollte diesen Einschnitt und die damit verbundenen Traumatisierungen wirklich nicht unterschätzen.

@Atmung und Gesang: Mein wichtigster Punkt war die Atemmechanik und die Atmung. Sie teilte mir, erneut, mit, dass sich dies nun eine zeitlang nicht verändern wird und diese verändert sei. Das ist ziemlich frustrierend - ich habe regelmäßig (gerade zur Zeit mit dem Maskentragen) Atemnot, weil die Rippen sich kaum heben können. Das Stimmtraining mache ich unter Wahrung dessen, was sich noch gut anfühlt und trotz der reduzierten Rippenbewegungen ist noch etwas vom Zusammenhang von Kehlkopfsenkung, Einatemintensivierung, Vokaltraktformung (Raum im Hals, ganz platt, zwischen Stimmlippen und Gaumensegel) und Kieferöffnung machbar. Ich überlege auch immer wieder, wie ich die Behinderung der neurologischen und mechanischen Zusammenhänge zwischen Stimme und Körper angehe und einer frühzeitigen Stimmermüdung und Heiserkeit in meinem Job entgegen treten kann. Ich sehe noch nicht ganz, wie eine wirklich tiefe Kehlkopfposition und ein offener Rachen, wie es für die Leistungsstimme notwendig ist, so herbeigeführt werden kann (und da kommt es auf jeden Millimeter Raum an).

Mich hatte auch sehr das Material des Bügels interessiert. Wie erwähnt, hatte ich ja Pleuraergussredzidive und irgendwann war auch das Bakterium acnes im Punktat zu finden - ob es durch die Punktion oder den Bügeleinsatz in mich reinkam, ist nicht ganz klar. Aber auch, ob eine Reizung durch das Metall aufgrund einer allergischen Reaktion zu den Ergüssen führen würde, wollte ich wissen. Dies verneinte sie, da sie meinte, dass man dann Allergiesymptome nach dem Einsatz gesehen hätte. Allerdings frage ich mich schon, warum man nicht prinzipiell lieber auf Nummer sicher geht und das hypoallergene Material nutzt. Vllt. weiß das jemand?

@Brustkorbentwicklung: Wie bereits vermittelt, könnte ich mit weiteren Verformungen rechnen und auch, wenn ich mit meinem Brustkorb weitestgehend zufrieden bin, gab es noch Entwicklungen.

ÜBRIGENS knackte und arbeitete es enorm in den zwei Wochen um die Weihnachtszeit. Mit jedem Knacken hab ich das Gefühl, etwas Freiheit im Körper gewonnen zu haben und dass die Rippen etwas nachgegeben haben. Dennoch muss da noch einiges passieren. Seit einigen Wochen hatte ich wieder eine Zunahme der Schmerzen im Brustkorb, im Bereich der Bügelenden und im Rücken-Schulter-Bereich. Manchmal habe ich mich ungünstig bewegt beim Aufrichten im Bett, Aufsetzen eines Arms und es gleich bereut. Da passiert noch viel...
Titel: Re: Erfahrungsbericht, August 2020, OP nach Nuss, Helios Klinikum Buch
Beitrag von: Pexc am 24. Januar 2021, 11:48:27
Ich habe monatelang nach meiner OP versucht Niesen zu unterdrücken und war sehr unglücklich, wenn ein Nieser durchrutschte. Das tat noch lange weh. Irgendwann während der Stangentragezeit hat sich das aber langsam gegeben. Aber das dauert und ist nicht schön.

Ich hatte und habe auch eine Skoliose und wußte vor der OP ziemlich gut mit welchen Bewegungen ich mich wieder einrenken konnte, wenn was am Rücken drückte und schmerzte. Durch die OP wurde aber mein Oberkörper so verlagert und verändert, daß alle Bewegungen in diese Richtung nicht mehr den erlösenden Effekt hatten. Ich mußte neue Bewegungen lernen, was seine Zeit gebraucht hat. Das hat die Zeit auch nicht gerade besser gemacht.
Ich kann aber sagen, daß man irgendwann (insbesondere wenn der Stab draußen ist) nicht mehr wirklich daran denkt, daß man mal eine Trichterbrust hatte. Ich kann nicht sagen, ob es nur an der OP liegt (mit der ich auch nicht super zufrieden bin; meine Rippen stehen immer noch vor), oder weil ich älter wurde. Aber es wird wirklich besser.
Titel: Re: Erfahrungsbericht, August 2020, OP nach Nuss, Helios Klinikum Buch
Beitrag von: albatros am 04. Juli 2021, 20:18:23
Mal wieder ein schon lange geplantes Update: Die OP ist fast ein Jahr rum; ich habe jeden Tag Schmerzen; seit 2 1/2 Wochen habe ich so starke wiederkehrende Schulterschmerzen, dass ich an einem Arbeitstag fünf Schmerztabletten nehmen musste und vollkommen kraftlos war. Ansonsten strahlen die Schmerzen öfters bis in den rechten Oberarm aus und Hals aus, und finden sich im Rücken oder in der Brust vor. Sehr oft reagiert meine Halswirbelsäule durch Knacken und Verspannungen auf das Knacken in der Brust. Fast täglich, mehrere Male, knackt es und gibt etwas nach. Das alles noch fast ein Jahr nach der OP. Weiterhin habe ich Beklemmung und Atemnot und erschöpfe leicht. Die Eindellung auf der gesunden Seite, also der Seite, die nicht verformt war, werdet ihr neben dem "überspannten Brustbein" (wie es hier genannt wurde) sehen. Es ist auf Herzhöhe. Es bereitet mir Sorgen, da geschrieben wurde, dass das Brustbein sich nach der OP absenken würde - müsste dann nicht auch die Delle tiefer treten? Es fühlt sich öfters so an, als würde Kraft gegen die gesunde Seite gerichtet werden. Die Schulterschmerzen habe ich übrigens, seit die allerobersten Rippen stärker nachgegeben haben. Manchmal wird der Arm auch etwas taub. Die Physio vermutet einen eingeklemmten Nerv. Auch interessant, die Asymmetrien im Kopf haben gefühlt zugenommen: der Kieferschluss fühlt sich asymmetrisch und verschoben; der rechte Mundwinkel und Nasenflügel im Gewebe leicht gespannt. Wenn ich den rechten Arm nach hinten kreise, zuckt es da sogar - wer weiß, was sich da im Faszien- und Muskelsystem ausgebildet hat. Ich bin es ehrlich gesagt ziemlich leid, einfach jeden Tag mal mehr mal minder starke Schmerzen zu haben und so eine (auch durch die Schmerzen) eingeschränkte Atmung zu haben. Ich war so erschrocken, als ein Freund neulich meinte, dass die OP doch schon ein Jahr her sei - da ich jeden Tag mit diesen Einschränkungen zu tun habe, fühlt es sich nicht so an.

Ich kann aus meiner Perspektive die OP nach all der Zeit nur Menschen empfehlen, die gesundheitlich nicht vorbelastet sind (ich hatte schon vorher zu wenig Muskelmasse und war in schlechter Verfassung - das ist durch die vielen Bewegungseinschränkungen und Schmerzen noch schlechter geworden), ein soziales Netz und Strukturen haben, die sie auffangen (Freunde, Familie), psychisch belastbar sind und vllt. noch jünger als ich (29) und eine weniger ausgeprägte Trichterbrust haben.

Zu sehen, wie die ehemals gesunde Brustseite zunehmend eindellte, ist echt nicht schön. Ich bin mir nicht sicher, ob das jetzt wirklich eine Verbesserung der Ausgangssituation ist, was ich hier habe.
Titel: Re: Erfahrungsbericht, August 2020, OP nach Nuss, Helios Klinikum Buch
Beitrag von: Leo8528 am 04. Juli 2021, 21:38:59
Hi Albatros,

zu lesen, dass du nach einem Jahr immer noch anhaltende starke Schmerzen hast, tut mir für dich echt leid!! Warst du denn zwischenzeitlich wieder in der Klinik und hast das checken lassen? Auf dem Bild sieht es eher so aus, dass das Brustbein zu weit nach außen gedrückt wurde?! Hast du mal überlegt es von einem anderen Spezialisten anschauen zu lassen? Ixh kann hier nur Dr. Lützenberg empfehlen. Mir geht's jetzt persönlich nach 4 Monaten Post Op sehr gut und bin völlig schmerzfrei. 

Wünsche dir alles Gute und dass dein "Leiden " ein baldiges Ende findet!!
Titel: Re: Erfahrungsbericht, August 2020, OP nach Nuss, Helios Klinikum Buch
Beitrag von: Desca am 05. Juli 2021, 05:23:49
Ich hatte ähnliche Probleme wie du, auch nach einem Jahr. Ich habe mir den obersten Bügel jetzt rausnehmen lassen. Seitdem ist mein Arm nicht mehr " gelähmt"  und auch die Problematik mit der Schulter ist deutlich besser geworden.
Es ist nicht so eingesunken,wie befürchtet.

Nehme zwar auch noch Medikamente, aber nicht mehr annähernd so viele, wie das Jahr davor.

Ja, man kann echt verrückt werden.

Alles Gute
Titel: Re: Erfahrungsbericht, August 2020, OP nach Nuss, Helios Klinikum Buch
Beitrag von: albatros am 11. Juli 2021, 18:18:37
Liebe:r Leo8528,

im Klinikum Buch gibt es keine Nachsorge, wie es sie in anderen Kliniken gibt. Die ersten Wochen wurde ich schon immer wieder postoperativ vorstellig (auch im Kontext der Ergüsse), aber eine jährliche Kontrolle oder dergleichen gibt es nicht. Ich plane mich aber erneut vorzustellen, um mir eine Meinung vor Ort geben zu lassen. Ebenso erwäge ich mir eine Zweitmeinung einzuholen (eben vllt. bei Dr. Lützenburg, nachdem dieser sowohl menschlich, als auch fachlich, im Forum immer wieder positiv erwähnt wird). Ich danke dir für deine Genesungswünsche - gerade versuche ich einfach relativ das Beste draus zu machen. Und seeehr langsam auch wieder in Bewegung zu kommen - die Schmerzen und Atemnot gehen Hand in Hand mit Ver- und Unterspannungen und ich hänge durch. Ich hoffe darauf, dass Sport allmählich wieder Körper-, Selbstgefühl und Gesundheit voran bringen wird.

Liebe:r Desca,

ich hoffe, eine Zwischen-OP bleibt mir erspart. In der Physio arbeiten wir gerade vor allem an der sehr festen Atemhilfsmuskulatur und den Gewebeverspannungen im Halsbereich (m. sternocleidomastoideus, mm. scaleni) auf der rechten Seite. Je nachdem, wie die Schmerzsituation ist, kann ich mal mehr, mal weniger atmen. Vorhin durchfuhr es mich nach einem relativ-konstanten Schmerzmittel rechts wie ein Blitz beim Aufrichten mit sehr starken Brustschmerzen. Es... bleibt spannend.^^ Ich freue mich, dass dir diese Zwischen-OP geholfen hat und die Brust stabil verblieb. Ich wünsch dir was!
Titel: Re: Erfahrungsbericht, August 2020, OP nach Nuss, Helios Klinikum Buch
Beitrag von: Desca am 11. Juli 2021, 21:46:11
Hi Albatros,

Mir hat zudem tatsächlich Osteopathie geholfen, alles zu lockern. ( Ist teilweise nur begrenzt möglich, wegen der Bügel, aber auch Organe wie Leber,Därme, Zwerchfell und sowas " ziehen"  den Thorax runter, wie er es sonst war. )
Da gibt es in der Regel auch Zuschüsse von der Krankenkasse.


Ich habe auch mal mit Herrn Lützenburg gemailt, und paar Bilder geschickt.
Er hat mir  auch seine Meinung gemailt.
( Er hätte es von Anfang an anders operiert). Das wäre aber in einer neuen komplett OP mit neuen Bügel geendet.
Aber eine zweite Meinung ist wirklich nicht verkehrt, grade, wenn es, wie bei uns anscheinend, keine Nachsorge gibt, und man sich selbst helfen soll  :D bin nicht in Buch operiert worden.

Es war schon meine zweite Zwischen- OP. Auch am oberen Bügel. Plus stationäre Reha und ich weiß nicht was noch alles.

Deswegen bin ich froh, daß mein dusseliger Chirurg endlich ein Einsehen hatte.
Mittlerweile kann ich auch wieder arbeiten, wenn auch nur begrenzt.

Also: nicht verzweifeln, es gibt Hilfe und man muss dran bleiben. Und nicht verrückt werden dabei 😆

Alles Liebe und Gute und danke

Titel: Re: Erfahrungsbericht, August 2020, OP nach Nuss, Helios Klinikum Buch
Beitrag von: albatros am 13. Juli 2021, 10:24:17
Hi Desca, ich plane auch eine Ostheopathin ab August zu besuchen. :)

Ich würde ganz gern einfach mal mein Leben weiter leben, ohne, dass mich tägliche Schmerzen und Sorgen aufgrund von Verformungen zurück werfen.

Ich denke, ich werde auch nochmal der Chirurgin und auch Herrn Lützenberg mailen. Danke für den Impuls.

Liebe Grüße!
Titel: Aw: Erfahrungsbericht, August 2020, OP nach Nuss, Helios Klinikum Buch
Beitrag von: albatros am 11. Juni 2023, 15:43:27
Hallo ihr Lieben, ich denke mittlerweile einmal die Woche darüber nach, dass ich hier mal einen Erfahrungsbericht und Zwischenbericht schreiben sollte. Ich werde aus Zeitmangel und Erschöpfung nur kurz etwas schreiben.

Letztes Jahr im September, also nach 2 Jahren Tragezeit (ich habe indes die Operateurin per Mail kontaktiert, ob dies ausreichen würde, damit der Brustkorb stabil genug ist - sie meinte, 2 Jahre könnten ausreichen, vllt. würde ich auch 2,5 schaffen) und mit all meinen Problemen:
* Haltung (ich konnte keine günstige Haltung einnehmen, ohne nicht mehr atmen zu können, da der Brustkorb sich ja schließlich kaum weiten konnte wie bei einer normalen costo-diaphragmalen Atmung, sondern vermehrt über die Atemhilfsmuskulatur um den Hals nach oben gezogen wurde, was zu chronischen Schmerzen und Verspannungen und Mobilitätseinschränkungen der Halswirbelsäule führte und sich auch in meiner Haltung eingeschrieben hat - meine Halslordose ist stärker, die Brustkyphose auch - zum sängerischen Teil schweige ich hier erstmal),
* Atmung (wie geschildert - konstantes Gefühl von Enge im Hals - kann ich neurophysiologisch erklären und muskulär erklären, will jetzt aber nicht "rum nerden" :)),
* chronischen Schmerzen (ich nahm fast jeden Tag *mindestens* eine Ibuprofen oder etwas anderes, weil ich immerzu Schmerzen hatte im Brustbereich, in der Halswirbelsäule, im Schulterbereich,
* stimmlichen Problemen (ich hatte in den gesamten 2 Jahren vllt. 2mal Gesangsunterricht und habe kaum die Energie und stimmlichen Möglichkeiten gehabt, zu arbeiten oder mich zu entwickeln), * aufgrund der psychischen Folgen (entgegen dem damaligen Versprechen im Gespräch mit Prof. Scharschmidt - woran ich immer noch mit Wut denke und mittlerweile aufgrund meines Jobs als Logopäde auch im phonochrirugischen Bereich bei meinen trans* Klient:innen echt immer wieder Wut verspüre, dass einige Chirurg:innen entweder kein funktionelles Verständnis für körperliche Systeme, ihre Interrelation haben und daher über Folgen nicht aufklären (bzw. auch zu wenig Körperwissen an der Stelle) oder es aus Reputationsgründen und Wunsch möglichst viele OPs zu haben, nicht tun (?)
* und infolgedessen natürlich einfach auch psychisch-emotionale Probleme (immer Schmerzen zu haben, erschöpft zu sein, nicht mehr am gesellschaftlichen Leben so sehr teilhaben können, ständig Belastungsgrenzen kommunizieren zu müssen, und wie sich körperliche Veränderungen einschreiben usw), Selbstbild und "Beziehungsprobleme" (die Beschäftigung mit diesen Themen und das Wahrnehmen von außen, hat sich auch in meinem Datingleben miteingeschrieben)

Ich habe mich also im September operieren lassen. Da wurde die OP auch erst einmal (in meiner Abwesenheit) und zweimal (in meiner Anwesenheit - das heißt, ich fuhr nach Buch mit dem Taxi, nüchtern, und wartete jeweils bis zum Nachmittag, um dann operiert zu werden. Weder mein Hausarzt, noch das Krankenhaus, wollten mir einen "Taxischein" je ausstellen, obgleich es bei einer stationären Aufnahme indiziert und ok ist (dazu rief ich nämlich auch meine Krankenkasse an). Nachdem ich also die ersten Male geblecht habe, fuhr ich irgendwann eben die mind. 3/4 Stunde mit mehrmaligem Umsteigen (wenn nicht deutlich länger, durch Ausfälle) irgendwann nur noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Für jemanden, der in Teilzeit arbeitet, ist das dann auch zu viel^^

Anyways, kommen wir zur OP und zum Krankenhausaufenthalt. Mir wurde etwas von dem Huggel auf der rechten Brustseite auf Wunsch abgetragen und die Brust sah nach der OP wirklich perfekt aus. Die zweite OP und mein Zustand danach war KEIN Vergleich zur ersten. Ich bin aufgewacht und konnte sofort deutlich besser in Ruhe (!) atmen, als zuvor. Ich spürte deutlich größere Rippenexkursionen. Zudem bin ich mit deutlich weniger Schmerzen aufgewacht, als vor der OP - ein Zustand, der auch die nächsten Tage bleiben sollte, weitestgehend.  Ich konnte nach der OP bereits aufstehen, rumlaufen und habe mir einen Tee gemacht und war gut drauf. Ich hatte zwei Drainagen (etwas, was mir sehr wichtig war), die auch erneut länger in mir bleiben mussten, weil mein Körper wohl gern endlos Wundflüssigkeit produziert. Das war auch der Grund, warum ich statt 3-4 Tage eine Woche blieb. Ich war die ganze Zeit auf der Kinderstation, war relativ zufrieden. Am Tag drauf hatte ich stärkere Rückenschmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule, die durch Schmerzmittel zu kompensieren waren. Ansonsten waren die Schmerzen wirklich moderat und gut managebar. Die Bügel habe ich auch mitgenommen. Bezüglich des Umstands gelegentlichen Kontakts mit THC hat sich die Anästhesieärztin ganz vorbildich verhalten und den Hinweis stärkerer Mittel an die Kolleg:innen gecodetet eingetragen ;) etwas, was ich ein halbes Jahr zuvor begann zu konsumieren, da Schmerzmittel einfach NICHT ausreichten (egal, wie viele) und die Schmerzwahrnehmung deutlich reduziert wurde, sodass ich das Gefühl hatte, sogar relativ normale Tätigkeiten im Alltag wieder ausführen zu können.

Auch die nächsten Wochen galt es wieder eine Brustkompresse zu tragen, also hatte ich optisch nicht so viel von meiner Brust. Ich ging aufgrund des enormen Drucks und der Spannung im oberen Brustbereich rechts vor der OP davon aus, dass dieser wieder einsinken wird. Natürlich hoffte ich es nicht. Innerhalb der zwei Wochen geschah aber schon genau dies. Erst sank es oben rechts ein, dann rechts unten mittig, dann bewegte sich an der Stelle links (Brustbein) der Brust, eben dieses noch dominanter heraus (gut, dass der Huggel schon vorher geglättet wurde) und links davon gaben Rippen noch mehr nach. Auch JETZT noch verändert sich meine Brust. Die gesamte rechte Brustseite ist entlang des Brustbeins, das noch deutlich dominanter hervortritt, eingesunken. Die Brust empfinde ich als rotiert. Ich spüre relativ konstakt Druck auf die Brust und es knackt und schnippst täglich mehrmals. In meine Haltung hat sich dies auch weiterhin eingeschrieben und alle körperlichen Bereiche mussten darauf reagieren. Natürlich heißt das beispielsweise Reaktion der Bauchmuskulatur, Hüfte, Schulterblätter, Wirbelsäule und damit auch Halswirbelsäule.

Dies ist nun die 3te Woche, dass ich mit Gym begonnen habe. Kleiner Exkurs: seitdem vor 2-3 Monaten bei mir eher zufällig ADHS diagnostiziert wurde und ich Medikamente nehme und nun die Dinge eher beginne und mache, die ich tun möchte, begann ich auch ins Gym zu gehen. Ich empfehle mir (und mitunter euch) auch viel Bewegung mit viel Achtsamkeit, um zu lernen, mit Fehlhaltungen und Spannungen umzugehen, wie man diese lösen lernen kann, wo Kompensierungen möglich sind, damit das bewegliche Faszien- und Bindegewebe die biomechanischen Kräfte besser puffern und weiter leiten kann, und um die Muskulatur, die für Stabilität und Flexibilität steht und für Aufrichtung und (Ein)Atmung zu trainieren. Ich habe rechts eine Schulterdestabilität, aufgrund der konstanten Veränderungen meiner Brust und der Verbindungen von Schulterblatt, Schlüsselbein, Schultermuskulatur (im Antagonismus bspw. zum schrägen Bauchmuskel - und wie geschrieben, die Bauchmuskeln müssen ja auch auf die Rotationstendenz des Brustkorbes reagieren und der gerade Bauchmuskel den Brustkorb stabilisieren, damit die Rippen sich erweitern können und bei Schmerzpatient:innen sind die Bauchmuskeln in der Regel undifferenziert verspannt und halten fest und reduzieren die Beweglichkeit zugunsten von Schmerzprävention und körperlicher Instabilität). Die Schulterblätter wiederum haben massiven Einfluss auf unsere Möglichkeit der Aufrichtung in Brustwirbelsäule und die Erweiterung der Rippen in der Einatmung nach hinten und oben (was für Singende, gerade im Bereich Klassik, Muss ist!) und werden ja bedauerlicherweise oft noch nach hinten/unten gezogen weil dies als Voraussetzung für eine Aufrichtung der Brustwirbelsäule gesehen wird ("gute Haltung" - dafür sind diese Muskeln nicht da. Das machen bitte die Rückenstrecker, wodurch die Arbeitsmöglichkeiten für die Rippenerweiternden Muskeln sich verbessert, die Rippenerweiterung sich steigert und die Schulterblätter nach außen rotiert werden und über den vorderen Sägemuskel die Rippen zusätzlich anheben - etwas, was wir für das Singen brauchen!).

Anyways... ich wurde entlassen und habe versucht, das Kapitel langsam endlich zu schließen. Der tägliche Schmerzmittelgebrauch war nicht mehr so das Thema. Mit der Zeit (im Augenblick auch wieder stärker) veränderte sich weiterhin die Brust. Jedes Knacken löste wieder eine Veränderung im Muskel-, Faszien- und Bindegewebe aus und führte zu weiteren Verspannungen.

Auch, wenn die Atmung besser wurde, und ich sukzessive das Gefühl eines zugeschnürten Rachens etwas verlor - es war, als würde ich immer gewürgt werden - habe ich jetzt dennoch weiterhin immer mal Atemprobleme und weiterhin sehr verspannte Atemhilfsmuskeln im Halswirbelsäulenbereich. Das führt dazu, dass ich jede Tag mit Druck/Spannung konfrontiert bin, diese "tick-artig" durch Bewegung, Dehnen, Strecken auflösen will, und dies als erschöpfend erlebe, und sich immer wieder eine neue Verspannung auftut.

Sängerisch habe ich ETWAS zugelegt. Mit genügend Vorbereitung kann ich meinen Körper in einen besseren Zustand für das Singen bringen, da jetzt überhaupt mehr Rippenerweiterung und Aufrichtung möglich ist. Ich sehe auch, wie das Tragen der Bügel, als auch die chronischen Schmerzen und Verspannungen sich sukzessive in meine Haltung, selbst die Wirbelsäule, eingeschrieben hat. Damit versuche ich umzugehen.

Im Gym trainiere ich gerade Arme, Brust, Schultern, Aufrichtungskette (Wade, Oberschenkel, Gesäß - sehr wichtig zum Ausgleich der Beckenkippung und des Hohlkreuzes, für eine vollständige Atmung! und Aufrichtung) und ab und an etwas Bauch und sollte den Rücken noch stärker inkludieren. Manchmal habe ich dann wieder so starke Verspannungen auf der rechten Seite der Halswirbelsäule (die Atemhilfsmuskeln dort, v.a. scaleni, die an den oberen Rippen ansetzen, verspannen sich extrem, wenn ich versuche, Brust- und Schulterübungen zu machen, was wiederum die Schulter rechts weiter destabilisiert - damit versuche ich sukzessive umzugehen und es wird besser. Das heißt aber auch, dass das Problem mit dem eingeklemmten Nerv, von dem ich ja früher schon mal schrieb, sich nun auch wieder gehäuft zeigt und ich dann ausstrahlende Schmerzen rechts am Übergang zum Oberarmknochen bis in die Hand bekomme).

Ich bin weiterhin ab und an in Osteopathie. Ich kann euch nur empfehlen: WENN ihr jemanden kompetentes kennen lernt, der:die mit euch auf Ebene von Gewebe, Nervensystem, zwischenmenschlich gut umgehen kann, MACHT ES. Ich habe durch meine Körperarbeit und mein funktionelles Körperverständnis, als auch meine Weiterbildungen im Bereich somatischer Arbeit und Nervensystem genug Verständnis, um einige Sachen zu kompensieren (wie geschildert) und dennoch ist es so wichtig, dass ich mich mal in andere Hände geben kann, um mal einen leichteren Zustand zu erleben in mir, in der Welt, im Körper, im Denken und Fühlen. Absolut empfehlenswert - ich bin so dankbar in Berlin jemanden dafür gefunden zu haben. Letztes Jahr an der Ostsee im Urlaub probierte ich einen Osteopathen aus, und dieser hat sich absolut grenzüberschreitend verhalten - das war meine schlimmste Erfahrung im medizinischen Kontext bisher.

Ich denke auch, dass, wenn ich prinzipiell vor den OPs genug gesunde Körperkraft gehabt hätte (Muskeln, bewegliches Bindegewebe und Fasziensystem, und die psychisch-emotionalen Kapazitäten) der Verlauf nach beiden OPs besser gewesen wäre und vllt. gar nicht so starke Veränderungen vorgenommen wären (bzw schon nicht so stark gewesen wären), da der Gewebezug auf die knöchernen Strukturen nicht ungünstig auf diese gewirkt hätte.

Ich bin immernoch nicht an einem Punkt, an dem ich sagen kann, die OPs hätten sich funktionell gelohnt. Ich habe erst einmal den Eindruck gewonnen, dass in Buch FUNKTIONELLE Aspekte nicht mitgedacht werden, sondern ausschließlich ästhetische. Die OP ist ein großer, experimenteller Eingriff und man schaut, ob es schön aussieht, aber ich bin mir sicher, viele Patient:innen und Ärzt:innen, werden wieder die Folgen solcher OPs auf allen möglichen körperlichen und psychischen Ebenen kennen, noch im Zusammenhang betrachtet verstehen können (bspw. führt die verminderte Aktivität der primären Einatemmuskeln zu einer neurologisch geringeren Aktivität der Stimmlippenmuskeln in Öffnung und Schluss, was wiederum dazu führt, dass der Körper Strukturen darüber akquirieren wird, um dies als überlebenswichtige Leistung zu gewährleisten, was zu Enge im Hals führt und damit zu einer weiteren Aktivierung der Ausatemmuskeln, v.a. Bauchmuskeln - die ohnehin schon aufgrund der Schmerzen und körperlichen Instabilität stärker verspannt sind und damit neurologisch zum sukzessiven Verschluss der oberen Atemwege führt. Falls jemand von euch also solche Empfindungen hat, habt ihr jetzt eine Erklärung :P diese funktionellen und neurologischen Zusammenhänge sind als Doppelventilfunktion des Kehlkopfes bekannt und dazu gibt es gute Literatur. Das heißt auch, dass Bewegungen, die die Einatmungsmuskeln - also Aufrichtungs-, Haltungs- und Bewegungsmuskeln, die die Rippen nach seitlich und hinten erweitern) - günstig sind, also Klettern/Bouldern, verschiedene Formen des Schwimmens, manche Zugbewegungen (durch den Einfluss auf den Schultergürtel) und Rudern, und allgemeine körperliche Fitness.

Der Post wurde jetzt etwas nerdy, aber ich hoffe einfach, da waren auch sinnvolle Infos dabei. Im nächsten poste ich ein paar Pics.

Abgesehen von den vielen Bausstellen und aktuell wieder eben der Atemnot, konzentriere ich mich sehr darauf, Kraft aufzubauen, versuche mehr Kalorien zu mir zu nehmen und hab meine Ernährung etwas umgestellt (sehr funktionell, lecker ist was anderes), was mir sehr gut tut (seitdem ich täglich Proteinpulver und ein spezielleres Nahrungserzängzungsmittel zu mir nehmen, bin ich deutlich belastbarer und gar nicht mehr krank geworden - nicht mal im Ansatz) und hab eine zweijährige Fortbildung in meinem Bereich der Stimmarbeit beginnen können und beruflich läuft es auch deutlich besser. Meine Brust sieht natürlich deutlich besser aus, als zuvor - ob ich so viel mehr atmen kann, als zuvor, lässt sich kaum rekonstruieren - vor allem, da Druck/Spannung und Schmerzen und Erschöpfung ohnehin da mit rein wirken und sich meine Biomechanik gefühlt ständig ändert. Ich bin nur froh, jetzt wieder mehr an meiner Stimme arbeiten zu können. Die ganzen Fehlspannungen schreiben sich übrigens auch in die Möglichkeiten der Stimmarbeit ein - wie gesagt, Haltung, Atmung, aber auch einfach Gestaltungsfreiheit der oberen Atemwege für das Singen. Jede:r, der:die irgendwie sängerisch tätig ist (oder beruflich viel spricht) und ähnliche Ausgangslagen vorzuweisen hat, wie ich, sollte also wirklich sehr gut drüber nachdenken, ob so eine OP etwas für ihn:sie ist. Ich sehe auch, dass die Trichterbrust sich auch vorher in die stimmlichen Möglichkeiten eingeschrieben hat, aber kompensiert sehe ich diese eben nicht - jetzt ist es eben *anders* :D
Titel: Aw: Erfahrungsbericht, August 2020, OP nach Nuss, Helios Klinikum Buch
Beitrag von: albatros am 11. Juni 2023, 16:18:11
Ein Gedanke, der mich aber umtreibt, ist, ob das je ein Ende finden wird und wie bei zunehmenden Alter und Verschleiß dies Probleme mit sich führen kann oder wird (Knorpel werden knochig, Elastizität geht zurück, Muskelmasse, Kraft, Atemvolumen). Ein Grund mehr für Kraftaufbau und regelmäßige Bewegung.

Was ich oben vergessen habe zu erwähnen, ich habe oft Schmerzen unter der rechten Schulter bei der beschriebenen Auswärtsrotation des Schulterblatts. Beide tendieren auch zu weniger Mobilität. Als ich in meiner Weiterbildung durch Lösen bestimmter Strukturen und Aktivierung der Einatmungsmuskeln eine ganz andere und viel freiere und offenere Einatmungsform entdecken konnte, ohne, dass meine Atemhilfsmuskeln (auch der Kopfwender, der ganz schön fest ist) kicken mussten, war das mega befreiend, aber ich bekam auch sofort Mega Muskelkater unter den Schulterblättern.^^

Hier nun ein paar Bilder.

Relativ frisch nach der OP (nachdem die Drainagen auch raus waren) ist das erste Bild, noch im Krankenhauszimmer. Das zweite ist nach der OP.

Die letzten 4 Bilder sind alle von eben.


Titel: Aw: Erfahrungsbericht, August 2020, OP nach Nuss, Helios Klinikum Buch
Beitrag von: albatros am 11. Juni 2023, 16:18:37
Das letzte wollte ich auch noch dazu anhängen.
Titel: Aw: Erfahrungsbericht, August 2020, OP nach Nuss, Helios Klinikum Buch
Beitrag von: albatros am 02. September 2023, 11:03:27
Bild von heute. Fühle mich dezent wieder atemloser. Auf der rechten unteren Brustseite scheinen die Rippen Richtung Brustbein weiter eingesunken. Durch die Asymmetrien bin ich, wie gesagt, jeden Tag mit Asymmetrien durch den ganzen Körper beschäftigt (Nacken und vordere Hals/Atemhilfsmuskeln, Bauch und Hüftmuskulatur, auch durch die Beine bis in die Füße) und bin jeden Tag weiterhin am Dehnen, um auch die Zwischenrippenräume aufzufächern, die verengt sind. Daher habe ich stimmlich mal bessere, oder schlechtere Tage. Mein Oberkörper ist im Prinzip die gesamte Zeit nach rechts verdreht und kollabiert, folge ich den Muskelspannungen. Über manuelle Arbeit, Atem- und Aufrichtungsübungen widme ich mich diesen. Aktuell bin ich frustriert, da ich das Gefühl habe, wieder etwas Atemvolumen verloren zu haben und damit auch Kehlkopfabsenkung und stimmliche Möglichkeiten für den Gesang und die Stimmarbeit. Da die Entnahme nun 1 Jahr her ist, wollte ich ein aktuelles Bild schicken. Auf der rechten Seite nehme ich immer noch Zug nach innen wahr auf Höhe der Brustmuskulatur und meine Schulter ist instabil; außerdem habe ich ab und an einen leicht eingeklemmten Nerv. Schauen wir mal, wie es weiter geht.