Entwurf einer Trichterbrust-FAQ

Begonnen von ex.pectus, 22. September 2014, 20:03:37

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ex.pectus

Ich habe mal angefangen, einige Fragen und Antworten in einer FAQ zusammenzufassen. Dazu würden mich möglichst viele Kommentare, Meinungen, Kritik, Verbesserungsvorschläge, Ergänzungen usw. interessieren.

Der Sinn dieser FAQ soll auf jeden Fall nicht sein, zukünftige Fragen und Diskussionen überflüssig zu machen.

Entwurf einer Trichterbrust-FAQ (Version 0.0 vom 22.09.2014)

Vorbemerkung:
Die Antworten und Angaben in dieser FAQ sind subjektiv und nicht in Stein gemeißelt. Bei Unklarheiten oder Nachfragen einfach im Forum genauer nachfragen.

Was ist eine Trichterbrust?

Eine Trichterbrust ist "nur" eine Veränderung des Brustkorbs, bei der das Brustbein in den Brustkorb einsinkt, wodurch ein Trichter entsteht. Neben dem Brustbein selbst können auch andere Teile des Brustkorbs (Rippen) großflächig eingesunken sein. Dann erscheint zwar kein gut abgegrenzter Trichter, aber es handelt sich dann trotzdem um eine Thoraxdeformormität, für die die nachfolgenden Erläuterungen ebenfalls sinngemäß gelten.

Keine Trichterbrust liegt vor, wenn es nur äußerlich wie ein Trichter aussieht, weil beispielsweise die Brustmuskeln entsprechend vorstehen, ohne dass das Brustbein oder die Rippen eingesunken sind.


Wieso "nur"?

Zwar kann man das Einsinken des Brustkorbs natürlich an sich schon schlimm genug finden, aber das Einsinken selbst muss in vielen Fällen keine sonstigen negativen Auswirkungen haben. Man muss deswegen weder krank noch unglücklich sein oder werden.

Man muss zwischen der Trichterbrust selbst und (möglichen) Folgen der Trichterbrust unterscheiden. Folgen der Trichterbrust können physische Beeinträchtigungen (Herz, Lunge, Fehlhaltungen und anderes mehr) sowie psychische Beeinträchtigungen sein.

Die Trichterbrust ist das eine und die Folgen sind das andere! Die Folgen kann man neben der Trichterbrust auch haben, muss man aber nicht. Und wenn man das andere auch hat, kann es von der Trichterbrust gekommen sein, muss es aber nicht.

Genau genommen muss man also sogar zwischen 3 Dingen unterscheiden:
1. Der Trichterbrust bzw. Thoraxdeformität selbst,
2. Beeinträchtigung, die im konkreten Fall vorliegen und die Folge der Trichterbrust sind. Und
3. Beeinträchtigungen, die zwar vorliegen und TB-typisch sind, aber die im konkreten Fall keine Folge der Trichterbrust sind.

Dieser Unterscheidung kann sehr wichtig sein, wird aber von manchen ignoriert und kann dann zu falschen Schlussfolgerungen und Entscheidungen führen.

Nochmal klar und deutlich: Man kann eine Trichterbrust haben, die bisher zu keinerlei Beeinträchtigung geführt hat und auch in Zukunft nie zu Beeinträchtigungen führen wird!


Wie sind die Zusammenhänge zwischen der Trichterbrust und körperlichen Beeinträchtigungen?

In physisch bzw. körperlicher Hinsicht muss man sagen, dass der Zusammenhang zwischen dem Ausmaß bzw. der Ausprägung der Trichterbrust einerseits und den körperlichen Beeinträchtigungen wohl vom Grad der Ausprägung abhängen muss.

Vielleicht kann man nicht sagen, dass es eine direkte Korrelation gibt. D.h. eine stärker ausgeprägte Trichterbrust muss nicht automatisch zu stärkeren Beeinträchtigungen führen. Das also nicht.
Aber man wird sicher sagen können, dass die Trichterbrust ein bestimmtes Maß an Ausprägung mindestens erreicht haben muss, um überhaupt körperliche Beeinträchtigungen zur Folge haben zu können. D.h. bei einer nur minimal ausgeprägten Trichterbrust können bestimmte körperliche Beeinträchtigungen nicht die Folge der Trichterbrust sein. D.h. falls es körperliche Beeinträchtigungen bei einer nur minimal ausgeprägten Trichterbrust gibt, dann sind sie keine Folge der Trichterbrust, sondern haben eine andere Ursache.

Beispiel zur Veranschaulichung: Übergewicht kann eine Leistungseinschränkung zur Folge haben. Wenn man 20, 30 oder 50 kg mehr als normal wiegt und es sich dabei hauptsächlich um Fett handelt, dann leuchtet das ein. Wenn man dagegen nur ein halbes Kilo über normal wiegt oder das vermeintliche Übergewicht aus funktioneller Muskelmasse besteht, ist es geradezu ausgeschlossen, dass die Leistungseinschränkung mit dem vermeintlichen Übergewicht zusammenhängt. Dann muss es andere Gründe für vorhandene Leistungseinschränkungen geben. Am minimalen Übergewicht liegt es dann in dem Fall nicht.


Und wie sind die Zusammenhänge zwischen der Trichterbrust und psychischen Beeinträchtigungen?

Noch uneinheitlicher als bei den körperlichen Folgen. Und hier kann man auch nicht sagen, dass die Trichterbrust erst ein bestimmtes Mindestmaß erreicht haben muss, um psychische Auswirkungen zur Folge zu haben. D.h. auch unter einer minimalen Trichterbrust kann ein Betroffener sehr stark psychisch Leiden.

Allerdings stellt sich auch im psychischen Bereich die grundsätzliche Frage, ob die Trichterbrust tatsächlich die Ursache und das psychische Leiden tatsächlich die Folge der Trichterbrust ist. Schließlich kann man auch ohne Trichterbrust psychische Probleme haben. Und zu den psychischen Problemen kann man dann eben auch noch zusätzlich eine Trichterbrust haben, die das ganze (nur) verstärkt, aber nicht allein ausgelöst hat.


Wie wird sich eine Trichterbrust im Laufe des Lebens entwickeln?

Niemand kann die Zukunft zuverlässig vorhersagen. Auch Ã,,rzte nicht. Und es gibt keine Gesetzmäßigkeiten wie sich eine Trichterbrust entwickeln wird. Es gibt Erfahrungswerte, an denen man sich orientieren kann. Diese Erfahrungswerte sind aber zum Teil sehr unterschiedlich bzw. sie werden unterschiedlich interpretiert.

Und auch hier sollte man zum besseren Verständnis wieder zwischen der Trichterbrust selbst und den anderen Beeinträchtigungen unterscheiden:

Entwicklung der Trichterbrust selbst im Laufe des Lebens:
Die größten Veränderungen sind wohl während Wachstumsphasen zu erwarten. Es gibt Fälle, in denen sich eine angeborene bzw. im Kleinkindalter herausgebildete Trichterbrust im Laufe der Zeit wieder zurückgebildet hat. Vermutlich aber eher leichte und eher seltene Fälle. Nach Abschluss des Wachstums ist davon auszugehen, das der Zustand der Trichterbrust selbst eher so bleibt wie er ist.

Entwicklung der Folgen der Trichterbrust im Laufe des Lebens:
...


Fragen zur Nuss-OP:

Spielt das Alter und die Form der Trichterbrust für eine Nuss-OP eine Rolle?

Auf jeden Fall: Vorteil, wenn man jünger ist: Je jünger man ist, desto besser lässt sich das Brustbein mit der ursprünglichen, originalen Nuss-Methode relativ schonend anheben. Gleichzeitiger Nachteil: So lange das Wachstum noch nicht komplett abgeschlossen ist, desto größer ist das Risiko, dass es durch entsprechende Wachstumsphasen zur erneuten Trichterbildung kommt (während oder nach der Bügeltragezeit). Dies sollte also entsprechend bei der OP-Planung berücksichtigt werden.

Die ursprüngliche, originale Methode von Dr. Nuss ist nur für Kinder und Jugendliche sowie in erster Linie für symmetrische Fälle gedacht. Und das ist auch immer noch so!

Um die Nuss-Methode auch bei älteren und Erwachsenen bzw. unsymmetrischen Fällen erfolgreich anwenden zu können, muss die Nuss-Methode entsprechend modifiziert angewendet werden. Erwachsene Patienten sollten sich deshalb nur bei einem Operateur operieren lassen, der nicht nur die ursprüngliche Nuss-Methode beherrscht und bisher Kinder und Jugendliche operiert hat, sondern der auch über ausreichend Erfahrungen in der Behandlung Erwachsener bzw. unsymmetrischer Fälle verfügt.

...
Trichter-/Kielbrust Nuss-OP 22.10.2010 (43 J, m, 185 cm, 71,5 kg, Berlin-Buch Prof. Schaarschmidt)
2. OP=Bügelentfernung 20.11.2013 (Magdeburg, Dr. Lützenberg)
meine Trichterbrust-OP-Seite

annaj

Zitat von: ex.pectus am 22. September 2014, 20:03:37

Entwicklung der Trichterbrust selbst im Laufe des Lebens:
Die größten Veränderungen sind wohl während Wachstumsphasen zu erwarten. Es gibt Fälle, in denen sich eine angeborene bzw. im Kleinkindalter herausgebildete Trichterbrust im Laufe der Zeit wieder zurückgebildet hat. Vermutlich aber eher leichte und eher seltene Fälle. Nach Abschluss des Wachstums ist davon auszugehen, das der Zustand der Trichterbrust selbst eher so bleibt wie er ist.
Hier hätte ich gern ein deutlichere hinweis, das eher das gegenteil öfters vorkommt.... also das ein leichte tb im kindersalter sich oft verschlimmert in den wachstumsphase, sprich pubertät.

Ich bin ja froh das die nussmethode entwickelt ist, und das man sich operieren lassen kann, aber am liebsten hätte ich gesehen das ein tb frühzeitig im kindesalter ernst genommen wird, und schon dann behandelt! Nicht chirurgisch, sondern mit saugglocke, physiktherapeutisch o.Ã,,. Und das eine auge auf Mangelerscheinungen geworfen wird und auch behandelt wird. Es ist ein wie das storchsyndrom zu denken, wie viele ärzte gern tun, "es wächst weg" oder "warten wir es ab" statt das problem zu früh wie möglich zu behandeln. Kinder können auch leiden wenn sie klein sind, mir war mein tb bewusst von sehr früh, vier Jahren, also seit dem ich bewusste erinnerungen an alltäglichen dingen habe.
Weiblich.
1989-2011/01 Silikonimplantat. (16 J)
2011/03 Nuss-OP (modifiziert), dr. Lützenberg, Berlin Charité. (fast 39 J)
2013/08 Stabentfernung, dr. Lützenberg, Uniklinik Magdeburg. Zusätzlich würde grossflächig Muskeln versetzt (versuch Brustrekonstruktion, Knorpel wurde abgeschliffen usw)
2014/04 Brustrekonstruktion, Silikon in beide Brüste. Kleine Korrektur 2014/09 bei dr. Lützenberg.