Tb Korrektur Nuss/Ravitch w39 Magdeburg

Begonnen von peca, 30. September 2020, 10:49:57

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peca

Hallo,
es ist wirklich schön das es dieses Forum gibt und nach langem stillen Mitlesen habe ich beschlossen auch einen Erfahrungsbericht zu schreiben. Dank der eindrucksvoll beschriebenen Erfahrungen konnte ich mir ein Bild machen was bei einer Brustkorbkorrektur zu erwarten ist und bin so direkt und ohne Umwege an Herr Dr.Lützenberg geraten. Vielen Dank dafür !
Ich bin weiblich, 39 Jahre alt, 1,76m groß, 68kg schwer und hatte eine noch jungfräulich, unbehandelte Kombination aus Kiel-und Trichterbrust ( Pectus arcuatum ). In Höhe der 2.Rippe stand der Brustkorb auffällig nach vorn und direkt anschließend kippte das Brustbein im rechten Winkel nach innen.
Lange habe ich versucht eine OP zu umgehen, da auch der optische Aspekt für mich nicht im Vordergrund stand. Aber mit zunehmendem Alter haben die gesundheitlichen Probleme zugenommen und ich musste deshalb den Beruf wechseln, da bei Belastung die Luft wirklich knapp wurde.
Eigentlich bin ich Seitenschläfer, aber in der Position wurde das Brustbein noch stärker auf das Herz gedrückt, so dass ich nachts häufiger mit einem Puls von 120 aufgeschreckt bin und die letzten Jahre pro Nacht nur noch 4 Stunden schlafen konnte.
Im Oktober 2019 war ich in der Sprechstunde bei Herrn Dr.Lützenberg und anhand der mitgebrachten Untersuchungsergebnisse ( CT, Lungenfunktionstest ) und seiner Begutachtung des Brustkorbes war er der Meinung eine Korrektur wäre nötig um :
- eine optimale Atemmechanik wieder herzustellen,  da die Brustwand starr
    und unbeweglich ist   
- das Herz zu dekomprimieren und damit verhindern das sich die Aorta
   noch stärker erweitert
- die Schmerzsymptomatik ( Brustwand, Rippen, Wirbelsäule Ihr kennt das
   bestimmt ) aufzuheben
Das alles wäre möglich mittels einer offenen und geschlossenen ( Ravitch + Nuss ) Operationstechnik.
Der Dr. hat alles geduldig und ausführlich erklärt auch die Risiken ehrlich geschildert. Seine sichere, positive Art hat mich überzeugt und ein anderer Arzt kam für mich nicht mehr in Frage.
So hatten wir einen OP Termin für das Frühjahr 2020 ins Auge gefasst aber die Krankenkasse hat einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die eingereichten Unterlagen ( gut formulierter Arztbrief aus Magdeburg, Lufu mit belegter Vitalkapazität von 62%, CT auf dem das komprimierte Herz und die erweiterte Aorta sichtbar war) haben nicht ausgereicht und die Dak bzw. MDK forderten zusätzlich Befunde des HNO Arztes und Kardiologen sowie Röntgenaufnahmen des Brustkorbes ( ? trotz Kontrast CT ). Ich war bei verschiedenen Kardiologen und mich wundert, dass sie sich scheinbar mit Tb Patienten nicht auskennen, dabei ist das doch gar nicht so selten.
Dank Empfehlung des MDK hat die Krankenkasse die Kostenübernahme abgelehnt. Dr. Lützenberg hat daraufhin eine straffe Stellungnahme formuliert, ich habe noch so viele Untersuchungsergebnisse eingeholt wie möglich,  unter anderem eine 1 wöchige Diagnostik in einer Lungenklinik mit den aktuellen Lungenvitalwerten von nur noch 42%. Der eingereichte Widerspruch war damit erfolgreich.

peca

Das war wirklich harte Arbeit und ich hätte nicht gedacht, dass es so schwierig wird, da ja die Befunde eindeutig waren. Aber die eigentliche Herausforderung, die Operation stand ja noch an.
Am 18.08.2020 war es dann soweit. Die Aufnahme erfolgte am 17.08. am Uniklinikum Magdeburg mit den erforderlichen Voruntersuchungen, was etwas chaotisch ablief. Der Kollege der den Lungenfunktionstest durchgeführt hat, bescheinigte mir aufgrund der schlechten Werte mangelnde Mitarbeit. Am Abend wurde dann festgestellt, dass meine Blut-und Coronaproben verschwunden sind, also das Ganze nochmal  ::) langsam hatte ich Bedenken.
OP Tag: Die Korrektur war gegen Mittag geplant, vorher waren noch 2
               "Bügelentnahmen" dran
               Hübsch bestrumpft und mit Netzschlüpfer ging es dann ca. 10 Uhr
               in den OP-Vorbereitungsraum, der Eingriff fand dann von halb 12
               bis 14.30 Uhr statt. Es erfolgte:
               -Lösung von Muskelverklebungen
               -Rippenknorpelresektion C2 bis C7 beidseits, jeweils um 2 bis 4cm
                eingekürzt
               -Rekonstruktion einer Rippe
               -Keilresektion des Sternums alles wieder ordentlich vernäht
               -Einsetzen eines Pectus Bar + Stabilisator
               -Versetzen des Brustmuskels und vernähen in gewünschter
                 Position
               -Korrektur der Rippenbögen
               -Einsetzen von 3 Redondrainagen
               Ich bin entspannt eingeschlafen und so auch wieder aufgewacht
               und empfand die Narkose (Propofol) als wirklich angenehm, habe
               nichts mitbekommen als ich extubiert wurde und ein
               Blasenkatheder war auch drin, sehr praktisch. Außerdem konnte
               ich direkt nach dem Aufwachen trotz Bügel besser atmen als
               vorher. Die Verlegung auf die Intensivstation hat noch 2 Stunden
               gedauert. Es ist super das Dr.Lützenberg versucht die Patienten
               auf der Kinderintensivstation unterzubringen. Die Schwestern und
               Pfleger sind wirklich einfühlsam, ich war allein im Raum und hatte
               frische Luft durch ein offenes Fenster.
               Ausgestattet war ich mit einer PCA Pumpe (Dipidolor) zur
               Schmerzmittelversorgung über die Vene in der Hand zum selbst
               dosieren. Das hat leider nur einen halben Tag funktioniert, da dann
               die Vene dicht war (sehr schmerzhaft). Der Venenkatheder wurde
               entfernt und in Abständen erfolgte dann eine Injektion in den
               Oberschenkel muskulär. Zusätzlich habe ich noch Novalgin
               bekommen und so waren die Schmerzen gut auszuhalten. Dann
               wurden mit einem mobilen Röntgengerät noch Aufnahmen
               gemacht und da habe ich bemerkt, dass ich meinen Kopf gar nicht
               selbständig anheben konnte, das war gruslig. Ich wusste nicht
               das man so auf die Brustmuskulatur angewiesen ist um den Kopf
               aus liegender Position anzuheben  :).
1.Tag    Am 19.08. wurde ich dann wieder auf Station gebracht. Die ganze
              Zeit hatte ich starken Durst und mittels Schnabeltasse und Trink-
              halm funktionierte auch das, sogar ohne Erbrechen. Mittags gab es
              fertig belegte Schnittchen, das war lieb und die Schwestern und
              Brüder sind echt spitze. Leider war die Zimmerkollegin eine echte
              Drama-Queen (keine Tb-Patientin), die ständig Fenster und
              Jalousie geschlossen halten wollte. Die Hilflosigkeit hat mich so
              gewurmt, dass ich verbissen Aufstehen geübt habe. Das Aufstehen
              funktionierte, jetzt konnte ich das Fenster selbst öffnen ha  :).
              Später kam auch die Physiotherapeutin und erläuterte noch mal die
              Aufstehkniehebeltechnik und auch der Blasenkatheder wurde an
              dem Tag entfernt. Dr. Lützenberg hat dann auch das OP-Ergebnis
              begutachtet und ich konnte es in der Senkrechten betrachten.
              Das Resultat war beeindruckend, die obere Hervorwölbung und
              auch der Trichter war verschwunden. Der Dr. meinte vor der OP,
              dass die Brüste danach kleiner wirken. Ich finde das ist nicht der
              Fall, da durch die an richtiger Stelle angehobene Brustwand die
              Brust weiter nach vorn steht, was besonders unter der Kleidung
              auffällt und sich ziemlich ungewohnt anfühlt, aber schön
2.Tag    Mir gings nicht so gut und der Dr. meinte ich habe mich überlastet
              Ich glaube auch die straffe Schmerzmedikation (3×Ibuprofen600
              1×Pantozol, 3×Tilidin 100mg täglich) hat mich niedergestreckt.
3.Tag    Es ging mir wieder gut, also halbwegs, und die Drainagen wurden
              gezogen, die Wunden ordentlich verpflastert. So konnte ich
              endlich wieder duschen und das Haarewaschen funktionierte auch.
4.Tag    Es wurde noch ein Röntgenbild angefertigt, kein Pneumothorax,
              kein Erguss und alles an Ort und Stelle, Prima. Die Blutwerte
              waren auch super.
              Die Besucherregelung war auch nicht so streng wie ich aufgrund
              der Coronasituation vermutet habe und wir waren im Freien
              spazieren. Die Grünanlagen der Klinik sind schön. Leider hatte ich
              mit Verstopfung zu kämpfen aber auch da schafft das Pflege-
              personal Abhilfe.
5/6Tag Ich war viel draußen, bin spazieren gegangen und alles klappte
              immer besser. Im Nachhinein betrachtet war alles nicht so
              schlimm wie befürchtet und die OP Schmerzen hielten sich in
              Grenzen, auch dank der Schmerzmittel. Ehrlich gesagt fand ich die
              Verstopfung schlimmer. Nur bei der intravenösen Antibiotikagabe
              war mir übel, aber nach Umstellung auf Tabletten ging das wieder.
              Froh bin ich auch, das Ganze im Sommer gemacht zu haben, das
              Körpergefühl ist in Wärme ein ganz anderes und es reicht ein
              lockeres Hemd zum knöpfen und Sandalen zum reinschlüpfen.
7.Tag    Am 25.08.2020 wurde ich entlassen und fühlte mich ziemlich gut.
              Ich wurde abgeholt und die Fahrt von ca 200 km war auch nicht
              allzu lang und verlief unproblematisch.
Auf dir OP habe ich mich vorbereitet indem ich vorher eine Darmsanierung durchgeführt habe und auch in der Klinik während der Antibiotikagabe die guten Darmbakterien zum Aufbau der Darmflora zu mir genommen habe, sowie Zink und VitaminC. Außerdem habe ich vorher Muskeln aufgebaut und 5kg zugenommen.
Gut 2 Wochen nach der OP konnte ich selbst wieder Autofahren, allerdings mit einem Kissen unter dem Gurt.
Es ging mir erstaunlich gut und immer mehr Bewegungen waren möglich, nur auf Belastung, Sport und Drehbewegungen soll ich 3 Monate verzichten.
Das Aufstehen und Hinlegen ist etwas schmerzhaft und in liegender Position sind Bewegungen nur noch schwer möglich,  schlafen funktioniert nur in Rückenlage. Der Bügel drückt schon ganz schön, besonders die Bügelenden, sodass ich morgens noch eine Ibuprofen600+1 Pantoprazol und nachmittags eine Tilidin 100mg eingenommen habe.
4 Wochen nach dem Eingriff fühlte ich mich psychisch nicht so gut war antriebslos und niedergeschlagen. Deshalb habe ich die Schmerzmittel abgesetzt in der Hoffnung die Stimmung bessert sich.
In alltäglichen Bewegungen verfalle ich immer wieder in alte Bewegungsmuster und es kommen die "alten" Schmerzen wieder zum Vorschein. Auch mit Geradehalter ist es schwierig dem entgegenzuwirken, deprimierend.
Jetzt 6 Wochen nach der OP geht es mir körperlich ganz gut, nur niedergeschlagen bin ich noch immer.
Die Ravitch-Naht (verläuft bei uns Frauen waagerecht unter den Brüsten) geht oberflächlich an einigen Stellen immer wieder auf. Vielleicht sollte ich doch einen BH tragen damit die Brüste nicht so viel Spielraum haben   :)  und die Naht hält. Hat evtl. jemand Erfahrung damit, bin für jeden Tipp dankbar.
Das Taubheitsgefühl geht nur langsam zurück, was vielleicht ganz gut ist, da so die Schmerzen nicht in voller Stärke zu spüren sind. Hat auch hier jemand Erfahrung ob und wann das vollständige Gefühl zurückkommt ?
Das sind aber nur kleine Problemchen und ich hätte nicht gedacht, dass so ein Eingriff in meinem Alter so komplikationslos möglich ist. Da sieht man die Qualität dieses Arztes und ich bin so zufrieden, dass ich die OP dank ihm jederzeit wieder machen lassen würde. Nachts durchzuschlafen weil das Herz wieder Platz hat und endlich tief durchatmen zu können ist ein wunderbares Gefühl.
             
                       

               

Stromba

Hallo Peca

danke für deinen Bericht und weiterhin gute Besserung. Wie kommt es dass du so detailliert alles berichten konntest hast du den OP Bericht ?

Grüße
Stromba
1. OP 29 Jahre Ravitch
2. OP 37 Jahre Ravitch mit Netzimlantat
3. OP 43 Jahre MEK n.Hümmer (alte Erlangener Methode)
4. OP 44 Jahre Stabentfernung
5. OP 49 Brustwandkorrektur Ostercappeln

peca

Hallo Stromba,
danke, ja der Doktor hat erklärt was er gemacht hat und den OP Bericht habe ich auch. Anfang nächster Woche fahre ich zur Nachkontrolle, mal sehen was er sagt. So ein unbestimmtes Gefühl das etwas verrutscht sein könnte ( wie hier viele beschreiben ) besteht irgendwie.
Du hattest aber einen OP Marathon, wie geht es dir mittlerweile,  was machen die Bügelenden ?

Stromba

Hi Peca

ja die Bügelenden machen immer noch Probleme deshalb kommen Sie am 16.10.2020 raus. Das ist dann die 8 Op in Zusammenhang mit der TB.

Alles gute für Dich.
Stromba
1. OP 29 Jahre Ravitch
2. OP 37 Jahre Ravitch mit Netzimlantat
3. OP 43 Jahre MEK n.Hümmer (alte Erlangener Methode)
4. OP 44 Jahre Stabentfernung
5. OP 49 Brustwandkorrektur Ostercappeln

peca

Hallo Stromba,

danke schön. Lässt du die Bügel in Magdeburg entfernen und ist es ungewöhnlich das du an einem Freitag operiert wirst ? Da wünsch ich dir viel Erfolg und das dann mal gut ist mit Operationen.

Viele Grüße


Stromba

Hallo Peca

nein sie kommen in Ostercappeln raus.

Danke.

Viele Grüße
Stromba
1. OP 29 Jahre Ravitch
2. OP 37 Jahre Ravitch mit Netzimlantat
3. OP 43 Jahre MEK n.Hümmer (alte Erlangener Methode)
4. OP 44 Jahre Stabentfernung
5. OP 49 Brustwandkorrektur Ostercappeln

Zwieback

Hallo Peca,

Schön von jemandem zu lesen, die genau dasselbe Krankheitsbild hat/hatte wie ich. Auch ich wurde letzte Woche (14.10.) aufgrund eines Pectus arcuatum von Dr. Lützenberg operiert. Obwohl ich noch jünger bin (23) habe ich die OP leider nicht so leicht weggesteckt. Darf ich fragen, wie du an den OP Bericht gekommen bist? Hast du direkt danach gefragt oder hat man ihn dir einfach gegeben ? Wenn ich bedenke, dass es mir jetzt schon so viel schlechter geht als dir und du trotzdem noch so lange so starke Schmerzen hattest, wird mir ja ganz mulmig..

Wie geht es dir aktuell? :-)

Liebe Grüße Zwieback

sidewinda323

Hab mal eine Frage zum Aufenthalt in Magdeburg. Was muss man denn ausser einer Einweisung vom Hausarzt noch mit bringen?
War bereits schon zur Voruntersuchung dort.

peca

Hallo Zwieback,

das tut mir leid zu hören das du so mit Übelkeit zu kämpfen hast.
Was bekommst du gegen die Schmerzen, hattest du eine PDA oder eine PCA Pumpe für die Vene ?
Die Schmerzen waren bei mir die ersten beiden Tage heftig aber danach gings ( dank Tilidin  ;D ) und jetzt 9 Wochen nach der OP ist nur noch ein leichter Druck des Bügels gegen die Rippen spürbar. Es ist kein wirklicher Schmerz und auch wenn es schräg klingt, ich freue mich über das Gefühl weil es mich jedesmal daran erinnert was mit der Korrektur erreicht wurde.
Vor einer Woche war ich zur Nachkontrolle in Magdeburg und es sieht alles gut aus und der Doktor meinte auch ich brauch mir keine Sorgen zu machen, dass evtl etwas verrutscht oder Muskel abreißt. Allerdings bin ich volle 3 Monate krankgeschrieben, da ich körperlich arbeite und nicht riskieren möchte das etwas kaputt geht, es wäre schade um die Arbeit.
Ich habe Herrn Dr. Lützenberg nach dem OP Bericht gefragt.
Ich drück die Daumen das es dir bald besser geht, aber das wird schon und nach einer Weile wirst du dich bestimmt über das Ergebnis freuen und die Schmerzen treten in den Hintergrund.
LG

peca

Hallo Sidewinda,

wenn der Doktor schon alle Befunde hat , dann direkt für die OP eigentlich nur den Einweisungsschein vom Hausarzt und schriftlich die Kostenübernahmebestätigung der Krankenkasse. Du bist demnächst auch dran ?

LG

sidewinda323


peca

Sidewinda, dann alles Gute für den Eingriff, es ist eine Rezidiv OP oder ?
VG

sidewinda323

Rezidiv, wurde aber wegen Corona auf Februar 2021 verschoben  >:(

peca

Da kann man nur hoffen das dann planbare OP's wieder durchgeführt werden und es nicht noch länger dauert. Ich drück die Daumen.