Kosten einer Trichterbrust-OP

Begonnen von ex.pectus, 04. März 2012, 10:29:39

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ex.pectus

Zitat von: annaj am 02. März 2012, 20:27:47
da Helios-Buch eine private klinik ist. Was ich mitbekommen habe ist das ein tb-op in der Charité ca 6.000â,¬ kostet, im Helios ca 25.000â,¬.

Mal ganz simpel vereinfacht, weil es sonst zu langatmig wird (und wie immer ohne Gewähr): Für eine Trichterbrust-OP im Helios-Krankenhaus Berlin-Buch (nicht zu verwechseln mit der Helios Privatklinik Berlin-Buch, s. anderen Beitrag) darf vom Krankenhaus genauso viel oder wenig berechnet werden wie für eine Trichterbrust-OP in der Charité, bis auf minimale krankenhausindividuelle Unterschiede, die aber größenmäßig nicht ins Gewicht fallen.

Dabei spielt es auch keine Rolle, ob man privat oder gesetzlich, in Deutschland oder im Ausland versichert ist, ob man überhaupt versichert oder Selbstzahler, ob man In- oder Ausländer ist.

Für alle gelten im stationären Bereich die gleichen gesetzlichen Vorschriften und Berechnungsformeln nach dem DRG-System.

Die allgemeine DRG-Formel lautet: Fallpauschale = Basisrate x Bewertungsrelation

Basisrate:
Auch Basisfallwert, Basisfallrate genannt, war in der Anfangszeit für jedes DRG-Krankenhaus unterschiedlich. Seit 2009 gibt es nur noch Unterschiede zwischen den Bundesländern, innerhalb eines Bundeslandes aber nicht mehr. In Kürze werden bundeseinheitliche Werte erreicht. Da die Basisrate zum Teil mehrmals im Jahr geändert wurde, beziehen sich alle Angaben in der folgenden Tabelle auf den 31.12. eines Jahres:



                             2005             2006             2007             2008             2009             2010             2011           
Charité3496,89 EUR2590,89 EUR2930,00 EUR2930,00 EUR2900,00 EUR2927,50 EUR2935,00 EUR
Helios Berlin-Buch3438,31 EUR3195,81 EUR3113,67 EUR3113,67 EUR2900,00 EUR2927,50 EUR2935,00 EUR
(Quelle: Zahl-Basisfallwerte zusammengstellt vom AOK-Bundesverband)

Bewertungsrelation:
Die Bewertungsrelation ergibt sich aus dem jeweils gütligen DRG-Katalog (Online-Version) und kann mit mit einem sogenannten DRG-Grouper (Online Web-Grouper) ermittelt werden. Entscheidend bei der Trichterbrust-OP sind eigentlich nur Hauptdiagnose (ICD-Code), Nebendiagnose, Therapie/Prozeduren (OPS-Code). Alter (wenn über 15 Jahre), Aufnahmegewicht, Geschlecht und Beatmungsdauer (da unter 24h) sind irrelevant.

Bei der Hauptdiagnose Trichterbrust, ICD-Code: Q67.6, der Operations-Prozedur für Nuss-OP, OPS-Code: 5-346.A0 (inzwischen neue Unterteilungen: 5-346.A6) und weiteren ergibt sich im Jahr 2010 die DRG E05C mit der Bewertungsrelation 2,013 (Trichterbrust-OP ohne CC). Auch mit diversen zusätzlichen Diagnosen oder Prozeduren ändert sich an dieser Eingruppierung zunächst nichts. Erst wenn diese zusätzlichen Diagnosen/Prozeduren besonders schwerwiegenden sind, ändert sich die Engruppierung in E05A mit der Bewertungsrelation  3,393 (Trichterbrust-OP mit CC).

Es sind nur diese beiden Eingruppierungen relevant. D.h. es ist entweder die eine oder die andere. Abstufungen dazwischen gibt es nicht. Es gibt aber Abschläge, wenn man weniger Tage im KH als die übliche Verweildauer ist, oder Zuschläge, wenn mehr.





                                           Bewertungsrelation        Verweildauer im KH
Trichterbrust-OP ohne CC
(DRG E05C)
2,0133 - 22 Tage
Trichterbrust-OP mit CC
(DRG E05A)
3,3935 - 33 Tage

Ergebnis Fallpauschale:

Beispielhaft für das Jahr 2010:



Nuss-OP ohne CC (DRG E05C, bis 22 Tage):             2927,50 EUR x 2,013 = 5893,06 EUR
Nuss-OP mit CC (DRG E05A, bis 33 Tage):2927,50 EUR x 3,393 = 9933,01 EUR

[Edit: Das ist das Ergebnis bei krankenhausfreundlicher Berechnung. Bei krankenversicherungsfreundlicher Brechnung kommen sogar noch geringere Werte heraus. Dazu später mehr.]

Genau diese 9933,01 hat das Helios-Klinikum Berlin-Buch für meine Trichterbrust-OP angesetzt. Zuzüglich diverser Zuschläge beläuft sich die Gesamtsumme auf 10.060,98 EUR. In meinem Blog gibt es die komplette Rechnung und auch die sonstigen Kosten für die Wahlleistungen/Chefarzt sind aufgeführt.

Unterschiede zwischen Helios und Charité gibt es aber auch:
Prof. Schaarschmidt vom Helios ist Chefarzt, Dr. Lützenberg von der Charité noch nicht. Durch die Kosten für die chefärztliche Wahlleistung können also Zusatzkosten entstehen (bspw. 2.413 EUR). Die chefärztliche Leistung müsste aber vorher schriftlich mit dem Patienten vereinbart werden, trifft also für alle nicht zu, die das nicht vereinbart haben. Die Chefarzt-Rechnung ist eine eigenständige Rechnung des Chefarztes und nicht etwa des Krankenhauses.

Die im Internet genannten, deutlich höheren und offensichtlich an ausländische Patienten gerichteten Preise sind für mich ein Mysterium. Ich würde gerne mal die zugehörige Rechnung sehen.
Als 2007 über den Verdacht des Organhandels an der Uniklinik Kiel in Monitor und anderen Medien berichtet wurde, gab es auch eine Untersuchung des Landesrechnungshofs zu den Kosten, die Ausländern in Rechnung gestellt wurden (s. PDF, S. 147). In dem Bericht kann man nachlesen, dass es nach dem Gesetz keine unterschiedlichen Preise für In- und Ausländer gibt sowie welche Abrechnungstricks in einer Grauzone liegen und welche als unzulässig angesehen werden.

Aber abgesehen davon heißt es auf der internationalen Homepage von Helios Healthcare unter Price and Payment ausdrücklich: "The entire cost structure is based on the German DRG-System, the official billing system used in Germany."

Und auf pectusinfo.com schreibt schaar aka Prof. Schaarschmidt am 01.09.2009: "Price is now 20000 E for a primary and 24000 for a redo, payable 2 weeks in advance".
Trichter-/Kielbrust Nuss-OP 22.10.2010 (43 J, m, 185 cm, 71,5 kg, Berlin-Buch Prof. Schaarschmidt)
2. OP=Bügelentfernung 20.11.2013 (Magdeburg, Dr. Lützenberg)
meine Trichterbrust-OP-Seite

Val

Soweit mir bekannt ist der Preis für ausländische Patienten ein Pauschalpreis.
Dieser deckt alle Leistungen ab, unabhängig von der Dauer des Aufenthalts.
Man muss sich vor Augen führen, dass im Fall von Komplikationen die Kosten auf Seite der Klinik schnell ansteigen können.

Bei einem deutschen Patienten würden diese von der Versicherung übernommen, bei einem ausländischen Patienten ist dies oft nicht der Fall.

Dementsprechend kann man den Betrag, der über den durschnittlichen Kosten liegt, als eine Art Versicherung oder Risikopauschale sehen.

Ich denke, dass der Preis fair ist und hätte ich die Kosten selber übernehmen müssen und die Wahl, entweder nur für Kosten auf zu kommen die tatsächlich entstehen oder einen festen Betrag zu zahlen und damit abgesichert zu sein, hätte ich auch eine pauschale Abrechnung bevorzugt.

Zudem sind die Preise, die im Ausland für Selbstzahler berechnet werden ähnlich (dies hat mir ein australischer Zimmernachbar in Berlin gesagt).

Am Rande; Es gab glaube ich einen Patienten, der einige Wochen nach seiner Rückkehr nach Hause Komplikationen im Zusammenhang mit der Behandlung hatte.
Daraufhin wurde ihm eine kostenlose Weiterbehandlung angeboten.
Ein englischsprachiges Forum mit ausführlichen Erfahrungsberichten http://www.pectusinfo.com/board

ex.pectus

#2
Zitat von: Val am 07. März 2012, 13:55:54
Soweit mir bekannt ist der Preis für ausländische Patienten ein Pauschalpreis.
Dieser deckt alle Leistungen ab, unabhängig von der Dauer des Aufenthalts.

Genau so habe ich die genannten "Ausländer"-Preise auch immer verstanden. Bei dem Preis über 20.000 EUR aus dem Jahr 2009 steht es zwar nicht explizit dabei, aber bei der Preisangabe aus dem Jahr 2006 steht: "including everything except bar removement 2 years later" (schaar aka Prof. Schaarschmidt, 06.07.2006 auf pectusinfo.com).

Allerdings ist die deutsche DRG-Fallpauschale auch ein Pauschalpreis, was sich sogar schon im Namen ausdrückt. Solange nur die typischen Leistungen einer Trichterbrust-OP erbracht werden, sind mit der entsprechenden Trichterbrust-OP-Fallpauschale alle Kosten unabhängig von der Dauer des Aufenthalts abgedeckt, allerdings nur bis 22 bzw. 33 Tagen. Wenn es länger wird, wird es teuerer. Und auch wenn wegen gravierenden Komplikationen Leistungen erbracht werden, die eine höhere DRG-Eingruppierung zur Folge haben, wird es teuerer.


Zitat von: Val am 07. März 2012, 13:55:54
Man muss sich vor Augen führen, dass im Fall von Komplikationen die Kosten auf Seite der Klinik schnell ansteigen können.

Bei einem deutschen Patienten würden diese von der Versicherung übernommen, bei einem ausländischen Patienten ist dies oft nicht der Fall.

Dementsprechend kann man den Betrag, der über den durschnittlichen Kosten liegt, als eine Art Versicherung oder Risikopauschale sehen.

Genau so habe ich das Konstrukt auch lange Zeit gesehen, bis ich vor kurzem gelesen habe, was Randy von pectusinfo.com am 29.01.2012 geschrieben hat. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, schreibt er, dass Prof. Schaarschmidt die Hälfte seiner Krankenhauskosten übernommen hat, weil er Randy falsch informiert hatte, dass keine weiteren Kosten wegen der Komplikationen berechnet werden (am Ende 47 Tage Krankenhausaufenthalt).

Das spricht doch wohl eindeutig gegen deine (und meine frühere) Annahme, dass es sich bei dem "Ausländer"-Preis um eine allumfassende Pauschale inkl. Komplikationen und unbegrenzter Aufenthaltsdauer handelt (statt normaler DRG-Pauschale).

Zitat von: Val am 07. März 2012, 13:55:54
Ich denke, dass der Preis fair ist und hätte ich die Kosten selber übernehmen müssen und die Wahl, entweder nur für Kosten auf zu kommen die tatsächlich entstehen oder einen festen Betrag zu zahlen und damit abgesichert zu sein, hätte ich auch eine pauschale Abrechnung bevorzugt.

Nur um mal die Bewertung als fair nachvollziehen zu können: Welche Annahmen über Preise und Risiken stecken denn in dem fair drin?

regulärer Preis: um die 5893,06 EUR bis 9933,01 EUR
Aufschlag als "Versicherungsprämie": ca. 10.000 EUR
Risikobeschreibung: wie "Autoausbeulen"/"Zahnspangenbehandlung" bei dem Spezialisten, zu dem Patienten aus aller Welt kommen
Risikoabschätzung durch das Krankenhaus: sehr wenige Patienten von Komplikation betroffen
Risikoabschätzung durch den Patienten: man selbst könnte von Komplikationen betroffen sein

Als Betroffener (=Versicherungsnehmer) könnte ich es sogar verstehen, dass man lieber 100% Aufschlag bezahlt, um kein Risiko einzugehen. Auf Seiten des Krankenhauses (=Versicherung) würde es sich ja wohl um die größte Abzocke unter der Sonne handeln.

Oder die Höhe des Aufschlags ist ein Hinweis darauf, dass das Risiko doch sehr viel höher ist, als es die Beschreibung als Autoausbeulen/Zahnspangenbehandlung suggerieren.

Beides geht aber wohl nicht: einerseits die OP bei Prof. Schaarschmidt als sehr sicher bezeichnen und gleichzeitig 100% Risikoaufschlag fair finden.

Das ist aber nur Spekulation, da der "Ausländer"-Preis wohl keinen Versicherungsaufschlag enthält.

Zitat von: Val am 07. März 2012, 13:55:54
Am Rande; Es gab glaube ich einen Patienten, der einige Wochen nach seiner Rückkehr nach Hause Komplikationen im Zusammenhang mit der Behandlung hatte.
Daraufhin wurde ihm eine kostenlose Weiterbehandlung angeboten.

Quelle?
Eine Behandlung mit Verzicht auf Vorschuß wäre offiziell zwar nicht kostenlos, für einen Australier in Deutschland aber quasi  kostenlos, wenn die Rechnung erst erstellt wird, wenn er wieder zu Hause ist.
Trichter-/Kielbrust Nuss-OP 22.10.2010 (43 J, m, 185 cm, 71,5 kg, Berlin-Buch Prof. Schaarschmidt)
2. OP=Bügelentfernung 20.11.2013 (Magdeburg, Dr. Lützenberg)
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ex.pectus

#3
Zitat von: ex.pectus am 04. März 2012, 10:29:39
Ergebnis Fallpauschale:

Beispielhaft für das Jahr 2010:



Nuss-OP ohne CC (DRG E05C, bis 22 Tage KH):             2927,50 EUR x 2,013 = 5893,06 EUR
Nuss-OP mit CC (DRG E05A, bis 33 Tage KH):2927,50 EUR x 3,393 = 9933,01 EUR

Das war das Ergebnis bei krankenhausfreundlicher Berechnung, d.h. ich habe die in meinem Fall vom Krankenhaus angesetzten "zusätzlichen" Diagnosen und Prozeduren zugrunde gelegt. Und unterstellt, dass das auch in anderen Fällen so ähnlich sein wird (wenn nicht, wird es ohnehin billiger).

Aus Sicht einer Krankenversicherung kann die Berechnung gleich anders aussehen.

Meine Krankenversicherung meint bspw. folgendes:

  • Nebendiagnosenrelevanz:
    Nach den Deutschen Kodierrichtlinien können Nebendiagnosen nur dann kodiert werden, wenn sie einen therapeutischen, diagnostischen oder pflegerischen Mehraufwand nach sich ziehen. Da keiner dieser Tatbestände aus den Unterlagen hervorgeht, wurden folgende Diagnosen bei der Kodierung nicht berücksichtigt:
    I47.1 Supraventrikuläre Tachykardie
    J41.8 Mischformen von einfacher und schleimig-eitriger chronischer Bronchitis
    J96.1 Chronische respiratorische Insuffizienz, andernorts nicht klassifiziert
  • Prozedurenentfall:
    Die Erbringung der Prozedur OPS 5-333.1 (Adhäsiolyse an Lunge und Brustwand: Pleurolyse, thoraskopisch) ist an Hand der vorliegenden Unterlagen nicht erkennbar und wurde bei der Kodierung nicht berücksichtigt

Dadurch kommt meine Krankenversicherung auf DRG E06C (statt E05A) mit der Bewertungsrelation 1,919 und folgender Fallpauschale:

Nuss-OP ohne CC (Jahr 2010)
(DRG E06C, bis 17 Tage KH):         2927,50 EUR x 1,919 = 5617,87 EUR  (statt 9933,01 EUR)

Ich kann natürlich nicht beurteilen, ob meine Krankenversichung recht hat oder das Krankenhaus. Der Streit ist noch nicht entschieden. Wenn ich mir allerdings die Nebendiagnosen ansehe, würde ich mich - allerdings als medizinischer Laie - fragen, ob diese überhaupt vorgelegen haben und nicht nur, ob diese irgendeinen konkreten Mehraufwand nach sich gezogen haben.
Auf jeden Fall sieht man sehr schön, dass der höhere Betrag des Krankenhauses nicht unumstritten ist.
Trichter-/Kielbrust Nuss-OP 22.10.2010 (43 J, m, 185 cm, 71,5 kg, Berlin-Buch Prof. Schaarschmidt)
2. OP=Bügelentfernung 20.11.2013 (Magdeburg, Dr. Lützenberg)
meine Trichterbrust-OP-Seite

annaj

Ein pauschalpreis von 25.000 für patienten mit eine EU-versicherung und genemigte kostenübernahme (S2/E111) sollte wahrscheinlich nicht gelten. Eine patientin in Schweden hat die preisgestaltung bei Helios in frage gestellt bei der schwedische krankenkasse, ich weiss aber nicht was daraus geworden ist. Wäre intressant zu wissen.
Weiblich.
1989-2011/01 Silikonimplantat. (16 J)
2011/03 Nuss-OP (modifiziert), dr. Lützenberg, Berlin Charité. (fast 39 J)
2013/08 Stabentfernung, dr. Lützenberg, Uniklinik Magdeburg. Zusätzlich würde grossflächig Muskeln versetzt (versuch Brustrekonstruktion, Knorpel wurde abgeschliffen usw)
2014/04 Brustrekonstruktion, Silikon in beide Brüste. Kleine Korrektur 2014/09 bei dr. Lützenberg.

ex.pectus

#5
Zitat von: annaj am 19. März 2012, 00:19:14
Ein pauschalpreis von 25.000 für patienten mit eine EU-versicherung und genemigte kostenübernahme (S2/E111) sollte wahrscheinlich nicht gelten. Eine patientin in Schweden hat die preisgestaltung bei Helios in frage gestellt bei der schwedische krankenkasse, ich weiss aber nicht was daraus geworden ist. Wäre intressant zu wissen.

Wie ich schon geschrieben habe, sind mir solche hohen, runden Preise ein Rätsel. Vielleicht ist es nur ein Vorschuss, für den die Endabrechnung noch nicht gemacht wurde?

Soweit ich weiß, gilt folgendes:

- E111 war für unvorhergesehene (nicht geplante) Behandlungen auf Reisen und ist durch die Europäische Krankenversicherungskarte ersetzt

- E112 war für geplante Behandlungen im Ausland und ist inzwischen durch S2 ersetzt

- man muss sich im EU-Heimatland (z.B. Schweden) das S2 (ähnlich E112) von der eigenen Krankenkasse besorgen und den ersten Teil ausfüllen lassen, damit kontaktiert man im EU-Wunschland (z.B. Deutschland) irgendeine Krankenkasse, die man sich ausgesucht hat (AOK, TK, BKK, usw.). Von dieser Krankenkasse bekommt man dann die Kostenübernahmeerklärung für das Krankenhaus. Das deutsche Krankenhaus bekommt das Geld von der deutschen Krankenkasse. Und die deutsche Krankenkasse bekommt das Geld dann von der schwedischen Krankenkasse zurück.

siehe auch:
Informationen der EU für geplante Behandlungen:
http://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=569&langId=de

Informationen der deutschen GKV (Seiten 8, 14 und 15)
http://www.dvka.de/oeffentlicheSeiten/pdf-Dateien/Leistungserbringer/Merkblatt_Krankenhaeuser.pdf

Es sind zwei Genehmigungen zu unterscheiden:
- die medizinische Genehmigung der Krankenkasse im Heimatland (Schweden): ohne die vorherige Genehmigung ist eine Kostenerstattung nicht garantiert
- die formale Genehmigung/Kostenübernahme der Krankenkasse im Wunschland, wo die OP durchgeführt werden soll: mit der Kostenübernahme der deutschen Krankenkasse läuft das im Krankenhaus genauso wie für in Deutschland versicherte (kein Kostenvorschuss, kein Kostenrisiko; so jedenfalls die telefonische Bestätigung der AOK Berlin/Brandenburg)

Wenn man das Krankenhaus ohne Kostenübernahmeerklärung aufsucht und als Selbstzahler die Kosten vorstreckt, muss man selbst kontrollieren, was man vertraglich vereinbart und was abgerechnet wird. Es kann sein, dass ganz falsch abgerechnet wurde oder nur mehr, als man vereinbart hat. Es kann aber auch sein, dass man schon vorher mehr vereinbart hat, als von den Krankenkassen erstattungsfähig ist.

mögliche Rechnungsbestandteile:
- korrekte DRG-Abrechnung (nur das würde die Krankenkasse erstatten)
- Wahlleistungen für Unterbringung/Chefarzt (wird nicht erstattet)
- sonstigen nicht erstattungsfähige Rechnungsanteile (auch keine Erstattung)
Trichter-/Kielbrust Nuss-OP 22.10.2010 (43 J, m, 185 cm, 71,5 kg, Berlin-Buch Prof. Schaarschmidt)
2. OP=Bügelentfernung 20.11.2013 (Magdeburg, Dr. Lützenberg)
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ex.pectus

#6
ergänzend noch ein paar Überlegungen zu den Kosten der Bügelentfernung (Nuss-OP):

Wenn man im OPS-Verzeichnis (Jahr 2011) nach der entsprechenden OP-Prozedur sucht, die man für die DRG-Fallpauschalen-Berechnung benötigt, findet man folgendes:

5-349.5 Entfernung eines Implantates nach Korrektur einer Trichterbrust

Die OPS lautet also 5-349.5. Die ICD-Krankheitsdiagnose für Trichterbrust ist ja schon bekannt: ICD Q67.6.

Mit einem Webgrouper ergibt sich daraus folgende DRG-Gruppierung:



DRG
2011   
Text                                                     Bewertungs-
relation                   
untere
Grenzverweildauer   
obere
Grenzverweildauer     
E02CAndere OR-Prozeduren an den Atmungsorganen ohne aufwändigen Eingriff, Alter > 9 Jahre, mit mäßig komplexem Eingriff 1,342321

Mit der Basisfallrate von 2.935,00 EUR (Berlin, 2011) ergibt sich eine Fallpauschale von 3.938,77 EUR.

In Abhängigkeit von der Verweildauer im Krankenhaus ergeben sich folgende Entgelte:





Verweildauer
im KH                               
eff. Entgelt  (Berlin, 2011)   
1 Tag1.907,75 EUR
2 Tage2.923,26 EUR
3 bis 21 Tage3.938,77 EUR
22 Tage4.161,83 EUR
...

Bei der "Verweildauer" scheint der Entlassungstag nicht mitgezählt zu werden, außer wenn die Entlassung am Aufnahmetag erfolgt (s. bspw. PDF S. 7).
Trichter-/Kielbrust Nuss-OP 22.10.2010 (43 J, m, 185 cm, 71,5 kg, Berlin-Buch Prof. Schaarschmidt)
2. OP=Bügelentfernung 20.11.2013 (Magdeburg, Dr. Lützenberg)
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annaj

Ich habe vor einige zeit mit ein paar leute bei der schwedische kk gesprochen wegen die hohe rechnungen für tb-op's bei Helios. Auch mit eine mitarbeiter der ökonomieabteilung Helios, und selbstverständlich können die nur jetzt als beispiel schwedische patienten nach DRG rechnen, es heisst also ca 6.000â,¬. Prof. Schaarschmidt stellt dann eine zusätzliche rechnung von 19.000â,¬ (ca). Pro patient.
Viele junge menschen in Schweden haben probleme ein tb-op zu bekommen. Sie müssen kämpfen und eine lange durchhaltevermögen haben, es dauert mindestens ein jahr, oft werden sie jahrelang von ärzten ignoriert... gleichzeitig zahlt die kk eine menge geld aus, vollkommen ahnungslos, für tb-op's die viel zu teuer sind. Das macht mich einfach wahnsinnig. Prof. Schaarschmidt macht nichts was er nicht machen darf, die summe an seine privatrechnung ist nicht illegal, jedenfalls nicht nach dem gesetz. Ich weiss das jemanden schon die kk darauf aufmerksam gemacht hat, aber vielleicht nicht so genau wie ich (danke expectus). Es wird untersucht, mal sehen was daraus entsteht... irgendwie habe ich das gefühl das keiner so richtig intresse hat, ich habe leider nicht allzu grosse hoffnungen das eine änderung kommt.
Weiblich.
1989-2011/01 Silikonimplantat. (16 J)
2011/03 Nuss-OP (modifiziert), dr. Lützenberg, Berlin Charité. (fast 39 J)
2013/08 Stabentfernung, dr. Lützenberg, Uniklinik Magdeburg. Zusätzlich würde grossflächig Muskeln versetzt (versuch Brustrekonstruktion, Knorpel wurde abgeschliffen usw)
2014/04 Brustrekonstruktion, Silikon in beide Brüste. Kleine Korrektur 2014/09 bei dr. Lützenberg.

ex.pectus

#8
Als Diagramm ist es vielleicht einfacher zu erfassen:



und hier dazu noch die einzelnen Positionen:



Ich bin privat versichert und es wurde auch für einen privat Versicherten abgerechnet, also volles Programm. Trotzdem kommen nur knapp 13.000 EUR zusammen und nicht mehr. Die Rechnungen wurden von meiner PKV geprüft und teilweise für falsch befunden, so dass diese logischerweise auch nur entsprechend bezahlt wurden.

Zitat von: annaj am 03. Juni 2012, 01:09:39
es heisst also ca 6.000â,¬. Prof. Schaarschmidt stellt dann eine zusätzliche rechnung von 19.000â,¬ (ca). Pro patient.

Gemeint ist wahrscheinlich, dass sich die Kosten für die OP wie folgt zusammensetzen:
- DRG-Anteil
- sonstiger Anteil (Vereinbarung über Wahlleistungen/Privatrechnungen, u.a. Prof. Schaarschmidt)

Wie man an meinem Beispiel sieht, war der abgerechnete DRG-Anteil bei über 10.000 EUR. Aber egal ob nun 6.000 oder 10.000 EUR korrekt sind. Darüber können sich Krankenhaus und Krankenversicherung gerne streiten. Am Ende muss die Krankenversicherung nur eine korrekte DRG-Rechnung bezahlen bzw. das Krankenhaus kann keine überhöhte DRG-Rechnung bezahlt verlangen. Das trifft natürlich auch für EU-Ausländer zu, die das E112/S2-Verfahren nutzen.

Und wie man an meinem Beispiel weiter sieht, ist der sonstige Anteil (Wahlleistungen Chefarzt) relativ "überschaubar": also ca. 2.500 EUR berechnet bzw. knapp 2.000 EUR als korrekt bewertet und bezahlt. Das ist zwar auch eine Menge Geld, aber von 10.000 oder gar 19.000 EUR weit entfernt. Mit anderen Worten: Mich würde wirklich mal interessieren, wie solche "20.000 EUR-Rechnungen" aussehen.

Zitat von: annaj am 03. Juni 2012, 01:09:39
Prof. Schaarschmidt macht nichts was er nicht machen darf, die summe an seine privatrechnung ist nicht illegal, jedenfalls nicht nach dem gesetz.

Also ich wäre mir da überhaupt nicht so sicher, ob das, was da im Zusammenhang mit den Abrechnungen der Trichterbrust-OPs gemacht wird, auch gemacht werden darf.

Wobei:
Meine PKV hat das sehr sportlich gesehen, d.h. keine absichtlich falsche Abrechnungen unterstellt. Fehler passieren schon mal. Deshalb wird die Rechnung ja auch geprüft. Wenn die Rechnung zu hoch ist, wird eben nur der (ihrer Meinung nach) korrekte Anteil bezahlt.

Und auch sonst soll fast jede zweite geprüfte Krankenhaus-Rechnung falsch sein (s.a. Fallbeispiele).

Ich kann mir aber eigentlich nicht vorstellen, dass man eine normale Trichterbrust-OP eines ansonsten Gesunden mit 20.000 EUR in Deutschland legal abrechnen kann. Falls das nur an meiner mangelnden Phantasie liegen sollte, würde das spiegelbildlich etwas über den Einfallsreichtum der Rechnungsersteller sagen.

Zitat von: annaj am 03. Juni 2012, 01:09:39
Ich weiss das jemanden schon die kk darauf aufmerksam gemacht hat, aber vielleicht nicht so genau wie ich (danke expectus). Es wird untersucht, mal sehen was daraus entsteht... irgendwie habe ich das gefühl das keiner so richtig intresse hat, ich habe leider nicht allzu grosse hoffnungen das eine änderung kommt.

Falls die schwedische KK mehr als den DRG-Anteil bezahlt hat, dann sicherlich aus Versehen. Vielleicht liegt das auch daran, dass das E112/S2-Verfahren noch neu war. Eigentlich sollte es ja so sein, dass die deutsche KK für die schwedische KK in Vorleistung geht, indem sie dem ausländischen Patienten eine Kostenübernahmeerklärung ausstellt, mit der er zum KH geht. So lautet jedenfalls die Auskunft der deutschen AOK-Nordost (speziell dafür geschulte Mitarbeiter soll es in der Berliner Geschäftsstelle in der Karl-Marx-Allee geben). Die deutsche KK bekommt dann das bezahlte Geld von der schwedischen wieder.
Trichter-/Kielbrust Nuss-OP 22.10.2010 (43 J, m, 185 cm, 71,5 kg, Berlin-Buch Prof. Schaarschmidt)
2. OP=Bügelentfernung 20.11.2013 (Magdeburg, Dr. Lützenberg)
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ex.pectus

#9
Hier nochmal die Größenordnungen als Diagramm:
Vereinfacht: Den blauen DRG-Anteil bekommt das Krankenhaus für die allgemeinen Krankenhausleistungen, inkl. ärztlichen, pflegerischen und verpflegerischen Leistungen (also OP, Untersuchungen, Bett, Essen usw.). Den roten Anteil bekommen die Chefärzte für die "Chefarztbehandlung", aber nur, wenn vorher eine Wahlleistungsvereinbarung geschlossen wurde. Und der grüne Anteil ist eigentlich schwarz, d.h. zur Zeit noch ein schwarzes Loch für mich.

Trichter-/Kielbrust Nuss-OP 22.10.2010 (43 J, m, 185 cm, 71,5 kg, Berlin-Buch Prof. Schaarschmidt)
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