Trichterbrust "rein ästhetisches Problem"

Begonnen von Bahnfahrer, 30. Juli 2014, 20:13:25

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Bahnfahrer

 Hallo an die Runde,

bei mir wurde im Alter von 12 Jahren Trichterbrust diagnostiziert (heute bin ich 38 Jahre). Der Facharzt, bei dem ich damals war, hat dringend von einer OP abgeraten. Dies sei im Wesentlichen ein ästhetisches Problem. Ich bekam dann aber Krankengymnastik verschrieben. Tatsächlich war ich danach über 20 Jahre beschwerdefrei (was körperliche Beschwerden angeht). Vor ca. 3 Jahren wurden die muskulären Probleme an den Rippenbögen und der Halswirbelsäule aber so schlimm, dass ich wegen Schmerzen ein paar Tage nicht arbeiten konnte. Physiotherapie leistet seitdem gute Dienste, auch wenn die Beschwerden tendenziell schlimmer werden. Im Zusammenhang mit der Trichterbrust und den der entsprechenden Fehlhaltung habe ich ebenfalls ein Rundrücken entwickelt. Das mit dem "rein ästhetischen Problem" hat sich so als offensichtliche Fehleinschätzung herausgestellt.

Anfang dieses Jahres ging ich deshalb an die Uniklinik Freiburg (Dr. Wiesemann, Klinik für Thoraxchirurgie) und ließ die Trichterbrust untersuchen. Eine CT wurde nicht gemacht/angefordert, lediglich ein Lungenfunktionstext durchgeführt mit dem Ergebnis, dass meine Lungenfunktion trotz ausgeprägter TB (Tiefe 8 cm, Haller-Index 4,9) normal ist, was eben daran liegt dass ich Nichtraucher und sportlich aktiv bin. Eine OP nach Nuss wäre möglich, aber im Prinzip sei die TB eben ein ästhetisches Problem. Gesundheitlich nicht weiter einschränkend. Da ich zu diesem Zeitpunkt schon viel über das Thema gelesen hatte (Pub Med-Artikel, aber auch schon hier im Forum), hatte ich erhebliche Zweifel, ob das so stimmen kann. Meine körperlichen Beschwerden waren ja auch da.

Im Juni hatte ich dann einen Termin bei Dr. Lützenberg in Magdeburg, der hier ja hohes Ansehen genießt. Er hat schon im Vorfeld eine CT mit Kontrastmittel angefordert und meine Zweifel an der Diagnose aus Freiburg bestätigt: Rundrücken und muskuläre Beschwerden aufgrund Fehlhaltung, die auf die TB zurückzuführen sind. Zudem Druck der Brustwand auf das Herz und die Leber. Nach etwas Bedenkzeit habe ich dann eine modifizierte Nuss-OP Ende August in Magdeburg vereinbart.
Mir scheint, dass die TB auch heute noch bei vielen Ã,,rzten v.a. als ästhetisches Problem gesehen wird, obwohl die körperlichen Beschwerden und gesundheitlichen Risiken doch eigentlich oft evident sind. Mich würde interessieren, ob andere da ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Mein Eindruck ist, dass bei vielen Ã,,rzten die TB immer sofort in die Schublade "rein ästhetisches Problem" geschoben wird. 



Jahrgang 1975
im August 2014 modifizierte Nuss-OP bei Dr. Lützenberg in Magdeburg

ex.pectus

Das gibt es bestimmt, dass Ã,,rzte die TB sofort in die Schublade "rein ästhtisches Problem" schieben.
Und umgekehrt gibt es das auch, dass Ã,,rzte diverse gesundheitliche Probleme unberechtigterweise mit der TB in Verbindung bringen. Und zwar sowohl unabsichtlich als bestimmt auch absichtlich, aber das ist letztlich egal.

Von welchen Ã,,rzten es mehr gibt und wer von ihnen mehr falsch macht bzw. falscher liegt, dürfte schwer zu entscheiden sein (nach wissenschaftlichen Maßstäben auf der Grundlage von Fakten).

Zitat von: Bahnfahrer am 30. Juli 2014, 20:13:25
Mir scheint, dass die TB auch heute noch bei vielen Ã,,rzten v.a. als ästhetisches Problem gesehen wird, obwohl die körperlichen Beschwerden und gesundheitlichen Risiken doch eigentlich oft evident sind.

Wie soll das gehen, das Beschwerden und gesundheitliche Risiken evident auf die TB zurückzuführen sind?

Das müssten dann doch Beschwerden oder Risiken sein, die es entweder nur im Zusammenhang mit einer TB gibt bzw. die im Zusammenhang mit anderen Krankheiten auftreten, welche aber im konkreten Fall dann evident ausgeschlossen sind.

Beispiel: Wirbelsäulenproblem (HWS, BWS, LWS)? Wieviele Leute haben solche Probleme, aber keine TB? Bei wievielen Leuten ohne TB besteht zwischen den Beschwerden und dem radiologischen Befund kein signifikanter Zusammenhang. D.h. bei Leuten mit Beschwerden, sieht man im Bild nicht viel. Und bei anderen sieht man zufälliger Weise im Bild eine beschädigte WS, aber die Betroffenen haben nicht die entsprechenden Beschwerden. usw. usf.

Zitat von: Bahnfahrer am 30. Juli 2014, 20:13:25
Er hat schon im Vorfeld eine CT mit Kontrastmittel angefordert

Interessant! Ausdrücklich ein CT mit Kontrastmittel? Ging es eventuell um zusätzliche Diagnostik zusätzlich zur TB? Denn für ein normales Schnittbild durch den Trichter wäre erstens MRT besser als CT und man benötigt eigentlich kein Kontrastmittel. Bzw. würde mich interessieren, wofür man es benötigen soll.
Trichter-/Kielbrust Nuss-OP 22.10.2010 (43 J, m, 185 cm, 71,5 kg, Berlin-Buch Prof. Schaarschmidt)
2. OP=Bügelentfernung 20.11.2013 (Magdeburg, Dr. Lützenberg)
meine Trichterbrust-OP-Seite

Bahnfahrer

Zitat von: ex.pectus am 30. Juli 2014, 21:03:29


Wie soll das gehen, das Beschwerden und gesundheitliche Risiken evident auf die TB zurückzuführen sind?

Das müssten dann doch Beschwerden oder Risiken sein, die es entweder nur im Zusammenhang mit einer TB gibt bzw. die im Zusammenhang mit anderen Krankheiten auftreten, welche aber im konkreten Fall dann evident ausgeschlossen sind.

Mir schien der Zusammenhang Trichterbrust --> Fehlhaltung --> Schmerzen an Rippenbögen und verspannter Rücken klar zu sein. Klar können die Ursachen auch andere sein. Der Zusammenhang mit der TB drängt sich aber schon auf, so dass mich wundert, dass Ã,,rzte den Zusammenhang oft nicht herstellten.


Zitat von: ex.pectus am 30. Juli 2014, 21:03:29
Zitat von: Bahnfahrer am 30. Juli 2014, 20:13:25
Er hat schon im Vorfeld eine CT mit Kontrastmittel angefordert

Interessant! Ausdrücklich ein CT mit Kontrastmittel? Ging es eventuell um zusätzliche Diagnostik zusätzlich zur TB? Denn für ein normales Schnittbild durch den Trichter wäre erstens MRT besser als CT und man benötigt eigentlich kein Kontrastmittel. Bzw. würde mich interessieren, wofür man es benötigen soll.

Dr. Lützenberg hat ein MRT oder ein CT mit Kontrastmittel angefordert. Ein MRT ist meist schwieriger zu bekommen als eine CT, so dass ich froh war, dass die CT bei mir dann schnell gemacht werden konnte. Bei den genauen Hintergründen wieso ausgerechnet CT mit Kontrastmittel bin ich allerdings überfragt.
Jahrgang 1975
im August 2014 modifizierte Nuss-OP bei Dr. Lützenberg in Magdeburg