Hallo zusammen,
als selbst "Betroffener" frage ich mich seit langem, warum eine Trichterbrust nicht als Behinderung anerkannt wird. Ich denke, dass sie eine größere - ästhetische wie psychische - Einschränkung darstellt als vieles, was der Staat unter dem Begriff Behinderung fasst. Wie sieht ihr das? Gab es jemals eine Gesetzesinitiative in diese Richtung? Oder was wäre der Weg, den man einschlagen müsste?
LG
CMW

Was fast der Staat denn unter Behinderung? Bzw. wie meinst du das?

Sind Menschen mit amputierten bzw. fehlgebildeten Unterschenkeln "behindert"? Oscar Pistorius? Markus Rehm?

im Gesetz heißt es:

Zitat§ 2 Behinderung SGB IX
(1) Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist.
(2) Menschen sind im Sinne des Teils 2 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 73 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_9/__2.html

s.a. http://www.trichterbrustforum.de/index.php/topic,1474.0.html

ergänzend:

Zitat von: CMW am 30. Juli 2014, 22:46:33
als selbst "Betroffener" frage ich mich seit langem, warum eine Trichterbrust nicht als Behinderung anerkannt wird.

Soweit ich das beurteilen kann, ist deine Feststellung falsch nicht ganz richtig. Eine Trichterbrust würde auch als Behinderung gelten (bei entsprechendem Vorliegen der übrigen Voraussetzungen), wenn man das will und einen entsprechenden Antrag stellt. Allerdings nicht als schwere Behinderung, sondern nur als "leichte". Siehe unter 8.1. der entsprechenden Verordnung (die angegebenen Zahlen entsprechen dem Grad der Behinderung; nur orientierend, d.h. im Einzelfall höher oder niedriger)

Zitat8. Brustkorb, tiefere Atemwege und Lungen

Bei chronischen Krankheiten der Bronchien und des Lungenparenchyms sowie bei Brustfellschwarten richtet sich der GdS vor allem nach der klinischen Symptomatik mit ihren Auswirkungen auf den Allgemeinzustand. Außerdem sind die Einschränkung der Lungenfunktion, die Folgeerscheinungen an anderen Organsystemen (z. B. Cor pulmonale) und bei allergisch bedingten Krankheiten auch die Vermeidbarkeit der Allergene zu berücksichtigen.
       
8.1 Brüche und Defekte der Knochen des Brustkorbs (Rippen, Brustbein, Schlüsselbein)
   ohne Funktionsstörungen verheilt, je nach Ausdehnung des Defektes   0-10
   
Rippendefekte mit Brustfellschwarten   
   ohne wesentliche Funktionsstörung   0-10
   bei sehr ausgedehnten Defekten einschließlich entstellender Wirkung   20
http://www.gesetze-im-internet.de/versmedv/anlage_8.html

Allerdings kann man sich nichts dafür "kaufen". Als Schwerbehinderter gilt man logischerweise nicht, wenn man nicht schwer, sondern nur leicht behindert ist. Praktisch bedeutet das, dass man mit einem Grad der Behinderung unter 50 bzw. 30 nicht viel bis gar nichts anfangen kann. Mit einem GdB von 20 bekommt man wohl wenigstens einen schriftlichen Bescheid, in dem die Behinderung bestätigt wird. Wie es darunter aussieht, d.h. wie das rechtlich geregelt ist, habe ich nicht nachgeschaut.

es gibt viele gründe körperlich und psychisch "behindert" zu sein, in verschiedene abschnitte im leben. Das als eine Behinderung zu sehen finde ich sehr übertrieben. Auch wenn ich eine "richtige" behinderung hätte, z.B ich wäre an einem Rollstuhl angewiesen, würde ich mich nicht als behindert sehen wollen. Wieso eigentlich, ich hätte ja den rollstuhl. Problem liegt dann nicht an mir, sondern das vieles nicht behinderten gerecht gebaut ist. Wieso sich in sein eigenes leiden festlegen? Das behindert.